Religionsbeschimpfung – Abschaffung des § 166 StGB

Gerhard Czermak hat für das ifw-Lexikon einen Artikel zur Religionsbeschimpfung (unzutreffend: Gotteslästerung) neu verfasst. Nach historischen Hinweisen geht er ausführlich auf die Neufassung des Straftatbestands von 1969, seine praktische Bedeutung und die besonderen Schwierigkeiten der Tatbestandsmerkmale ein: der Beschimpfung von Glaubensinhalten und Einrichtungen von Religionsgesellschaften, besonders aber der Eignung, den öffentlichen Frieden zu stören. Die Vorschrift ist in ihrer Struktur schwierig und enthält viele Einfallstore für unzulässige subjektive Empfindungen des Rechtsanwenders. Das zeigt sich schon daran, dass es nicht erforderlich ist, dass eine nach außen feststellbare Friedensstörung akut droht, dass aber auch eingetretene verbale oder körperliche Attacken nicht ohne weiteres den Rückschluss auf eine Strafbarkeit des Beschimpfenden zulassen.

Die Abschaffung des rechtsstaatlich problematischen § 166 StGB als Straftatbestand ist eine der seit langem erhobenen Forderungen der säkular Denkenden, die den weltanschaulich neutralen Staat auch in der Rechtspraxis durchsetzen wollen. In dieser bedeutete § 166 StGB nicht selten eine unangebrachte Privilegierung der großen christlichen Kirchen, was an Beispielen gezeigt werden kann. Trotz heute sehr geringer strafrechtlicher Verurteilungen besteht eine gewisse Gefahr für auch ernsthafte plakative Religionskritik. Auch die ohnehin bestehenden Vorschriften zum Verbot von Beleidigung und Volksverhetzung lassen die Vorschrift als entbehrlich erscheinen.

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