Staatsämter

I. Problematischer Begriff
Die K. sind Ausdruck einer Kooperation von Staat und Religionsgemeinschaften und stehen daher in Spannung zum Gebot der Trennung von Staat und Religion. Solche Ämter sind nach dem GG grundsätzlich unzulässig, und zwar wegen Art. 31 GG (Vorrang des Bundesrechts) auch in den Bundesländern. Das ergibt sich in erster Linie aus Art. 33 III GG. Er hat folgenden Wortlaut: „Der Genuss bürgerlicher und staatsbürgerlicher Rechte, die Zulassung zu öffentlichen Ämtern sowie die im öffentlichen Dienste erworbenen Rechte sind unabhängig von dem religiösen Bekenntnis. Niemandem darf aus seiner Zugehörigkeit oder Nichtzugehörigkeit zu einem Bekenntnisse oder einer Weltanschauung ein Nachteil erwachsen.“ Die regelmäßige Unzulässigkeit der K. ergibt sich zudem auch aus Art. 136 I (Status des Staatsbürgers unabhängig von Religion) und direkt aus Art. 136 II WRV, wonach die Zulassung zu öffentlichen Ämtern unabhängig vom religiösen Bekenntnis ist. Sie steht auch im Konflikt zum allgemeinen Gebot der grundsätzlichen institutionellen Trennung von Staat und Religion, Art. 137 I WRV/140 GG. Von diesem Grundsatz sind Abweichungen nur dann möglich, wenn sie das GG zumindest indirekt zulässt. Das ist ausnahmsweise der Fall bei bestimmten staatlichen Beamtenverhältnissen, bei denen die Amtsinhaber durch staatliches Recht verpflichtet sind, zugleich die Aufgabe einer Religionsgemeinschaft zu erfüllen (s. u.). Das bedeutet, dass die Religionsgemeinschaften bei der Amtsübertragung mitwirken müssen.

II. Praktische Bedeutung
Es geht dabei unabhängig von der rechtlichen Beurteilung um die Ämter der Religionslehrer (s. Religionsunterricht), Anstalts- und Militärgeistlichen (s. Anstaltsseelsorge; Militärseelsorge) sowie Theologieprofessoren an staatlichen Theologischen Fakultäten und zumindest bisher um Konkordatslehrstühle. Der große Anwendungsbereich der Konfessionsschullehrer ist seit den 1960 er Jahren bis auf Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen entfallen.

Im Ergebnis ist bei der Anstalts- und Militärseelsorge ein konfessionsgebundenes Staatsamt – entgegen der Praxis insbesondere der Militärseelsorge – nicht zulässig, da in Art. 141 WRV/140 GG nur von Zulassung zur Vornahme religiöser Handlungen die Rede ist, nicht aber von Staatsamt (s. näher bei den angegebenen Stichworten).

Eine sehr merkwürdige Institution ist die (auslaufende?) Einrichtung der sogenannten Konkordatslehrstühle, die Fächer außerhalb der Theologie betreffen. Sie werden heute überwiegend als verfassungswidrig angesehen, was aber insbesondere den Freistaat Bayern bisher nicht beeindruckt. Friedrich Müller hat 1976 im Rahmen einer genauen juristischen Untersuchung zusammenfassend erklärt, der Freistaat Bayern habe mit den Konkordatsprofessuren „die Schallmauer bundesdeutscher Interessentenjurisprudenz durchbrochen“.[1] Die katholischen Bischöfe in Bayern haben aber 2013 beschlossen, auf die 21 Konkordatslehrstühle zu verzichten bzw. ihr Vetorecht nicht auszuüben. Daher soll auf dieses interessante Kapitel klerikaler Einflussnahme hier nicht eingegangen werden.[2] Dass die Professorenämter an staatlich-theologischen Fakultäten bekenntnisgebunden sind, ist unstreitig. Unproblematisch sind sie nicht. Auf einschränkende Besonderheiten im evangelischen Bereich sei hier nur hingewiesen. Fraglich ist demgegenüber (entgegen der h. M.), ob Theologische Fakultäten im derzeitigen großen Umfang überhaupt verfassungsrechtlich gerechtfertigt werden können. Das Lehramt an Konfessionsschulen ist bekenntnisgebunden. Allerdings waren die wegen Art. 7 V GG (indirekt) an sich zulässigen Konfessionsschulen wegen der Religionsfreiheit eindeutig nicht als Regelschulen gestattet. Die Staatspraxis hat sich in großem Umfang nicht daran gehalten. Das Lehramt an Volksschulen (Grund- und Mittelschulen) ist auch in der sog. Christlichen Gemeinschaftsschule kein konfessionsgebundenes Staatsamt[3].

>> Anstaltsseelsorge; Christliche Gemeinschaftsschulen; Bekenntnisschulen; Kooperation; Militärseelsorge; Regelschulproblematik; Religionsunterricht; Theologische Fakultäten.

Literatur:

  • Jarass/Pieroth, GG, 13. A. 2014, zu Art. 33.
  • Korioth, Stefan, in: Maunz/Dürig, GG, Rn 65 ff. zu Art. 140/Art. 136 WRV.
  • Morlok, Martin, in: Dreier, GG III (2000), Rn 18 zu Art. 140/Art. 136 WRV
  • Sachs, Michael, in: HStR V (1992), § 126 Rn 133.
  • Sachs, Michael: Zur Bedeutung der grundgesetzlichen Gleichheitssätze für das Recht des öffentlichen Dienstes, ZBR 1994, 133/ 135 f.

  


[1] F. Müller, in: Demokratie und Recht 1976, 175/179.
[2] Näher zu den Konkordatsprofessuren G. Czermak, Religions- und Weltanschauungsrecht, 2008, S. 217 f. mit Nachw.
[3] vgl. BVerwGE 81, 22/ 25 = NJW 1989, 921: Die r-w Einstellung eines Lehrers sei ein „unsachliches Auswahlkriterium“.

© Gerhard Czermak / ifw (2017)