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Rezension zu Meier: Der Papst der Enttäuschungen

von Hartmut Kreß

Über das Pontifikat des derzeitigen Papstes Franziskus herrscht zunehmend Ernüchterung. Die hohen Erwartungen, der Papst bringe in der katholischen Kirche Änderungen in Gang, sind immer wieder schwer enttäuscht worden. Das vorliegende Buch enthält eine treffsichere Analyse, die aufzeigt, dass und warum der Papst an einer substanziellen Reform der katholischen Kirche nicht interessiert ist. Zugleich wird deutlich, wie fern er modernem westlichem aufgeklärtem Denken steht.

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Rezension zu Groschopp / Müller: Aus der Ethik eine Religion machen

von Hartmut Kreß

Seit Langem fehlt eine umfassende Darstellung über die Deutsche Gesellschaft für ethische Kultur (DGEK), die in den 1890er Jahren gegründet worden ist. In ihrer Gründung spiegelt sich nicht nur der Aufstieg der Ethik zu einer Leitdisziplin der modernen Gesellschaft. Vielmehr stellt die DGEK einen wichtigen Baustein der Geistesgeschichte des Humanismus und säkularer Bewegungen dar. Bislang lagen zu dieser Organisation nur kürzere Beiträge vor, z.B. aus der Feder des Philosophiehistorikers Klaus Christian Köhnke. Die beiden Verfasser des hier zu besprechenden Bandes, der Kulturwissenschaftler und frühere Präsident des Humanistischen Verbands Deutschland Horst Groschopp sowie der Historiker Eckhard Müller, haben zur Geschichte der DGEK aufwändig recherchiert und zahlreiche Archivmaterialien ausgewertet. Auf dieser Basis haben sie ein gründliches, sehr informatives Buch geschrieben.

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Religionsverfassungsrecht konservativ-affirmativ - Zur Neuauflage eines juristischen Lehrbuchs

von ifw

Nach sechzehn Jahren ist die Neuauflage des seit Jahrzehnten etablierten und lange einzigen Lehrbuchs des Staatskirchenrechts von Axel v. Campenhausen erschienen. Die jetzige 5. Auflage hat erstmals den Haupttitel Religionsverfassungsrecht und ist diesmal vollständig von Heinrich de Wall, Inhaber des Lehrstuhls für Kirchen-, Staats- und Verwaltungsrecht in Erlangen-Nürnberg überarbeitet worden. Mittlerweile gibt es drei weitere vergleichbare einschlägige Lehrbücher mit den Titeln Religionsrecht (C. D. Classen), Religions- und Weltanschauungsrecht (G. Czermak; alternatives Lehrbuch) und Religionsverfassungsrecht (P. Unruh). Daher durfte man die Neuauflage des v. Campenhausen/de Wall interessiert erwarten.

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Kopftuchdebatte, Neutralitätsgebot, Glaubensfreiheit und kein Ende

von Gerhard Czermak

Die Frage der Zulässigkeit des dienstlichen Tragens islamischer Kopftücher durch Lehrerinnen an öffentlichen Schulen mag manchem schon zum Hals heraushängen, stehen diese und ähnliche Fragen doch mindestens seit etwa 2000 immer wieder im Zentrum öffentlicher und juristischer Debatten. Die kontroversen Erregungen waren besonders nach der einschlägigen Entscheidung des 2. Senats des BVerfG von 2003 und der fast entgegengesetzten des 1. Senats von 2015 groß, manchmal sogar fanatisch. Die juristische und nichtjuristische Spezialliteratur ist nur schwer überschaubar. Das bisherige Berliner Neutralitätsgesetz betreffend Lehrer und allgemein Beamte ist nach einem rechtskräftigen Urteil des Bundesarbeitsgerichts von 2020 schwer angeschlagen und soll mit dem neuen CDU/SPD-Senat stark modifiziert werden. Eine neutralitätsfreundlichere Position hat demgegenüber der Europäische Gerichtshof für das private Recht vertreten. Ungelöste Probleme hat das 2021 verabschiedete Bundesgesetz zur Regelung des Erscheinungsbilds von Beamtinnen und Beamten erneut aufgeworfen.

In dieser Situation ist eine zusammenfassende Untersuchung von Nutzen, geht es doch um die Kollision von Neutralität und Glaubensfreiheit und ihre gegenseitige Gewichtung. Das stößt in den Kern der Neutralitätsdiskussion und damit des Religionsverfassungsrechts. Die Untersuchung Wolfgang Heckers befasst sich gleichermaßen mit juristischen wie nichtjuristischen Fragen.

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Rezension zu Michael Kühnlein (Hrsg.): Gottloser Staat? Im interdisziplinären Gespräch mit Horst Dreier

von Gerhard Czermak

Kühnlein hat einen besonders für Juristen interessanten Sammelband vorgelegt, der insgesamt eine Hommage für den Würzburger Staatsrechtler Horst Dreier darstellt. Anlass war das breit rezipierte Buch Dreiers "Staat ohne Gott. Religion in der säkularen Moderne", das 2018 erschienen ist. Es hat große Aufmerksamkeit und zu Recht viel Zuspruch gefunden.

Kühnlein hat nun den geglückten Versuch unternommen, auch viele prominente Autoren vor allem aus Jurisprudenz und Theologie zu Stellungnahmen zu veranlassen und dabei auch Dreier gebührend zu Wort kommen zu lassen. Dreier erfährt in dem Band viel Zustimmung. Aber gerade auch die seltene Kritik bietet interessante Hinweise für die Notwendigkeit, ein zutreffendes Verständnis für die Forderung nach verfassungsgemäßem Verhalten aller staatlichen Organe gegenüber religiösen und nichtreligiösen Weltanschauungen zu vermitteln. Fragen der Neutralitätsproblematik bilden auch in diesem Buch den Hauptschwerpunkt.

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Rezension zu Norbert Lüdecke: Die Täuschung

von Hartmut Kreß

Das Buch "Die Täuschung", verfasst von dem katholischen Kirchenrechtler Norbert Lüdecke, befasst sich ebenso kritisch wie kompetent mit den inneren Strukturen und mit der zwiespältigen Reformbereitschaft in der katholischen Kirche. Die kirchenkritische Intention wird bereits durch den Buchtitel signalisiert. In Presse und Medien ist das Buch breit aufgegriffen worden. Es hält die katholische Kirche strukturell für praktisch reformunfähig.

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Rezension zu Dietrich Pirson u.a. (Hg.): Handbuch des Staatskirchenrechts der BRD

von Gerhard Czermak

Nach gut 25 Jahren ist jetzt (2021) eine Neuauflage des vielzitierten Handbuchs erschienen. Die von Joseph Listl und Dietrich Pirson herausgegebene zweibändige Zweitauflage hatte schon eindrucksvolle 2387 Seiten. Daraus sind jetzt unter der Herausgeberschaft von Dietrich Pirson, Wolfgang Rüfner, Michael Germann und Stefan Muckel nicht weniger als 3417 S. geworden.

Man kann sich dem monumentalen Eindruck dieses Werks nicht entziehen. Beteiligt haben sich an ihm 73 Autoren mit 79 Paragraphen. Mindestens 20 der Verfasser sind bzw. waren Mitarbeiter einer der beiden großen Kirchen. Die meisten Autoren sind aus der religionsverfassungsrechtlichen bzw. staatskirchenrechtlichen Literatur bekannt.

Schon wegen der ziemlichen Vollständigkeit der behandelten Themen und der großen Informationsfülle mit oft sehr umfangreichen Anmerkungsapparaten ist das Werk für eine häufigere Befassung mit dem Religionsrecht nicht nur sehr nützlich, sondern nur schwer entbehrlich.

Inhaltlich fällt auf, dass zwar stets die gleiche Berechtigung von Religion und Weltanschauung und der dazugehörigen Gemeinschaften verbal gefordert, ihre Einhaltung aber kaum je konkret geprüft wird. Ungeachtet dieser Kritik ist das Handbuch auch aus säkular-juristischer Sicht recht nützlich. 

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Rezension zu Norbert Groeben: Sterbenswille / Verteidigung des rationalen Suizids und Sterbebeistands

von Ludwig A. Minelli

>> Ein wichtiger Beitrag zur aktuellen Suizidhilfe-Diskussion – leider mit grosser Lücke<<

Der Autor Norbert Groeben zeigt im ersten Teil seines Buches die Argumente auf, die zur Rechtfertigung rationaler Suizide entscheidend sind. Nach einer Auseinandersetzung mit dem zu verpönenden Begriff «Selbstmord» wendet er sich dem Recht auf Selbstbestimmung im Sterben zu, diskutiert die Frage des freien Willens und stellt «Sterbehilfe» als ärztlich-assistierten Suizid vor. In einem zweiten Teil bespricht er die Vielfalt rationaler Suizide, von denen er deren vier unterschiedliche nennt und sie mit acht konkreten Fälle von Personen, die ihr Leben selbst beendet haben, eindrücklich illustriert. Im dritten Abschnitt des Buches setzt er sich dezidiert mit den von Gegnern der Selbstbestimmung bezüglich des eigenen Lebensendes stets pauschal geltend gemachten angeblichen «Gefahren» auseinander, die der assistierte Suizid angeblich schaffe.

Allerdings zieht der Autor bei seinen abschliessenden Bemerkungen in Bezug auf eine künftige Regelung in Deutschland von vornherein die Möglichkeit, ähnlich wie in der Schweiz auf eine gesetzliche Regelung zu verzichten, gar nicht in Betracht.

Trotz dieser empfindlichen Lücke trägt das Werk substanziell zur notwendigen Diskussion der Suizidhilfe in der breiten Gesellschaft viel Wertvolles bei, und es ihm ist vor allem auch bei Entscheidungsträgern eine grosse Verbreitung zu wünschen.

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Rezension zu Claus Dieter Classen: Religionsrecht

von Gerhard Czermak

Die Neuauflage hat ihren Umfang trotz Aktualisierung bzw. Intensivierung, insbesondere im Bereich des europäischen Rechts, des Islam und des Arbeitsrechts, nur geringfügig ausgeweitet. Erfreulich an der Neuauflage des Lehrbuchs von Classen ist, dass die kirchlichen Interessen nicht mehr so dominieren wie anderswo. In zahlreichen Punkten weicht Classen von den traditionellen einseitig kirchengeneigten Sichtweisen ab und trägt der religiösen Vielfalt Rechnung. Mit Ausnahme des Strafrechts deckt das Lehrbuch alle wesentlichen Bereiche des Religions(verfassungs)rechts ab. An der gleichen Berechtigung von Nichtreligiösen wird zwar kein Zweifel gelassen, ihre Interessen werden aber im praktischen Detail meist nicht registriert. Insgesamt enthält das ansprechende Buch aus Sicht der säkularen Interessen und besonders der weltanschaulichen Gleichheitsgebote gleichermaßen Licht und Schatten. Die Heranziehung weiterer Literatur ist, wie gerade bei dieser ideologisch aufgeladenen Materie immer, dringend zu empfehlen.

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Rezension zu Ruth Anthea Kienzerle: Paternalismus im Strafrecht der Sterbehilfe

von Ludwig A. Minelli

Als am 26. Februar 2020 das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe den § 217 («Geschäftsmässige Förderung der Selbsttötung») des deutschen Strafgesetzbuches (StGB) wegen Grundrechtswidrigkeit nichtig erklärt und aufgehoben hatte, wurde dies in der gesamten Bundesrepublik und im interessierten Ausland als Paukenschlag empfunden. Diese einstimmige Entscheidung des 2. Senats noch unter Präsident Andreas Vosskuhle entlarvte das Jahrhunderte alte und vor allem auf einer kirchlichen Fälschung beruhende Tabu des Suizids im Strafrecht und etablierte von Verfassungs wegen die Wahlfreiheit zur Beendigung des eigenen Lebens als Menschenrecht in aller Klarheit und in Übereinstimmung mit einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte im Jahr 2011.

Nur etwa dreizehn Monate später – Ende März 2021 ­– folgt diesem Ereignis eine ebenso wegweisende Dissertation der 1986 in Ulm geborenen Autorin Ruth Anthea Kienzerle, die seit 2019 in einer auf Strafrecht spezialisierten Anwaltssozietät in Berlin tätig ist.

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