"Es stehen Entschädigungszahlungen in Höhe von einer Milliarde Euro im Raum"
Auf der heute beginnenden katholischen Bischofskonferenz in Fulda soll über die Ursachen und Folgen des kirchlichen Missbrauchsskandals gesprochen werden. Der Opferverband "Eckiger Tisch e.V." hat hierfür ein Konzept vorgelegt, das eine pauschale Entschädigung von 300.000 Euro pro Person vorsieht. Mitglieder des "Instituts für Weltanschauungsrecht" (ifw) hatten sich im Vorfeld der Bischofskonferenz mit dem Sprecher des Eckigen Tischs Matthias Katsch getroffen und ihm die Unterstützung des Instituts zugesagt.
Im Zusammenhang mit dem Missbrauchsskandal hatte das ifw bereits im vergangenen Jahr für Schlagzeilen gesorgt. Im Oktober 2018 wurde nach einem Exklusivbericht des SPIEGEL bekannt, dass sechs renommierte Juraprofessoren in Verbindung mit dem Institut deutschlandweite Strafanzeigen gegen Sexualstraftäter der katholischen Kirche gestellt und Ermittlungsverfahren in allen deutschen Diözesen gefordert hatten. Anlass der Anzeigen waren die Ergebnisse der Missbrauchsstudie der Deutschen Bischofskonferenz. Danach war es im Zeitraum von 1946 bis 2014 in den 27 Diözesen zu Sexualstraftaten von insgesamt ca. 1670 Klerikern an Kindern und Jugendlichen gekommen.
Nun will sich das Institut der zivilrechtlichen Aufarbeitung des Missbrauchsskandals zuwenden, wie ifw-Leiterin Jacqueline Neumann in einem Interview mit dem am 9. Oktober erscheinenden Jahresmagazin "bruno." der Giordano-Bruno-Stiftung erklärte: "Der Versuch der Kirche, die Betroffenen teilweise mit 5.000 Euro, also einem halben monatlichen Bischofsgehalt, abzuspeisen, ist zwar offenbar für die tonangebenden Bischöfe, aber ansonsten für keinen akzeptabel. Wenn wir hier internationale Maßstäbe anlegen, so landen wir bei Entschädigungszahlungen in Höhe von etwa 300.000 Euro pro Missbrauchsopfer. Für die Opfer des kirchlichen Sexualmissbrauchssystems steht also eine Summe von mindestens einer Milliarde Euro im Raum."
Das ifw hat dem Opferverband "Eckiger Tisch e.V." Hilfe bei der Aushandlung einer außergerichtlichen Einigung mit den deutschen Bistümern angeboten. Sollte eine solche Verhandlungslösung nicht realisiert werden können, würde das ifw auch entsprechende Musterprozesse unterstützen. Eine faire außergerichtliche Einigung sei aber auf jeden Fall vorzuziehen, meint Jacqueline Neumann. Daher hofft sie, dass auf der aktuell stattfindenden Bischofskonferenz ernsthaft über das "Argumentationspapier Entschädigung" diskutiert werde, das inzwischen auch auf der Website des Opferverbands veröffentlicht wurde.