Strafen und dann wegschauen? Der Umgang der katholischen Bischöfe mit ihren Missbrauchstätern
Weltanschauungsrecht Aktuell | Nummer 8 | 20. Februar 2024
Strafen und dann wegschauen? Der Umgang der katholischen Bischöfe mit ihren Missbrauchstätern
Von Ulrike Brune
Im Januar 2024 verurteilte das Landgericht Deggendorf den Priester Alfons H. aus dem Rheinland wegen sexuellen Übergriffs zu einer Freiheitsstrafe von eineinhalb Jahren auf Bewährung, weil er im Sommer 2022 einen 15jährigen Messdiener auf Radtouren mehrfach missbraucht hatte. Den Missbrauch von Schutzbefohlenen sah das Landgericht nicht, der Angeklagte habe "nicht in seiner Funktion als Priester, sondern privat mit dem Geschädigten die Radtouren unternommen".
Nach einem Bericht in der BILD-Zeitung war dem Kleriker bereits 2010 der Umgang mit Jugendlichen und Kindern untersagt worden. Kontrollen scheint es nicht gegeben zu haben, dafür aber weitere Vorfälle. Darauf angesprochen, hatte er noch ein halbes Jahr vor den Radtouren seinem Vorgesetzten geschrieben: "Mir sind die Anweisungen des Kardinals stets bewusst. Die Kontakte gehören aber in mein Privatleben, das doch auch einem Priester zusteht." Erst im April 2023 verbot Kardinal Woelki dem Priester den Aufenthalt in seiner Gemeinde und die Betretung aller "Orte zur Betreuung, Erziehung und Beherbergung von Jugendlichen".
- Ein Aufenthaltsverbot für das Gebiet der Gemeinde(n), in denen er sein Amt ausgeübt hat, kann gegen einen Kleriker als sog. Sühnestrafe auf Dauer oder für eine bestimmte Zeit per Dekret durch den Ordinarius oder im Zuge eines kirchenrechtlichen Verfahrens verhängt werden
- Der Deggendorfer Fall führt ein Problem vor Augen, das bisher wenig beleuchtet wurde: Sanktionen und Auflagen gegen auffällig gewordene Kleriker werden zwar verhängt, aber die Kontrolle durch die Kirche ist mangelhaft.
Unsere Beirätin Dr. Ulrike Brune ist Vorsitzende der Aufarbeitungskommission des Bistums Erfurt. Ihre gesamten Ausführungen (pdf 14 Seiten) können Sie hier nachlesen.