Religionspolitik

I. "Religion und Politik" (allgemein)

In den letzten beiden Jahrzehnten wurde der Terminus "Religigggonspolitik" in Wissenschaft und Öffentlichkeit immer häufiger verwendet. Auch zahlreiche Bücher befassen sich mit "Religion und Politik" bzw. "Religionspoggglitik", und auf ungezählten Tagungen spielen solche Themen eine Rolle. Seit 2008 veranstaltet der Forschungsbereich "Religion und Politik" im Rahmen der evangelisch-theologischen Fakultät der Humboldt-Universität die "Berliner Reden zur Religigggonspolitik", zu denen prominente in- und ausländische Wissenschaftler und Politiker eingeladen werden. Ergänzt wird die Reihe durch "Das religionspolitische Atelier". Im Jahr 2011 wurde das "Forum offene Religgggionspolitik" gegründet, das unter Mitwirkung religiöser und nichtreligiöser Fachleute die Gleichberechtigung aller religiösen und nichtreligiösen Weltanschauungen propagiert und diese inhaltlich nicht bewertet. Das entspricht dem Text des GG. Für Deutschland orientiert sich das Forum und insbesondere sein Gründer, der Politologe Sven Speer, stark an der herrschenden Rechtsmeinung, unser Verfassungssystem sei besonders durch Kooperation von Staat und Religion geprägt und das sei auch gut so, denn Staat und Religion ließen sich nicht strikt trennen und beeinflussten sich notwendig gegenseitig. Besonders gewichtig ist der an der Universität Münster etablierte Exzellenzcluster "Religion und Politik". Dort beschäftigen sich laut Selbstbeschreibung des Exzellenzclusters seit 2007 etwa 200 Geistes- und Sozialwissenschaftler aus 20 Fächern mit dem Verhältnis von Religion und Politik quer durch die Epochen und Kulturen. Das Spektrum reicht von der antiken Götterwelt über Judentum, Christentum und Islam in Mittelalter und früher Neuzeit bis hin zur heutigen Situation in Europa, Amerika, Asien und Afrika. Es ist der bundesweit größte Forschungsverbund dieser Art und der einzige Exzellenzcluster in Deutschland zum Thema Religion.

II. Kritik

Die Bücher und zahlreichen Sammelbände sowie Akademien befassen sich alle mit den zahlreichen Themen, die Religion und Politik in Zusammenhang bringen, und zwar betreffend viele Länder, verschiedene Kulturen und Religionen, unterschiedliche Staatsformen, viele Zeitalter und unter den verschiedensten Aspekten. Auch in den gegenwartsbezogenen Beiträgen zu europäischen Ländern finden sich kaum Untersuchungen von Juristen. Sind schon die Äußerungen von Juristen im weltanschaulichen Bereich generell mit Vorsicht zu genießen, so werden rechtliche Ausführungen von Nichtjuristen nur selten den Anforderungen gerecht. Rechtsbindung spielt in ihrem Denken kaum eine Rolle. So findet man zwar viel Literatur, aber kaum eine Auseinandersetzung mit der Frage, was eigentlich mit "Religigggonspolitik" konkret gemeint sein soll. Die Bundestagsfraktionen haben ihre landläufig so genannten "religionspolitischen" Sprecher bzw. Religions- und Kirchenbeauftragten, die traditionell einer der großen Kirchen eng verbunden sind. Zu religionspolitischen Fragen rechnet man etwa Religionsunterricht, Fragen des Islam, Religion als gesellschaftlicher Kitt, Religionsförderung, Ethik und Religion in Schulen, Gott in Verfassungspräambeln, Kooperation mit den Kirchen, Änderungen des Religionsverfassungsrechts usw.

Den Begriff Religgggionspolitik findet man nicht genauer erläutert, und auch die Frage der Zulässigkeit des jeweils Gemeinten wird nicht gestellt.

III. Begriff und Legitimität von Religionspgggolitik

Sprachlich ist "Religigggonspolitik" eine Politik, die religiöse und nichtreligiöse Weltanschauungen betrifft, indem sie sich zu ihnen verhält, d. h. sie in bestimmter Richtung zu beeinflussen sucht oder auch ignoriert. Aus Sicht der Politik geht es zunächst darum, ob und welche Gestaltungswünsche sie gegenüber den religiös-weltanschaulichen Richtungen entwickelt und dann umsetzen will. Dabei genügt es aber nicht, die einschlägigen Sachverhalte zuverlässig zu ermitteln, das Für und Wider staatspolitischer und gesellschaftlicher Interessen abzuwägen, die Ergebnisse auszutarieren und das Gesamtresultat mit der politischen Mehrheit umzusetzen.

In einem liberalen Rechtsstaat wie Deutschland macht die Rede von Religionsgggpolitik nur Sinn, wenn man daran denkt, das Grundgesetz zu ändern oder wenn man die vom Verfassungsrecht gelassenen Spielräume anders nutzen will. Die erste Alternative scheidet insofern aus, als alle maßgeblichen politischen und juristischen Akteure, unabhängig von ihrer Provenienz, eine textliche Änderung des GG ablehnen. Die Verfassungsjuristen sind mit guten Gründen der Überzeugung, dass die anstehenden aktuellen Probleme anhand des heutigen Grundgesetzes gelöst werden können. Soweit eine Textänderung in einzelnen Punkten gefordert wird (etwa bezüglich des staatlichen Kirchensteuereinzugs, des Arbeitsrechts in kirchlichen Einrichtungen, der Staatsleistungen, des Körperschaftsstatus), bestehen derzeit und mittelfristig keine Aussichten, die verfassungsändernde Zweidrittelmehrheit zu erreichen. Insoweit sind bzw. wären echte rechtspolitische Diskussionen aber immerhin möglich.

Bei Änderungsforderungen hinsichtlich der unterverfassungsrechtlichen Gesetzeslage oder Rechtspraxis gilt es auszuloten, ob und welche Spielräume das Grundgesetz auch bei Einbeziehung der Gründe der Kritiker der derzeitigen religionsrechtlichen Situation, insbesondere der Auslegung der Normen, wirklich lässt. Die genauere Prüfung zeigt, dass die derzeitige Gesamtsituation verfassungsrechtlich ziemlich defizitär ist (s. Privilegien). Wer sich mit dem Gleichheits- bzw. Neutralitätsgebot befasst, findet auf vielen Ebenen erstaunliche Missstände. Die Bedeutung des Körperschaftsstatus schwindet erheblich, wenn man die unzulässigen Differenzierungen im Bereich des sog. Privilegienbündels (s. unter Körperschaftsstatus) beseitigt. Die Sonderstellung des Arbeitsrechts bei kirchlichen Sozialeinrichtungen ist eine Frage der Auslegung des Selbstverwaltungsrechts (meist: Selbstbestimmungsrechts) des Art. 137 III WRV und seit Jahrzehnten Gegenstand juristischer Auseinandersetzungen. Die allgemeine Forderung nach klarerer Trennung von Staat und Religion ist in dieser Form nichtssagend, und die (gern von Nichtjuristen aufgestellte) Behauptung, eine Trennung von Staat und Religion sei weder sinnvoll, noch möglich, ist argumentativ denkbar oberflächlich und zeigt fehlende Auseinandersetzung mit der rechtlichen Fachdiskussion.[1]

IV. Parteien in Deutschland

Das CDU-Grundsatzprogramm von Hannover, 3./4. 12. 2007 beschwört die Gottebenbildlichkeit des Menschen, die "konfessionelle Tradition" und "das besondere Verhältnis zwischen Staat und Kirche" sowie die "Sozialethik der christlichen Kirchen". Bei den sozialen Aktivitäten wie Ehrenämtern und in Vereinen werden die "Kirchen und christlichen Gemeinschaften" besonders herausgestrichen, ebenso der Subsidiaritätsgrundsatz bei der Wohlfahrtspflege. Unter Nr. 279 findet sich folgende bemerkenswerte Passage: "Das Grundgesetz beruht auf Werten, die christlichen Ursprungs sind. Sie haben unser Land und unsere Gesellschaft grundlegend geprägt [dazu kritisch der Artikel Menschenrechte]. Sie im Bewusstsein zu halten, zu bewahren und ihnen Geltung zu verschaffen, verstehen wir nicht nur als Aufgabe der christlichen Kirchen, sondern auch als eine vorrangige Aufgabe von Staat und Bürgern. Christliche Symbole müssen im öffentlichen Raum sichtbar bleiben. Sie sind ebenso zu schützen wie die christlich geprägten Sonn- und Feiertage." Die Wertevermittlung auch durch andere Religionen, insbesondere die jüdische, wird gewürdigt, während die Nichtreligiösen in keinem Zusammenhang erwähnt werden. Der Begriff Kirche wird an 9 Stellen verwendet, und das spezifisch Christliche an 25 Stellen.

Das CSU- Grundsatzprogramm von 2016 beschwört die christliche Werteorientierung, ohne freilich zu sagen, worin sie konkret besteht. Ihre Grundüberzeugungen, so das Programm, entspringen den christlich-jüdischen Wurzeln, dem Humanismus und der Aufklärung. "Wir bekennen uns zu diesem christlichen Menschenbild in seiner abendländisch-aufgeklärten Prägung." Der Mensch solle sich vor Gott für sein Tun verantworten. " … wer die christliche Prägung unseres Landes ablehnt, wer die Gleichberechtigung zwischen Mann und Frau nicht akzeptiert und wer unsere offene Gesellschaft umbauen will, der hat bei uns keinen Platz." Man wünscht einen intensiven Dialog zwischen den Religionen, von Weltanschauungen ist dabei nicht die Rede.

Das SPD-Programm von 2007 (Hamburger Programm) stellt zwar Religionsgemeinschaften und Weltanschauungsgemeinschaften ausdrücklich auf dieselbe Ebene. Aber während Religion und Kirche jeweils an 6 Stellen genannt werden, finden Weltanschauungsgemeinschaften außer an der genannten Stelle keine Erwähnung. Allgemein wird formuliert, die Würde des menschlichen Lebens dürfe in all seinen Phasen nicht angetastet werden. Vom Abbau kirchlicher Sozialmonopole ist nicht die Rede, wohl aber davon, dass soziale Dienstleistungen nicht vom Staat erbracht werden müssen und dass die freien Wohlfahrtsverbände wichtige Partner sind.

Im Berliner Programm von 1989 hatte es noch geheißen: "Wer sich zu keiner Religion bekennt, darf nicht benachteiligt werden. Allgemein geltende Arbeitnehmerrechte müssen auch in Einrichtungen der Kirchen, Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften gewährleistet sein."

Das Berliner Grundsatzprogramm 2002 von Bündnis 90/Die Grünen erklärt, der Staat habe ein für allemal darauf verzichtet, die Bürger weltanschaulich festzulegen. Er respektiere und schütze auch das "Recht, keinen Glauben zu haben und sich im öffentlichen Raum keinem Glauben unterordnen zu müssen". Die Bündnisgrünen seien für Trennung von Kirche und Staat. Die "erreichte Trennung von Kirche und Staat" sei Voraussetzung für die positive Rolle der Religionsgemeinschaften als wichtigen Kräften der Zivilgesellschaft. In vielen Fragen hätten die Bündnisgrünen die Kirchen als wertvolle Bündnispartner erlebt. Das menschliche Leben sei "von Anfang an schützenswert", das Recht der Frauen, "sich selbstbestimmt ohne äußeren Druck für oder gegen eine Schwangerschaft zu entscheiden" müsse aber weiterhin gewahrt bleiben. Eine strafrechtliche Verfolgung von Schwangerschaftsabbrüchen sei nicht angebracht, zumal in dieser Frage keine Frau ohne große Konflikte entscheide. Andererseits wird verbrauchende Embryonenforschung apodiktisch abgelehnt. Embryonen dürften ausschließlich zum Zweck der Herbeiführung einer Schwangerschaft hergestellt werden. Präimplantationsdiagnostik wird abgelehnt, weil sonst das Recht zum Schwangerschaftsabbruch drohe, sich so "in eine Pflicht zum Schwangerschaftsabbruch umzukehren, wo immer eine mögliche Behinderung diagnostiziert wurde". Frauen als Eizellenlieferantinnen oder Embryonenspenderinnen liefen zunehmend "Gefahr, zum Spielball medizinischer, wissenschaftlicher oder wirtschaftlicher Interessen u werden".

Das Erfurter Programm 2011 der Partei DIE LINKE enthält einen Abschnitt "Kirchen, Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften. Dort heißt es u, a., die Linke trete ein "für den Schutz weltanschaulicher und religiöser Minderheiten. Laizismus bedeutet für uns die notwendige institutionelle Trennung von Staat und Kirche." In der Partei engagierten sich Christen und Atheisten für gemeinsame Ziele und Werte, die in den großen Religionen genauso ihre Wurzeln hätten wie in den Ideen der Aufklärung und des Humanismus: Soziale Gerechtigkeit, Frieden, Nächstenliebe und Toleranz. "DIE LINKE achtet die Kirchen und Religionsgemeinschaften, ihre soziale Tätigkeit und ihre Unabhängigkeit. Allerdings müssen die Grundrechte und Arbeitnehmerrechte auch in den Kirchen und Religionsgemeinschaften und in deren Einrichtungen Geltung haben, auch das Streikrecht und das Betriebsverfassungsgesetz. - Niemand, der sich nicht bekennt, darf in irgendeiner Weise benachteiligt werden. Wir wenden uns gegen jeglichen politischen Missbrauch von Religion. Schulen sollen Wissen über Religionen vermitteln und die wechselseitige Toleranz der Glaubensgemeinschaften fördern. Der Unterricht ist im Rahmen des Bildungsauftrags des Staates durch staatlich anerkannte Lehrkräfte zu leisten, unabhängig von kirchlicher oder religionsgemeinschaftlicher Einflussnahme."

Der Abschnitt der Karlsruher Freiheitsthesen des Bundesparteitags der FDP von 2012 lautet: "Zur Freiheit gehört die Suche nach dem Sinn und den Werten des eigenen Lebens. Religion und Weltanschauungen können helfen, eine für den Einzelnen stimmige und sinnvolle Einordnung ins Weltganze zu finden. Der liberale Verfassungsstaat steht deshalb nicht im Wettbewerb zu Religionen. Die freiheitlich-demokratische Werteordnung des Grundgesetzes ist ein Identifikationsangebot für alle Bürger – ganz gleich ob oderwelcher religiösen oder weltanschaulichen Überzeugung sie anhängen. Kern dieser Werteordnung sind die Grundrechte des Grundgesetzes. Im Verhältnis zu den einzelnen Religionen muss der Staat neutral bleiben. Nur ein weltanschaulich offenes Recht kann ein wirksames Instrument zur Befriedung und Versöhnung in einer multireligiös geprägten Gesellschaft sein. Solange christlicher Religionsunterricht erteilt wird, muss auch anderen nach dem Grundgesetz anerkannten Religionsgemeinschaften Religionsunterricht möglich sein. Die Liberalen setzen sich über die Gewährleistung von Religionsfreiheit und der Gleichbehandlung von Religionen hinaus für eine größtmögliche Trennung von Kirche und Staat ein."

Im Ergebnis setzen sich das aktuelle Programm der LINKEN und der FDP für eine konsequente Trennung von Staat und Religion auf der Basis von Freiheit und Gleichheit ein. Die FDP hat damit Abstand von der völlig nichtssagenden Passage des Wiesbadener Programms von 1997 genommen, in dem vom berühmten FDP-Kirchenpapier von 1974 (Volltext http://gbs-hh.de/pdf/Thesen-FDP-Kirchenpapier.pdf ) nicht einmal einzelne Restbestände erhalten geblieben waren. Das bedeutet auch eine Abkehr von der bisherigen kritiklos-kirchenfreundlichen Praxis der FDP. Das SPD-Programm lässt keinerlei Interesse am wenigstens teilweisen Abbau unberechtigter Kirchenprivilegien erkennen. Im Gegenteil hat der Parteivorstand 2010 sogar die Etablierung eines SPD-Bundesarbeitskreises für säkular Denkende rüde verhindert, was sich aber auf Landesebene nicht verhindern ließ (dort: seit 2016 statt Laizisten "Säkulare Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten").

Die Alternative für Deutschland (AfD) wird 2017 in den Bundestag einziehen. Ihr Grundsatzprogramm von 2016 erklärt knapp und pauschal die Unterstützung von Religionsfreiheit und Neutralität, befasst sich aber in Sachen Religion ausschließlich und ungewöhnlich eingehend mit dem Islam. Einige diesbezügliche Forderungen sind, von außen betrachtet, zumindest vertretbar (keine Kopftücher in Schulen, kein Körperschaftsstatus mangels rechtlicher Voraussetzungen). Der Text ist aber rein islamkritisch und befasst sich nicht mit Kirchenprivilegien und weltanschaulicher Gleichberechtigung.

Die Kirchenbeauftragten von CDU/CSU, SPD und GRÜNEN (früher auch FDP) haben bisher dafür gesorgt, dass sich die zu Einzelpunkten teilweise vorhandenen kritischen Positionen in ihren Fraktionen nicht festsetzen können. Zum kirchlichen Lobbyismus siehe den einschlägigen Artikel.

V. Resultat

In Deutschland sind bei folgerichtiger Anwendung der verfassungsrechtlichen Vorgaben des säkularen Staats die Spielräume für echte Religiogggnspolitik gering. So steht es dem Staat keineswegs völlig frei, mit welcher religiös-weltanschaulichen Vereinigung er einen "Staatskirchenvertrag" schließt und welchen Inhalt derselbe haben soll. Ebenso bestehen erhebliche verfassungsrechtliche Einschränkungen bei religiös-weltanschaulichen Fakultäten, bei der Religionsförderung, im Schulwesen und anderen Gebieten. Im Kern der verfassungsrechtlichen Prüfung stehen die Gebote der religiös-weltanschaulichen Gleichheit bzw. Neutralität. Im Ergebnis sind die Spielräume für den Gesetzgeber gering. So bestehen teilweise gewisse Ermessensspielräume im Bereich der Entscheidung zwischen strikter und offener Neutralität im Schulwesen. Aber dass der Staat aus eigenem politischem Willen bestimmte Weltanschauungen bevorzugen darf, und sei es wegen der damit bloß erhofften (nicht belegten) integrativen Wirkung, ist primär keine politische, sondern eine rechtliche Frage. Vielfach wird versucht, den Faktor Religion politisch zu bevorzugen mit der Begründung, das sei gemeinwohlförderlich, aber das ist eine verfassungsrechtliche Frage, die zuerst beantwortet werden muss.

Das Wort Religionsgggpolitik geht sprachlich leicht über die Lippen. Es vermag zu suggerieren, Politiker könnten und dürften ihren politischen Willen der Beeinflussung zugunsten spezieller religiöser Richtungen und damit zulasten aller anderen einfach durchsetzen: Wir wollen dies, aber jenes wollen wir nicht. Das verkennt, dass i. d. R. zuerst umstrittene Fragen der Auslegung des GG geklärt werden müssen. Geschieht das nach den anerkannten Regeln der Rechtsauslegung, so dürfte für Änderungen nur selten ein Spielraum bleiben. Politiker zeigen freilich gerade im weltanschaulichen Bereich oft wenig Neigung, das Recht zu beachten, wenn es ihrem mehrheitlichen Willen entgegensteht. Sie betreiben dann Rechtspolitik gegen die Verfassung. Solches Verhalten sollte man nicht mit der Rede von vernünftiger Rechtspolitik verharmlosen. Gute Rechtspolitik wäre es, das Ausmaß des verfassungswidrigen Rechts nach und nach zu reduzieren.

Die Rede von "Rechtspolitik" oder "rechtspolitisch" ist unklar, missverständlich und nicht hilfreich, wenngleich wohl nicht ganz vermeidbar. Es sollte daher das jeweils Gemeinte genauer umschrieben werden.

>> Gott; Körperschaftsstatus; Laizismus; Lobbyismus, kirchlicher; Menschenrechte; Neutralität; Privilegien; Religionsförderung

Literatur (zur derzeitigen Begriffsverwendung)

  • Bogner, Daniel/Heimbach-Steins, Marianne (Hg.): Freiheit - Gleicheit - Religion. Orientierungen moderner Religionspgggolitik. Würzburg 2012
  • Liedhegener, Antonius/Werkner, Ines-Jaqueline (Hg.): Religion zwischen Zivilgesellschaft und politischem System, Wiesbaden 2011 [Europa]
  • Minkenberg, Michael /Willems, Ulrich (Hg.): Politik und Religion. Sonderheft 33 der Politischen Vierteljahresschrift, 2003, 616 Seiten.
  • Ortner, Helmut/Sabin, Stefana (Hg.): Politik ohne Gogggtt. Wie viel Religion verträgt unsere Demokratie? Springe 2014
  • Werkner, Ines-Jaqueline: Europäische Religigggonspolitik. Religiöse Identitätsbezüge, rechtliche Regelungen und politische Ausgestaltung. Wiesbaden 2013
  • Willems, Ulrich (Hg.): Demokratie und Politik in der Bundesrepublik 1949-1999 , Opladen 2001. (darin Ulrich Willems, Religionsgggpolitik in der Bundesrepublik Deutschland 1945-1999. Die politische Regulierung der öffentlichen Stellung von Religion und Religiogggnsgemeinschaften. S. 137-162)
  • Willems, Ulrich: Reformbedarf und Reformfähigkeit der Religionspgggolitik in Deutschland, in: Zeitschrift für Politik 2008, H. 1, 65-86
 


© Gerhard Czermak / ifw (2017)