Amtshaftung der Kirche für Sexualstraftaten eines Priesters und Pflegevaters

Weltanschauungsrecht Aktuell | Nummer 9 | 16. Juli 2024

Amtshaftung der Kirche für Sexualstraftaten eines Priesters und Pflegevaters

Von Jörg Scheinfeld

Bei Straftaten eines Amtsträgers kommt eine zivilrechtliche Amtshaftung der Anstellungskörperschaft in Betracht (§ 839 BGB mit Art. 34 GG). Für Priester der Amtskirchen gelten die dabei einschlägigen Rechtsregeln analog und führen zur Haftung des Bistums. In Fällen klerikaler Sexualstraftaten überspannen einzelne Untergerichte die Anforderungen an die Haftungsvoraussetzungen – dies unter Außerachtlassung der Rechtsprechung des Bundesgerichtshof.

  • Diakone und Priester sind Amtsträger im haftungsrechtlichen Sinn, sie üben ein Amt für die jeweilige Diözese als Körperschaft des öffentlichen Rechts aus. Auch verletzen sie mit der Tat eine drittschützende Amtspflicht i.S.d. § 839 Abs. 1 BGB, denn zur Amtspflicht zählt es, Dritte nicht durch Straftaten zu verletzen.
  • Damit eine Amtshaftung greift, muss der Amtsträger die Straftat "in Ausübung eines ihm anvertrauten Amtes" begehen (Art. 34 S. 1 GG). Entscheidend ist – nach der Rechtsprechung – das Vorliegen eines "äußeren und inneren Zusammenhangs" zwischen Amtsausübung und schädigendem Verhalten.
  • Unzweifelhaft ist der nötige Zusammenhang zwischen Amt und Tat in Fällen unmittelbaren Missbrauchs des Priesteramtes (zB Tatbegehung während der Beichte). Für manche Sexualstraftaten der im Dienst der Amtskirchen stehenden Kleriker ist das Vorliegen des Zusammenhangs strittig (zB Tatbegehung während eines außerkirchlichen Treffens von Priester und Ministrant).
  • Die 39. Zivilkammer des LG Köln verneint den Zusammenhang, wenn der Priester zugleich der Pflegevater des Opfers ist. Dabei missachten die Richter entscheidende Tatsachen (zB Missbrauch der Beichte) sowie den Umstand, dass der Bundesgerichtshof den nötigen Zusammenhang weit versteht.

Unser Leitender Direktor Prof. Dr. Jörg Scheinfeld ist Professor für Strafrecht, Strafprozessrecht, Medizinstrafrecht, Wirtschaftsstrafrecht und Rechtsphilosophie an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz. Seine gesamten Ausführungen (pdf 8 Seiten) können Sie hier nachlesen.