Stellungnahme zur Verfassungsbeschwerde des bfg München vom 9.2.2010 (1 BvR 458/10)

Dr. Gerhard Czermak, Dr. Michael Schmidt-Salomon | Giordano-Bruno-Stiftung

  A Sachverhalt  

Auszugehen ist von dem wesentlichen Sachverhalt, wie er in den angefochtenen Entscheidungen, insbesondere dem Urteil des BayVGH vom 7.4.2009, zum Ausdruck gekommen ist:  

Der Beschwerdeführer (Bf.) ist anerkannte Weltanschauungsgemeinschaft i.S. des Art. 137 V WRV/140 GG K.d.ö.R. mit Sitz in München. Vor dem Karfreitag, 6.4.2007, kündigte sie öffentlich die Durchführung einer Veranstaltung "Religionsfreie Zone München 2007" mit einer "6. atheistischen Filmnacht", einem Pralinenbüffet (passend zu dem Film "Chocolat") und dem weiteren Film "Wer früher stirbt, ist länger tot", ferner ab 22.30 Uhr einen Freigeister-Tanz unter dem Motto "Heidenspaß-Party" an. Der Eintritt sollte für alle Veranstaltungsteile auch einzeln möglich und frei zugänglich sein. Veranstaltungsort war das gemietete Oberanger-Theater, für das eine Schankerlaubnis besteht, das schallisoliert ist und sich nicht in Kirchennähe befindet.  

Mit dem angefochtenen Bescheid vom 3.4.2007 untersagte die Stadt München nach Anhörung (lediglich) die Durchführung der "Heidenspaß-Party", erklärte das Verbot für sofort vollziehbar und drohte für den Fall der Zuwiderhandlung ein Zwangsgeld von nicht weniger als 10.000 (zehntausend) Euro an. Die Veranstaltung wurde daraufhin nicht durchgeführt. Der Bf. legte alle zur Verfügung stehenden Rechtsbehelfe ein (Widerspruchsverfahren, Anträge auf vorläufigen Rechtschutz in zwei Instanzen, nach Eintritt der Erledigung Klageverfahren auf Feststellung der Rechtswidrigkeit in zwei Instanzen, anschließend Erhebung einer nicht erfolgreichen Nichtzulassungsbeschwerde zum BVerwG.  

Mit der Verfassungsbeschwerde (VfB) wird geltend gemacht, die angefochtenen Entscheidungen verstießen gegen Grundrechte des Bf. aus Art. 4 und 8 GG sowie 3 und 33 GG. Zu der Frage, ob sich der Bf. wenigstens grundsätzlich im Hinblick auf die streitige Veranstaltung auf Art. 4 GG berufen konnte (Schutzbereich), äußerte sich der VGH im Gegensatz zum VG München erstaunlicherweise nicht.

 B Verfassungsrechtliche Beurteilung  

Ein Verstoß gegen Grundrechte und sonstige Teile des GG ist nach dem Profil der Giordano-Bruno-Stiftung von besonderem Interesse, wenn es um Fragen der Religions- und Weltanschauungsfreiheit geht, insbesondere im Hinblick auf die Diskriminierung von Personen oder Vereinigungen, die keine religiöse Weltsicht haben. Die folgenden Ausführungen beschränken sich daher auf Art. 4 I, II GG und die Vereinbarkeit der Art. 3 II 3 und Art. 5 des Bayerischen Feiertagsgesetzes (FTG) damit.  

Der Verbotsbescheid der Stadt München befasst sich im Wesentlichen mit versammlungsrechtlichen Problemen und stützt seine Entscheidung im Kern auf die Fassung des FTG, das für den Streitfall (Karfreitag) keinen Befreiungstatbestand kenne. Dazu wird schlicht behauptet, die Vereinbarkeit der Regelung mit BayVerf und GG sei völlig unstreitig, der Gesetzgeber habe einen weiten Spielraum. Auch in der Frage des Ob des Einschreitens nach § 7 II Nr. 1 LStVG ergebe sich aus dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit nichts, was es rechtfertige, von einem Einschreiten abzusehen. Art. 4 GG wird nicht erwähnt.  

Die Widerspruchsbehörde sah weder verfassungsrechtliche, noch sonstige Rechtsprobleme. Das VG München hat immerhin erkannt, dass sich der Bf. grundsätzlich auf Art. 4 GG berufen kann. Die Tanzveranstaltung falle unter seinen Schutzbereich. Das VG sieht aber eine Kollision mit der Religionsausübungsfreiheit christlicher Bürger und ein Spannungsverhältnis zu Art. 139 WRV. Der Kläger werde durch den gesetzgeberischen Eingriff aber nur geringfügig betroffen.  

Der BayVGH erklärte das Versammlungsrecht für unanwendbar (eingehend) und hielt Art. 3 II 3 sowie Art. 5 FTG für GG-gemäß. Der Gesetzgeber habe die Grenzen seiner Gestaltungsfreiheit nicht überschritten, denn das Übermaßverbot wäre erst verletzt, wenn die gesetzliche Belastung ein "krasses Missverhältnis" erlauben würde.  

Dem Beschluss des BVerwG ist keine Position zur inhaltlichen Bedeutung des Art. 4 I, II GG zu entnehmen.  

Nach Ansicht der Giordano-Bruno-Stiftung verstoßen Art. 3 II 3 sowie Art. 5 FTG gegen das GG, weil sie das dem Bf. konkret zustehende Grundrecht des Art. 4 I, II GG nicht verfassungs-gemäß einschränken. Art. 3 II 3 FTG ist angesichts der veränderten gesellschaftlichen Verhältnisse zumindest in dieser Form nicht geeignet, das vorbehaltlose Grundrecht einzuschränken. Die vollständige Nichtzulassung einer Einzelfall-Befreiung vom karfreitäglichen Musikverbot stellt angesichts der Münchener Verhältnisse einen besonders klaren Verstoß gegen Art. 4 GG dar.

 Schutzbereich des Art. 4 GG  

Der bfg München konnte sich bezüglich der Tanzveranstaltung konkret auf Art. 4 GG berufen, denn es ging nach seinem Selbstverständnis um die Ausübung seiner Weltanschauung. Das BVerfG hat bisher stets an seiner Rspr. festgehalten, wonach zur Religionsfreiheit auch das sehr weit verstandene Recht gehört, das gesamte Verhalten an den Lehren des Glaubens (der Weltanschauung) auszurichten bzw. sich in einer bestimmten Lebenssituation so zu verhalten, wie das eine Person bzw. Religions- oder Weltanschauungsgemeinschaft nach ihrer Grundüberzeugung für angemessen hält (vgl. BVerfGE 32, 98/106). Mit der bewusst provozierenden Tanzveranstaltung gerade am Karfreitag beabsichtigte der Bf., sein anderes Verständnis des "stillen Feiertags" als die christlichen Kirchen bzw. Staat/Kommune zum Aus-druck zu bringen.  

Nach Angaben des Statistischen Amts der Stadt München (http://www.mstatistik-muenchen.de/themen/bevoelkerung/jahreszahlen/jahre...) gehörten 2008 im Stadtgebiet insgesamt 47,7 % der Einwohner (heute ca. 50 %) formell weder der katholischen, noch der evangelischen Religion (einschließlich Freikirchen) an. Aus anderen Quellen (insbesondere www.fowid.de, dessen Zahlen auch auf diversen amtlichen Statistiken basieren) weiß man, dass der allergrößte Teil davon nicht religiös ist. Hinzu kommt noch der nicht genau bekannte, aber erhebliche Prozentsatz derer, die zwar formal noch einer der großen Kirchen angehören, aber nicht einmal an einen persönlichen Gott glauben (dazu http://fowid.de/fileadmin/datenarchiv/Atheistenquote__2002.pdf.) Der Karfreitag erhält seine religiöse Bedeutung durch die These von der Erlösung durch den Kreuzestod Jesu, an dessen göttlichen Charakter aber nur ein Teil der Christen glaubt. An die leibhaftige Auferstehung Christi glaubten 2004 nur 21% der Bevölkerung in Deutschland (s. http://fowid.de/fileadmin/datenarchiv/Auferstehung_Jesus_-_Ansichten__20...).  

Damit ist gesagt, dass der Karfreitag zumindest in München im Jahr 2007 (und heute erst recht) nur noch für eine Minderheit eine zentrale Bedeutung hatte. Auf diese Situation spielte die Veranstaltung insgesamt an, auch wenn das nicht ständig verbal ausgedrückt werden musste. Es war eine Gegenveranstaltung für Leute, die Wert darauf legen, in ihrer eigenen Grundüberzeugung nicht ständig (sei es gesellschaftlich-politisch, sei es rechtlich) Regeln un-terworfen zu werden, die nicht auf sie passen und als diskriminierend empfunden werden.  

Aus Sicht des Bf. war die Tanzveranstaltung nicht ein Angriff auf Christen, sondern eine publi-kumswirksame symbolische Aktion zur Wahrnehmung seiner eigenen weltanschaulichen In-teressen entsprechend den Bestimmungen seiner Satzung. Dass die gesetzliche Regelung des FTG in Verbindung mit dem Veranstaltungsverbot in den Schutzbereich der Weltanschau-ungsfreiheit des Bf. eingriff, kann daher keinem Zweifel unterliegen (ebenso wie selbstver-ständlich das VG München).

Schrankenproblematik und Güterabwägung  

Es liegt auch ein unmittelbarer Eingriff in das Grundrecht des Bf. selbst aus Art. 4 I, II GG vor, der einer verfassungsgemäßen Rechtfertigung bedarf. (Das BVerfG hat sogar solchen kirch-lich orientierten Sozialeinrichtungen eine Berufung auf Art. 4 GG zugebilligt, die – systemwid-rig – nicht einmal selbst Religionsgemeinschaften sind und daher eigentlich nicht Träger des Art. 4 GG sein können. In anderen Fällen hat man zu Recht sehr streng geprüft, ob überhaupt eine Religionsgemeinschaft vorliegt!)  

Es mag sein, dass aus der Sicht religiöser Menschen die durch das FTG erfolgte Einschränkung nur sehr gering ist (solche Tanzveranstaltungen müssen nicht gerade an einem der seltenen Tage durchgeführt werden, an dem sie verboten sind). Aber darauf kommt es nicht an. Denn selbst noch so geringfügige, aber doch rechtserhebliche Eingriffe bedürften einer verfassungs-rechtlichen Rechtfertigung, hier die der Beeinträchtigung des Art. 4 I, II GG. Aus der Sicht des nichtreligiösen Bf. ist der Eingriff gerade auch deshalb bedeutsam, da er ein Symbol für die diskriminierende Behandlung des nichtreligiösen Teils der Bevölkerung in Deutschland und insbesondere in Bayern darstellt. Denn die jahrzehntelange massive Privilegierung insbesondere der großen christlichen Kirchen durch Rechtsnormen und Rechtspraxis (einschließlich Judikatur) und politische Repräsentanten bedeutet eine GG-widrige Verweigerung der Gleichbehandlung nichtreligiöser Menschen und Weltanschauungsgemeinschaften. Diese fehlende Anerkennung durch den Staat und wichtige Teile der Gesellschaft (wiederkehrende Entgleisungen von Repräsentanten aus Politik und Kirchen)  

vgl. zu Fragen der Privilegierung/Diskriminierung schon G. Czermak, ZRP 2001, 565ff. und ders., Religions- und Weltanschauungsrecht, 2008, 22-25; J.-A. Haupt, in: R. Will (Hg.), Die Privilegien der Kirchen und das Grundgesetz, Berlin 2011, Aufzählung S. 103-123; L. Renck, Die unvollkommene Parität, DÖV 2002, 56 ff.  

ist das Motiv für die streitige Veranstaltung des Bf. als Zeichen des Protestes gegen eine gesetzliche Regelung, die nach den Zielen des Gesetzes und den berechtigten Schutzinteressen der religiösen Bevölkerung in dieser Form bei Berücksichtigung der gegenläufigen Rechte des Bf. (Frage der verfassungsimmanenten Schranken) nicht zu rechtfertigen ist.  

Nun soll in dieser Stellungnahme die (derzeit noch) grundsätzliche Berechtigung einer (angemessenen) Regelung für den Karfreitag als "stillen Tag" angesichts des in Bayern relativ starken Rückhalts in der Bevölkerung nicht bestritten werden - auch wenn speziell kirchliche Feiertage als Kategorie in Art. 139 WRV/140 GG nicht eigens geschützt sind und sowohl aus religionssoziologischer wie wirtschaftlicher Sicht zahlreiche Fragen aufwerfen (dazu L. Renck in FS für Reiner Schmidt, 2006, 283 ff.). Bestritten wird aber die Erforderlichkeit und Verhältnismäßigkeit der derzeit geltenden Regelungen.  

Dass an Karfreitag große Sportveranstaltungen mit entsprechendem Publikumsverkehr untersagt sind, mag man angesichts der Bedeutung des Feiertags für Christen noch einsehen 5   können, dass dies jedoch, wie unlängst geschehen, sogar zum Verbot von Schachturnieren (!) führt, ist gesellschaftlich kaum mehr zu vermitteln. Dies gilt auch für das Verbot jeglicher musikalischer Darbietungen in Räumen mit Schankbetrieb, denn solch eine Veranstaltung greift keineswegs in die Religionsfreiheit von Christen ein, wie der BayVGH behauptet. Den religiösen Interessen wird nämlich vollständig genügt, wenn Veranstaltungen wie die (relativ kleine) streitige nicht in der Nähe von Kirchen und in geschlossenen Räumen stattfinden, zumal wenn ein guter Schallschutz garantiert ist. Im Streitfall hat sogar der BayVGH erklärt, dass "die Öffentlichkeit von der Tanzveranstaltung selbst keine Notiz hätte nehmen können, weil Lärmemissionen nicht nach außen gedrungen wären und der Veranstaltungsort nicht in unmittelbarer Nähe zu christlichen Gebetsräumen lag" (S. 22).  

Warum dieser Sachverhalt nicht geeignet sein soll, die verfassungsrechtliche Frage der Einschränkung eines vorbehaltlosen Grundrechts anders zu beurteilen als geschehen, wird vom BayVGH lediglich verbal behauptet. Eine Begründung dafür wurde nicht gegeben und ist auch nicht ersichtlich. Denn wenn bestimmte Personen in Privaträumen ohne weiteres unbeschränkt im Rahmen der (sonstigen) Gesetze auch mit Musik und Alkohol feiern können usw., ist unter dem Gesichtspunkt der religiösen Bedeutung des Tages nicht einsehbar, warum dies nicht auch in öffentlich zugänglichen Räumen möglich sein soll. Die bloße Tatsache der öffentlichen Zugänglichkeit ist kein notwendiger Grund für eine Grundrechtseinschränkung. Das wird noch deutlicher bei der Annahme, eine solche Veranstaltung werde im Rahmen einer (zulässigen) geschlossenen Gesellschaft durchgeführt, weil die (fehlende) Einwirkung nach außen bei beiden Veranstaltungsvarianten so gut wie gleich wäre.  

Die gesetzliche Regelung ist auch deshalb verfehlt, weil sie nur grob schematisch verfährt und daher den unterschiedlichen Aktivitäten nicht ausreichend Rechnung trägt. Zumindest das Fehlen einer Befreiungsmöglichkeit in § 5 FTG für den Karfreitag macht das Verbot verfassungswidrig. Dabei wird die (aus einer religionssoziologisch völlig anderen Zeit stammende) Regelung auch dem stark säkularen Charakter der Stadt München nicht gerecht. Der BayVGH verkennt hier, dass von einer Mehrheit faktisch-religiöser christlicher Menschen längst nicht mehr die Rede sein kann. Ungereimt ist auch, dass in München filmische Musikdarbietungen trotz FTG gestattet werden, obwohl heutzutage etliche Filmtheater auch mit Schankbetrieb oder einem dem nahekommenden Betrieb verbunden sind.  

Im Ergebnis verstößt die gesetzliche Regelung (Art. 3 i.V.m. Art. 5 FTG) gegen Art. 4 GG: Sie berücksichtigt nicht, dass wegen der Fülle unterschiedlicher Fallgestaltungen den berechtigten Interessen religiös-weltanschaulich Andersdenkender nicht durch Zulassung differenzierender Einzelfallregelungen Rechnung getragen werden kann, wie das bei einer Befreiungsmöglichkeit der Fall wäre. Dabei sind auch geringfügige Eingriffe rechtfertigungsbedürftig, nicht nur solche, bei denen ein "krasses Missverhältnis" vorliegt, wie offenbar der BayVGH meint (S. 21). Hinzuweisen ist noch auf den Umstand, dass hinsichtlich Art. 4 GG keine Grundrechtskollision zwischen unterschiedlichen Bevölkerungsteilen vorliegt. Vielmehr stehen sich lediglich das Grundrecht des Bf. und eine auf Interessen der Allgemeinheit abgestellte reichlich undifferenzierte Regelung im FTG, basierend auf der vagen Regelung des Art. 139 WRV gegenüber.  

Klar sollte sein, dass Religions- oder Weltanschauungsgemeinschaften keinen Anspruch da-rauf haben, Andersdenkenden bestimmte Verhaltensweisen aufzuzwingen. Die Aufgabe des weltanschaulich neutralen Staates besteht in diesem Zusammenhang allein darin, zu gewährleisten, dass die jeweilige religiöse bzw. weltanschauliche Betätigung ungestört erfolgen kann. Dabei gilt im vorliegenden Fall: Während die Veranstaltung des Bf. zu keinem Zeitpunkt eine Beeinträchtigung der religiösen Betätigung von Christen darstellte, wurde durch das städtische Veranstaltungsverbot die weltanschauliche Betätigung der Mitglieder des bfg München im höchsten Maße beeinträchtigt. Daher verstoßen sowohl der Bescheid der Stadt München als auch die darauf folgenden Gerichtsurteile wie auch das zugrundeliegende FTG gegen die Prinzipien der Verfassung.  

Zwangsgeldandrohung als polizeistaatlich wirkende Drohung

Ergänzend sei noch auf Folgendes hingewiesen: Die Zwangsgeldandrohung in Nr. 3 des Bescheids vom 3.4.2007 in Höhe von 10.000 Euro ist grotesk und auch nur formal und nicht einzelfallbezogen "begründet" mit der Behauptungsfloskel, die Unterbindung der provokant rechtswidrigen Veranstaltung mittels eines Zwangsgelds in dieser Höhe sei "geeignetes und erforderliches" Mittel und sei angemessen. Dabei hatten bislang etliche Jahre in München an Karfreitagen Hunderte von gegen das FTG verstoßende öffentlich angekündigte auch größere Veranstaltungen stattgefunden, ohne dass das die städtische Verwaltung zum Eingreifen veranlasst hätte, was sie bei wirklich schlimmen Gesetzesverstößen (adäquat zu 10.000 Euro Zwangsgeld) hätte tun müssen. Der Bescheid ist von tiefer Abneigung gegen den Bf. geprägt, und auch die Urteile des VG München und BayVGH beweisen völliges Unverständnis gegen-über dem Bf.  

Das BVerfG würde sich sehr verdient machen, wenn es sich von einem solch neutralitätswidrigen Amtsverständnis deutlich distanzieren und die gegenseitige Interessenlage realitätsnah würdigen würde. Aus einer weltanschaulich neutralen Sicht stellt sich diese Interessenlage folgendermaßen dar: So wie es Christen innerlich erschüttern mag, dass Religionsfreie an Karfreitag tanzen möchten, ist es für Religionsfreie erschütternd, dass Christen zu einem Gott beten, der seinen "eingeborenen Sohn" hinrichten ließ, um "die Welt zu erlösen". Der Staat hat nicht die Aufgabe, zwischen diesen beiden konträren Weltanschauungen zu vermitteln oder gar eine der beiden Perspektiven zu privilegieren. Er hat vielmehr dafür zu sorgen, dass sich jede Bürgerin und jeder Bürger im Rahmen der Verfassung weltanschaulich so betätigen kann, wie er oder sie es möchte. Diesem Anspruch genügt das FTG längst nicht mehr, es ist heute ebenso überholt, wie es einst die christlichen "Sittlichkeitsparagraphen" waren, die im Zuge der Großen Strafrechtsreform abgeschafft wurden. Die Feiertagsgesetze bedürfen einer grundlegenden Reform – nicht nur in Bayern, sondern bundesweit.