Körperliche Unversehrtheit

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Die Verfassungswidrigkeit des § 1631d BGB (Knabenbeschneidung)

Nach § 1631d BGB ist es Eltern erlaubt, in die medizinisch nicht indizierte Abtrennung der gesunden Penisvorhaut ihres minderjährigen Kindes einzuwilligen – mit der einfachgesetzlichen Rechtsfolge, dass der verletzende Eingriff bei Einhaltung der aufgestellten Voraussetzungen gerechtfertigt ist. Die Existenz dieser gesetzlichen Gestattung jährt sich im Dezember 2022 zum zehnten Mal. Das ist uns Anlass, daran zu erinnern, dass seit 2012 eine Rechtslage besteht, die viele Rechtspraktiker und Rechtswissenschaftler als unverhältnismäßig und verfassungswidrig einstufen. Wer ihre Stellungnahmen aufgeschlossen liest, wird starke Argumente finden. Wir haben eine Auswahl einschlägiger Äußerungen zusammengestellt.

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ifw: Stellungnahme beim Bundesjustizministerium zur Penisvorhautbeschneidung bei intergeschlechtlichen Kindern

Das Institut für Weltanschauungsrecht (ifw) kritisiert in seiner Stellungnahme zum Referentenentwurf des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) für ein Gesetz zum Schutz von Kindern vor geschlechtsverändernden operativen Eingriffen vom 9. Januar 2020 die Zulässigkeit der Beschneidung eines intergeschlechtlichen Kindes. In der Stellungnahme argumentieren die Verfasser Prof. Dr. jur. Jörg Scheinfeld und Prof. Dr. med. Matthias Franz, dass eine Beschneidungserlaubnis der Eltern eines intergeschlechtlichen Kindes selbst innerhalb der normativen Logik des § 1631d BGB verfehlt ist. Letztlich widerspräche eine solche Beschneidungserlaubnis der Eltern eines intergeschlechtlichen Kindes auch dem Geist des Referentenentwurfes, der ja "die wachsende Selbstbestimmung" des Kindes schützen will. Der Gesetzgeber sollte deshalb sowohl aus medizinischer als auch aus juristischer Sicht in genauer Umkehrung des Gesetzesentwurfs ausdrücklich gesetzlich bestimmen, dass bei intergeschlechtlichen Kindern neben geschlechtsverändernden Eingriffen auch eine Penisvorhautbeschneidung verboten ist. Nur so wird dem Kindeswohl angemessen Rechnung getragen.

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Obergericht Zürich zur Beschneidung: "Das Kindeswohl bildet die Grenze des elterlichen Vertretungsrechtes"

Im Urteil vom 04. Juni 2019 (Geschäfts-Nr.: PQ190030-O/U) entschied das Obergericht des Kanton Zürich über die Klage einer Mutter, die ihr männliches Kind aus religiösen Gründen beschneiden lassen wollte.

Zwar sah das Gericht männliche Beschneidung als solche nicht als Kindeswohlgefährdung an. Da im konkreten Fall das Kind aufgrund früherer körperlicher Eingriffe jedoch bereits traumatisiert war und eine Retraumatisierung durch die Beschneidung zu befürchten stand, sah das Gericht in der geplanten Beschneidung in diesem konkreten Fall eine Kindeswohlgefährdung. Das Gericht stellte unmissverständlich klar, dass das Recht zur religiösen Erziehung gemäß Art. 303 ZGB unter dem Vorbehalt des Kindeswohls steht: "Das Kindeswohl ist das massgebliche Kriterium des Kindesrechts überhaupt, dessen Gefährdung bildet damit die Grenze des elterlichen Vertretungsrechts".

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Rolf Dietrich Herzberg zum § 1631d BGB: „Medizinisch nicht indizierte Genitalverletzungen müssen den Eltern verwehrt sein“

Professor em. Dr. Rolf Dietrich Herzberg, ifw-Beirat, übt grundlegende Kritik an dem im Jahr 2012 eingeführten § 1631d BGB (Beschneidung des männlichen Kindes) und fragt aus Anlass eines ZEIT-Artikels von Mike Samuel Delberg, Mitglied der Repräsentantenversammlung der Jüdischen Gemeinde zu Berlin, "ob die ‚Glaubensfreiheit‘, auf die Sie sich berufen, das Recht geben kann, die Rechte anderer zu verletzen! Ich darf doch zwecks Religionsausübung nicht einmal eine fremde Sache beschädigen oder einen banalen Hausfriedensbruch begehen…"

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Universität Hamburg führt Verhaltenskodex zur Religionsausübung wegen der Gefährdung des Primats von Forschung, Lehre und Bildung ein

Welt / hpd: Die Universität Hamburg hat als erste deutsche Universität einen Verhaltenskodex erlassen, der die Religionsausübung auf dem Campus in 7 Vorschriften und 10 Ausführungsbestimmungen auf der Grundlage des Grundgesetzes detailliert regelt. Immer wieder war in den vergangenen Jahren das Primat von Forschung, Lehre und Bildung von Anhängern verschiedener Religionen angegriffen worden. Konflikte entstanden durch das Fernbleiben wegen religiöser Feste, den Aufforderungen junger muslimischer Männer an Studentinnen, ein Kopftuch zu tragen, salafistischen Predigern, die auf dem Universitätsgelände öffentlich zu Gebeten aufriefen, und verschiedentlicher Nötigung von Universitätsangehörigen aus religiösen Gründen. (Weiterlesen)

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Verfahrenseinstellung gegen Geldauflage nach illegaler Beschneidung

hpd: Am 10. Oktober 2017 wurde vor dem Amtsgericht Tiergarten in Berlin über die religiös motivierte Beschneidung eines siebenjährigen Jungen verhandelt. Es ging um die Nichteinhaltung der Regelungen des im Jahr 2012 – nach dem bekannten Urteil des Landgerichts Köln – neu geschaffenen Paragrafen 1631d BGB. Der Vater des Jungen hatte ohne Einwilligung der Mutter einen rituellen Beschneider und keinen Arzt mit der Beschneidung beauftragt. Dieser hatte die Beschneidung ohne Betäubung mit einem Laser durchgeführt. Das Opfer litt danach ein halbes Jahr unter Wundschmerzen. Das Verfahren wegen gefährlicher Körperverletzung wurde gegen Zahlung einer Geldstrafe in Höhe von 2.500 Euro eingestellt. Der hpd sprach über den Prozess mit dem Berliner Rechtsanwalt Walter Otte, der im Auftrag der Mutter die Nebenklage vertritt. Im Interview erläutert dieser die Gründe für die Verfahrenseinstellung und betont, dass es entgegen der medialen Berichterstattung keinen "Kulturbonus" für den Vater gegeben habe. (Weiterlesen)

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"Das Parlament hat die Pflicht, das Beschneidungsgesetz abzuschaffen"

gbs: Köln. Zum fünften Jahrestag des "Kölner Urteils" legen Dr. iur. Ralf Eschelbach (Richter am Bundesgerichtshof), Prof. Dr. med. Matthias Franz (Universitätsklinikum Düsseldorf) und Prof. Dr. iur. Jörg Scheinfeld (Universitäten Mainz und Wiesbaden) ein gemeinsames Papier vor, in dem sie die zentralen Argumente der Beschneidungsdebatte zusammenfassen und die Parlamentarier nachdrücklich zum Handeln aufrufen. Ihr Text zeigt auf, dass die Politiker bei der Verabschiedung des Beschneidungsgesetzes von fehlerhaften Informationen ausgingen und dazu verleitet wurden, eine Einsicht zu ignorieren, die in einem modernen Rechtsstaat selbstverständlich sein sollte, nämlich dass der Intimbereich von Jungen ebenso unverfügbar sein muss wie der Intimbereich von Mädchen. (Weiterlesen)

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EGMR: Grundschulsystem in Irland (1970) schützte Schulmädchen nicht vor sexuellem Missbrauch

Die große Kammer des EGMR hat mit heutigem Urteil (Aktenzeichen 35810/09) mit 11 zu 6 Stimmen entschieden, dass die Struktur der Grundschulbildung in Irland in den 1970er Jahren es versäumte, ein Schulmädchen vor sexuellem Missbrauch durch ihren Lehrer zu schützen. Das strukturelle Versagen des irischen Staates stellt einen Verstoß gegen Artikel 3 EMRK (Verbot unmenschlicher und erniedrigender Behandlung) und gegen Artikel 13 EMRK (Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf) dar, da der Staat weder in der Lage war, Frau O'Keeffe vor sexuellem Missbrauch zu schützen, noch ihr auf nationaler Ebene die Möglichkeit gab, Anerkennung dieses Versäumnisses auf nationaler Ebene zu erlangen.

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