Die umstrittene Fassung der Predigt des Beklagten war durch die religiöse Äußerungsfreiheit nicht gedeckt.
Das Grundrecht der ungestörten Religionsausübung (Art. 4 Abs. 2 GG, Art. 107 Abs. 2 BV) gewährleistet grundsätzlich auch öffentliche Stellungnahmen kirchlicher Amtsträger zu religiösen oder weltanschaulichen Fragen. Dies gilt in besonderem Maße für die Glaubensverkündung durch geweihte Geistliche im Gottesdienst. Zum geschützten Kommunikationsprozess im Bereich religiösen Wirkens kann auch die Mitteilung einer fremden Meinung oder Tatsachenbehauptung zählen, und zwar auch dann, wenn der Mitteilende sich diese nicht zu eigen macht und die fremde Äußerung lediglich verbreitet. Durch solche Äußerungen können die Kirchen ihre religiösen Standpunkte verdeutlichen. Die mit der eigenen Positionsbestimmung verbundene Abgrenzung zu anderen Weltanschauungen und Wert gehört zum Kernbereich des religiösen Selbstbestimmungsrechts.
Für die Reichweite des durch Art. 4 Abs. 2 GG gewährleisteten Äußerungsrechts der Kirche kann auf die zur Meinungsfreiheit entwickelten Grundsätze zurückgegriffen werden (BVerfG vom 13.7.1993 NVwZ 1994, 159; BGH vom 20.2.2003 NJW 2003, 1308/1310). Zu den Schranken der religiösen Äußerungsfreiheit gehört somit auch das allgemeine Persönlichkeitsrecht, das nicht nur die Ehre, sondern auch weitere Aspekte des sozialen Geltungsanspruchs schützt. Namentlich umfasst es den Schutz vor Äußerungen, die - ohne im engeren Sinn ehrverletzend zu sein - geeignet sind, sich abträglich auf das Ansehen des Einzelnen in der Öffentlichkeit auszuwirken (vgl. BVerfG vom 17.8.2010 NJW 2011, 511 m.w.N.). Daraus ergibt sich zwar kein Anspruch des Grundrechtsträgers, nur so dargestellt zu werden, wie es ihm genehm ist. Insbesondere kann die Schutzwürdigkeit dessen, der selbst seinen Gegner scharf angreift, gemindert sein (BVerfG vom 13.7.1993 a. a.0.). Korrekte Zitate als Teil des meinungsbildenden Diskussionsprozesses müssen in der Regel hingenommen werden, auch wenn sie nachteilig für den Betroffenen sind. Das allgemeine Persönlichkeitsrecht schützt den Grundrechtsträger jedoch davor, dass ihm Äußerungen in den Mund gelegt werden, die er nicht getan hat und die seinen von ihm selbst definierten sozialen Geltungsanspruch beeinträchtigen (BVerfG vom 3.6.1980 BVerfGE 54, 148/155 und 208/217). Dies gilt auch für Predigten kirchlicher Würdenträger für deren spätere Verbreitung. Durch eine unrichtige, verfälschte oder entstellte Wiederga be von Äußerungen in der Öffentlichkeit wird das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Betroffenen in besonderem Maße berührt. Gegenüber der erkennbaren Meinungsäußerung kommt dem Zitat, das als Beleg für Kritik verwendet wird, im Meinungskampf die besondere Überzeugungskraft und Beweiskraft des Faktums zu. Ist das Zitat unrichtig, verfälscht oder entstellt, so greift dies in das Persönlichkeitsrecht des Kritisierten umso tiefer ein, als er hier sozusagen als Zeuge gegen sich selbst ins Feld geführt wird (BVerfG vom 3.6.1980, a.a.O" S. 217 f.).
Zur Vermeidung von Verletzungen des allgemeinen Persönlichkeitsrechts ist der Zitierende deshalb gehalten, die eigene Deutung einer Äußerung, die mehrere Interpretationen zulässt, kenntlich zu machen. Der Hörer oder Leser kann dann erkennen, dass es sich um die Äußerung einer Meinung, nicht um die Mitteilung eines Faktums handelt. Im Übrigen korrespondiert mit dem erhöhten Einfluss der öffentlich-rechtlich korporiert Religionsgemeinschaften in Staat und Gesellschaft ähnlich wie bei den Medien auch eine gesteigerte Verantwortung (BGH vom 24.7.2001 BGHZ 148, 307/311 und vom 20.2.2003, a.a.O" S. 1311; BayVGH vom 29.9.2005 VGH n.F. 59, 104/106 m.w.N.). Sie sind zwar nicht zur Neutralität verpflichtet, wohl aber zur Wahrung eines angemessenen Grads an Sorgfalt, Sachlichkeit und Wahrhaftigkeit. Je schwerer und nachhaltiger das Ansehen des Betroffenen durch eine Äußerung oder deren Veröffentlichung beeinträchtigt wird, umso höher sind die Anforderungen an die zu beachtende Sorgfaltspflicht ( vgl. BVerfG vom 25.6.2009 DVBI 2009, 1166/ 1168).
Gemessen daran musste der Kläger die Äußerungen in der Predigt und deren Verbreitung in ihrer ursprünglichen Fassung auf der Homepage der Beklagten nicht hinnehmen.
In der Predigt vom 25. Mai 2008 hat Bischof Müller unter namentlicher Nennung des Klägers ausgeführt, dieser habe am Beispiel von Berggorillas, die einen Teil ihrer Jungen umbringen, die Frage gestellt, warum dies die Menschen nicht auch tun sollten und was daran verwerflich sei, wenn es der Naturtrieb eingebe. Auch ohne wörtliches Zitat wird hierdurch beim Zuhörer bzw. Leser der Eindruck erweckt, der Kläger habe sich in diesem Sinne geäußert und aufgrund des Verhaltens von Tieren das Verbot der Kindstötung in Frage gestellt. Die unveränderte und unkommentiert Wiedergabe der Predigt, in der dem Kläger eine entsprechende Äußerung und Auffassung zugeschrieben wird, auf der Homepage der Diözese Regensburg ist nicht als Werturteil, sondern als Tatsachenbehauptung anzusehen, da sie einer Überprüfung auf ihre Richtigkeit mit den Mitteln des Beweises dahingehend zugänglich ist, ob der Kläger sich in diesem Sinne geäußert hat oder nicht.
Einen Nachweis für die Richtigkeit ihrer Behauptung haben die Beklagten nicht er bracht. Sie steht vielmehr im Widerspruch zu den Ausführungen des Klägers in sei nem Werk ,Manifest des evolutionären Humanismus - Plädoyer für eine zeitgemäße Leitkultur', das im Jahr 2006 in zweiter Auflage erschienen ist. Dort befasst sich der Kläger unter anderem mit der (von ihm verneinten) Frage, ob aus "natürlichem" Verhalten auf dessen Legitimität geschlossen werden könne. In diesem Zusammenhang erwähnt er das Verhalten von Berggorillas, bei denen mehr als ein Drittel des Nachwuchses bis zum Alter von drei Jahren Kindstötungen zum Opfer fielen. Er bezeichnet dieses Verhalten als "für unsere Vorstellungen zutiefst unethisch" (S. 94) und fährt dann fort (S. 95): "So ,natürlich' lnfantizid also ist (auch Homo sapiens ist dage gen alles andere als immun, nicht ohne Grund ist die literarische Figur der ,bösen Stiefmutter' so weit verbreitet!), kein vernünftiger Mensch käme auf den Gedanken, ihn deshalb ethisch legitimieren zu wollen. Dies gilt in gleichem Maße für die ebenfalls ,natürlichen' Verhaltensweisen Vergewaltigung, Raub, Erpressung oder Tötung. Das Naturrechtsprinzip hilft uns nicht weiter, wenn wir auf der Suche nach vernünftigen ethischen Regeln sind."
Der Kläger stellt somit das Verbot der Kindstötung allein aufgrund entsprechenden in der Natur vorkommenden Verhaltens nicht in Frage, sondern lehnt die Herleitung einer Rechtfertigung hieraus ausdrücklich ab. Seine Äußerung, die die Diözese Regensburg auf ihrer Homepage erst nach der Aufforderung durch seine Prozessbevollmächtigten korrekt zitiert hat, ist insoweit auch nicht mehrdeutig oder interpretierbar. Der Kläger musste es daher nicht hinnehmen, von den Beklagten unter Verwendung einer von ihm so nicht getätigten Äußerung öffentlich als jemand dargestellt zu werden, der Kindstötungen bei Menschen im Hinblick auf entsprechendes Verhalten von Tieren möglicherweise für gerechtfertigt halte. Der hierdurch erweckte Eindruck ist geeignet, sich abträglich auf sein Ansehen in der Öffentlichkeit auszuwirken.
Die Beklagten haben ihre Pflicht zur Sorgfalt, Sachlichkeit und Wahrhaftigkeit nicht erfüllt. Dies gilt sowohl für Bischof Müller hinsichtlich der Predigt als auch für die Diözese Regensburg hinsichtlich deren Verbreitung bis zur Korrektur nach Aufforderung durch den Kläger. Auch der Umstand, dass Herr Müller die Predigt ohne Manuskript in freier Rede gehalten hat, entbindet ihn nicht von seiner Pflicht, vorher zu prüfen, ob die leicht überprüfbaren nachteiligen Tatsachenbehauptungen über den Kläger zutreffen und ob er sich tatsächlich in dem ihm zugeschriebenen Sinne geäußert hat. Demjenigen, der eine Äußerung wiedergibt, werden keine wesentlichen oder gar unzumutbaren Erschwerungen oder Risiken auferlegt, wenn er verpflichtet wird, korrekt zu zitieren (BVerfG vom 3.6. 1980, a. a.O., S. 220). Durch Vergleich mit der entsprechenden Passage im Werk des Klägers wäre ohne Weiteres und ohne Überdehnung der Sorgfaltspflicht erkennbar gewesen, dass der Kläger Kindstötungen nicht befürwortet, sondern ihnen ablehnend gegenübersteht. Sowohl die den Kläger öffentlich kritisierende Predigt unter Verwendung einer von diesem nicht getätigten Aussage als auch deren Verbreitung im Internet standen erkennbar im Widerspruch zu seinen publizierten Äußerungen und haben ihn wegen des hierdurch drohenden Verlusts an sozialer Achtung in seinem Persönlichkeitsrecht verletzt. Durch die (nach wie vor abrufbare) Änderung des Textes auf ihrer Homepage nach Aufforderung durch den Prozessbevollmächtigten des Klägers hat die Diözese Regensburg auch zu erkennen gegeben, dass sie die Beanstandung als berechtigt anerkennt.
Dem Kläger ist durch die Belastung mit Rechtsanwaltskosten für die Abmahn schreiben ein Schaden entstanden. Er kann daher gemäß § 823 Abs. 1, § 249, § 257 BGB i.V.m. Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG von der Diözese Regensburg dem Grunde nach Erstattung bzw. Freistellung hinsichtlich der angefallenen vorgerichtlichen Anwalts kosten für die Aufforderung zur Berichtigung und zur Unterlassung der Behauptung verlangen. Es bestehen auch keine Bedenken dagegen, dass sich der Kläger bereits zur erstmaligen Geltendmachung seiner Ansprüche anwaltlicher Hilfe bedient hat. Angesichts der nicht einfach gelagerten Fallgestaltung durfte er die Einschaltung eines Rechtsanwalts schon in diesem frühen Verfahrensstadium zur Wahrnehmung seiner Rechte für erforderlich und zweckmäßig erachten.