Schutzbereich

I. Begriff

Unter dem Schutzbegggreich eines Grundrechts versteht man seinen sachlichen und persönlichen Geltungsbereich. Die Schutzbereichsprüfung – ein Thema der Grundrechtsdogmatik – beantwortet also folgende Fragen: Welcher Lebensbereich (Verhaltensweise, Rechtsgut) wird thematisch von einer Grundrechtsgarantie erfasst und wer kann sich darauf berufen, d. h. wer ist Grundrechtsträger? Manchmal spricht man auch synonym vom Tatbestand eines Grundrechts. Bei der Religionsfreiheit des Art. 4 I, II GG stellt sich z. B. die Frage, ob konkret eine Religion oder Weltanschauung i. S. des GG vorliegt oder nur eine wirtschaftliche oder politische Vereinigung bzw. Überzeugung. Das kann zweifelhaft sein (vgl. die unterschiedlichen Beurteilungen von Scientology). Hierher gehört auch die Frage, ob bei Art. 4 I, II GG ein Gesamtgrundrecht vorliegt (so das BVerfG und der überwiegende Teil der Literatur) oder ob es sich wie bei Art. 5 GG um verschiedene selbständige Grundrechte handelt. Die Gewissensfreiheit ist nach allgemeiner Auffassung im Rahmen des Art. 4 GG ohnehin ein selbständiges Grundrecht mit eigenem Schutzgggbereich.

II. Religionsrechtliche Bedeutung

Die Problematik des Schutzbereichs gehört zu den recht umstrittenen Rechtsfragen, weil sie auch eng zusammenhängt mit der schwierigen Frage der Grundrechtsschranken. Verneint man den Schutzbegggreich, entfällt etwa der spezielle Grundrechtsschutz des Art. 4 I, II GG von vorneherein, so dass regelmäßig die allgemeine Handlungsfreiheit (Art. 2 I GG) einschlägig ist. Auf diese Weise hat man z. B. versucht, den Grundrechtsschutz für religiöse Sonderbewegungen (s. Sekten) zu mindern. In der Regel wird für die Religionsfreiheit des Art. 4 I, II GG wegen des umfassenden Charakters des Phänomens Religion zu Recht ein weiter Schutzgggbereich angenommen, wobei das jeweilige Selbstverständnis ausreichend zu berücksichtigen ist. Dem müssen aber entsprechend umfangreiche Einschränkungsmöglichkeiten entsprechen. Bezüglich der Religionsausübungsfreiheit (Art. 4 II GG) hat das wegen des herrschenden extrem weiten Verständnisses mit schier uferlosen religiös motivierten Handlungen zu zahlreichen praktischen Problemen geführt. Eine starke Minderheit plädiert dafür, die Religionsausübungsfreiheit wieder auf die ursprüngliche Kultusfreiheit zu reduzieren.

>> Gewissensfreiheit; Glaubensfreiheit; Grundrechtsdogmatik; Grundrechtsschranken; Religionsfreiheit; Religionsausübungsfreiheit; Sekten; Selbstverständnis.

Literatur:

  • Jarass/Pieroth, GG, 13. A. 2014, vor Art. 1.
  • Muckel, Stefan: Religiöse Freiheit (1997), 125-195.
  • Muckel, Stefan, in: Friauf/ Höfling, GG, Komm. zu Art. 4 GG.

© Gerhard Czermak / ifw (2017)