Religion und Weltanschauung in Gesellschaft und Recht
Zwar bezeichnet sich laut Umfragen gut die Hälfte der Bundesbürger als nicht religiös, dennoch bestimmen nach wie vor religiöse Institutionen in keinem geringen Ausmaß das Leben in Deutschland. Die Kirchen sind zweitgrößter Arbeitgeber, bedingt durch Migration spielt der Islam eine immer wichtigere Rolle und auch der Alltag wird nach wie vor vom „christlichen Abendland“ geprägt: von der „Sonntagsruhe“ bis zum Glockenlärm. Mit etwa 280 Stichwörtern bzw. Querverweisen bietet das Lexikon Religion und Welt
anschauung in Gesellschaft und Rechtvon Dr. Gerhard Czermak einen Überblick über die Verquickung staatlicher und religiöser Bereiche in der Bundesrepublik. Dabei holt der Autor weit aus. Nicht nur verfassungsrechtliche Hintergründe werden beleuchtet, auch
deren historische Dimensionen geraten in das Blickfeld ebenso wie unterschiedliche Meinungen juristischer Kommentatoren. Darüber hinaus behandelt Czermak die soziologischen, kulturellen und philosophischen Ebenen, auf deren Hintergrund der Streit der Juristen erst verständlich wird. Czermaks Position ist dabei die eines dem Grundgesetz verpflichteten agnostischen Aufklärers, doch auch die Positionen der (meist) konservativen Staatskirchenrechtler werden den Lesern fair dargestellt.
Für wen ist das Lexikon geeignet? Zunächst einmal ist es eine Fundgrube für die mit der Materie beschäftigten Juristen: Zahlreiche rechtliche Nachweise, insbesondere der Rechtsprechung der höchsten Gerichte, bieten einen umfassenden Überblick. Doch auch der juristische Laie vermag die einzelnen Artikel von A wie „Abendland, christliches“ bis zu Z wie „Zivilreligion“ mit Gewinn zu lesen, wenn auch die Lektüre aufgrund ihrer dichten Darstellung nicht immer eine leichte Kost ist. Wer also irgendwo mit Kirche und Religion in Berührung kommt, sei es als Lehrerin, Schüler, Journalist, Gewerkschafter oder als gesellschaftlich engagierte Atheistin findet im vorliegenden Lexikon entweder bereits erschöpfende Auskunft oder aber zumindest weitere Literaturhinweise. Dabei werden nicht nur die großen (und kleineren) Religionen wie deren Gegenpart, die säkulare Szene, behandelt, auch Konfliktfelder wie beispielsweise (aktuell) Ethikunterrricht und Sterbehilfe oder (historisch) das FDP-Kirchenpapier von 1974 und das Reichskonkordat werden in eigenen Artikeln gewürdigt.
Das Lexikon ist in aktualisierter Fassung auf dieser Homepage veröffentlicht.
Gerhard Czermak, Jahrgang 1942, befasst sich seit Jahrzehnten mit dem Religionsverfassungsrecht sowie mit religiös-weltanschaulichen Fragen und war als Verwaltungsjurist, zumeist als Richter, tätig.
Ein Lexikon für Praxis und Wissenschaft
Alibri, 2009
399 Seiten, gebunden, Euro 39.-
Link (Alibri-Verlag)