In der Bildung kirchlicher Krankenhauskonzerne sieht der Marburger Bund die Gefahr der weiteren Schwächung der Arbeitnehmerrechte und fordert die Abschaffung des sog. "Dritten Wegs". Unsere ifw-Beirätin und Bundesarbeitsrichterin a. D. Ulrike Brune betrachtet die Entwicklung ebenfalls mit Sorge und fordert die kirchlichen Träger zum Umdenken auf:

"Die Sonderrechte der kirchlichen Unternehmen sind nach Lesart des Bundesverfassungsgerichts durch das Grundgesetz und die Weimarer Reichsverfassung gedeckt. Sie sind allerdings daran geknüpft, dass kirchliche Arbeitgeber und ihre Arbeitnehmer nicht als soziale Gegenspieler handeln, sondern in einer vom christlichen Geist durchdrungenen Dienstgemeinschaft am göttlichen Heilswerk mitarbeiten. Je weniger dieser christliche Geist der Dienstgemeinschaft in den realen betrieblichen und unternehmerischen Abläufen sichtbar wird, umso mehr wird die Vorstellung einer "Dienstgemeinschaft" zur Chimäre. Die gegenwärtigen Umbauarbeiten bei den Kirchenkonzernen zielen offenkundig nicht auf die Stärkung des christlichen Glaubens, sondern beruhen allein auf kommerziellen Erwägungen. Die Kirche entzieht ihren Vorrechten damit die Grundlage. Sie wären daher gut beraten, die Berechtigung ihrer Privilegien von sich aus auf den Prüfstand des gesunden Menschenverstandes zu stellen und nicht abzuwarten, bis der EuGH, das BVerfG oder das BAG sie unsanft auf den Boden der Anwendung des für alle geltenden Rechts zurückwerfen."

In der Tat liegt dem EuGH aktuell auch einmal mehr eine Frage zum kirchlichen Arbeitsrecht in Deutschland vor: Unser Beirat Hartmut Kreß hat sich in erhellender Weise mit dem neuerlichen Vorabentscheidungsgesuch des Bundesarbeitsgerichts zum kirchlichen Arbeitsrecht befasst. In seinem Beitrag, der in der Fachzeitschrift MedR (2024), S. 580-585 open access veröffentlicht wurde, stellt er den konkreten Streitfall vor, beleuchtet die Hintergründe der Vorlagefrage, erläutert allgemein die Bedeutung des Kirchenaustritts in der Sicht der katholischen Kirche und ordnet den konkreten Sachverhalt rechtlich ein. Kreß schließt sodann mit einem Resümee und stellt wichtige Anschlussfragen. Die Zusammenfassung des Aufsatzes finden Sie hier.