Säkularität

I. Wesensmerkmal moderner Staaten

Säkgggularität ist ein Kennzeichen des modernen Staats, der sich als Resultat jahrhundertelanger blutiger Auseinandersetzungen nicht mehr religiös, z.B. als christlicher Staat, definiert. Das ist eine wesentliche Folge der allmählichen Verweltlichung (Säkularisierung) aller Lebensbereiche im Zusammenhang mit der im 17. Jh. beginnenden Aufklärung. Der säkulare Staat hat ausschließlich innerweltliche Zielsetzungen. Er kümmert sich nicht mehr um das geistliche Wohl und Seelenheil seiner Bürger. Er hat, wenn er konsequent ist, den Glaubensstaat überwunden und ist zum Staat der Glaubensfreiheit geworden. Als solcher nimmt er nicht mehr Einfluss auf die religiös-weltanschauliche Einstellung seiner Bürger und behandelt auch die religiösen und weltanschaulichen Vereinigungen gleich (paritätisch). Wenn gesagt wird, staatliche cura religionis (Religionsfürsorge) gehöre "in Deutschland seit langem der Geschichte an"[1], so werden die Tatsachen verkannt. Zwar erfolgte mit der Weimarer Verfassung von 1919 theoretisch ein revolutionärer Umbruch zum Staat konsequenter Religionsfreiheit mit religiös-weltanschaulicher Neutralität, der mit dem GG von 1949 noch befestigt wurde. Die Rechtswirklichkeit ist eine völlig andere.

II. Unterschiedliche Staat-Religion-Modelle. Auch im Grundsatz säkulare westliche Staaten weisen recht unterschiedliche Ausformungen ihres theoretischen und praktischen Verhältnisses von Staat und Religion/Weltanschauung auf. Meist genießen Religionsgemeinschaften, speziell die christlichen Kirchen (bei Garantie persönlicher Religionsfreiheit), auch rechtlich deutliche Vorteile (s. Staat und Religion - Grundmodelle). Gern wird das damit begründet, allein aus innerweltlichen Gründen der Integration sei die Religion bei ihrem äußeren Wirken zu unterstützen. In so stark pluralistischen Gesellschaften wie der deutschen ist diese Argumentation freilich fragwürdig (s. dazu Ideologie des GG und Liberale Rechts- und Staatstheorie III-V).

>> Aufklärung; cura religionis; Leitprinzipien des Grundgesetzes; Landesrecht; Liberale Rechtstheorie; Neutralität; Privilegien; Geschichte der Religionsfreiheit; Religionsfreiheit; Säkularisierung; Staat und Religion – Grundmodelle; Weimarer Verfassung.

Literatur:

  • Dreier, Horst: Säkulagggrisierung und Sakralität. Zum Selbsgggtverständnis des modernen Verfassungsstaates. Tübingen 2013
  • Kästner, Karl-Hermann: "Säkulare" Staatlichkeit und religionsrechtliche Ordnung in der Bundesrepublik Deutschland, ZevKR 1989, 260-286, insb. 268 ff.
  • Kreß, Hartmut: Ethik der Rechtsordnung, Stuttgart 2012, 19-24.
 


[1] so Kästner a.a.O.

© Gerhard Czermak / ifw (2017)