Weltanschauungsrecht

Zum Begriff des Weltanschauungsrechts stellen wir nachfolgend den grundlegenden Beitrag "Was ist Weltanschauungsrecht?" von Jacqueline Neumann und Michael Schmidt-Salomon zur Verfügung. Dieser ist erstmalig veröffentlicht worden in: Neumann/Czermak/Merkel/Putzke (Hg.), Aktuelle Entwicklungen im Weltanschauungsrecht, 2019, S. 13 ff. und vom Verlag als Leseprobe freigegeben.

Was ist "Weltanschauungsrecht"?

Jacqueline Neumann / Michael Schmidt-Salomon

Was ist "Weltanschauungsrecht"? Anhand einer Begriffsdefinition, der Bestimmung der verfassungsrechtlichen Grundlagen und einer Skizze des Rechtsgebietes im engeren und weiteren Sinne zeichnet dieser Beitrag den Bedarf für ein "Neutralitäts-Mainstreaming" des Rechts und umreißt das rechtswissenschaftliche Forschungsfeld.

I. Definition

Der Begriff "Weltanschauungsrecht" kennzeichnet die Gesamtheit aller staatlichen Rechtsnormen, Einrichtungen und Handlungen, die das Recht auf Weltanschauungsfreiheit betreffen und die das Verhältnis des Staates zu religiösen und nichtreligiösen Weltanschauungsgemeinschaften regeln.

II. Überblick und Abgrenzung

Das im Weltanschauungsrecht konstitutive Recht auf Weltanschauungsfreiheit umfasst gemäß Grundgesetz nicht nur das Recht, sich zu einer religiösen oder nichtreligiösen Weltanschauung zu bekennen, sondern auch die Freiheit, das eigene Leben nach diesen weltanschaulichen Überzeugungen zu gestalten, sofern dadurch keine Rechte Dritter verletzt werden. Ebenfalls umfasst es das Recht, einer religiösen oder nichtreligiösen weltanschaulichen Gemeinschaft beizutreten.[1] Jeder ist aber auch frei, das ohne Diskriminierung nicht zu tun, aus einer Weltanschauungsgemeinschaft auszutreten oder in eine andere überzuwechseln.[2]

Dabei geht es nicht um eine auch in der rechtlichen Wertung positive oder negative Freiheit, sondern lediglich um Aspekte ein- und derselben Freiheit. Beispielsweise muss der Staat in der Frage der Gestaltung des Lebensendes einerseits einem religiösen Menschen katholischer Ausrichtung ermöglichen, nach seiner Weltanschauung das Leiden und das "Kreuz Christi" auf sich zu nehmen und nicht durch eine wie auch immer geartete menschliche Handlung das Leben, ein "Geschenk Gottes", zu beenden. Andererseits muss er einem nichtreligiösen Menschen in der Orientierung auf die Philosophie Friedrich Nietzsches erlauben, nach dessen Weltanschauung "frei zum Tode und frei im Tode" zu sein. Dies mag als einleitendes Beispiel zunächst genügen, bevor hierauf gegen Ende des Beitrages noch einmal bezüglich § 217 StGB zurückzukommen sein wird.

Klar und eindeutig kann folgende Abgrenzung vorgenommen werden: Da der Begriff des Weltanschauungsrechts definitorisch nur in Verbindung mit dem Recht auf Weltanschauungsfreiheit des Individuums zu denken ist, kann daraus niemals eine Pflicht zu einer bestimmten Weltanschauung abgeleitet oder begründet werden, wie es in diktatorischen[3] oder theokratischen[4] Staats- und Regierungsformen gegeben ist. Damit ist das Recht auf Weltanschauungsfreiheit eng mit dem Prinzip des Säkularismus[5] verbunden.

II. Verfassungsrechtliche Grundlagen der Weltanschauungsfreiheit

Verankert ist die für die freiheitlich-demokratische Grundordnung fundamental bedeutsame Weltanschauungsfreiheit bereits im ersten Gebot der Verfassung, nämlich der Achtung der unantastbaren Menschenwürde (Art. 1 Abs. 1 GG). Denn die Würde des Einzelnen ist maßgeblich dadurch bestimmt, dass er selbst – und niemand anderes – derjenige ist, der seine Würde bestimmt. Nur das mündige Individuum allein kann entscheiden, welche Lebensumstände es für sich selbst als mit seiner Würde vereinbar erachtet und welche nicht. Daher darf das Individuum keinen Würdedefinitionen unterworfen werden, die nicht seine eigenen sind, denn eben dies wäre unweigerlich mit einer Verletzung seiner Menschenwürde verbunden.

Wie das Bundesverfassungsgericht festgestellt hat, muss ein Staat, der die Menschenwürde zum obersten Verfassungswert erklärt und Weltanschauungsfreiheit in besonderer Weise und unverwirkbar garantiert, die ungestörte Persönlichkeitsentfaltung gemäß den subjektiven Überzeugungen gestatten, solange sie nicht in Widerspruch zu anderen Wertentscheidungen der Verfassung gerät oder aus ihrem Verhalten fühlbare Beeinträchtigungen für das Gemeinwesen oder die Grundrechte anderer erwachsen.[6]

Aus den dem Art. 1 GG nachfolgenden Grundrechten leiten sich weitere Bestimmungen der Weltanschauungsfreiheit ab, vor allem die freie Entfaltung der Persönlichkeit (Art. 2 Abs. 1 GG), die Gleichheit aller Menschen vor dem Gesetz und das damit verbundene Diskriminierungsverbot (Art. 3 Abs. 1, 3; 33 Abs. 3 GG), die Freiheit des religiösen und nichtreligiösen weltanschaulichen Bekenntnisses (Art. 4 Abs. 1, 2 GG) sowie die in Art. 140 GG aufgenommenen institutionellen Bestimmungen der Weimarer Reichsverfassung (WRV), die u.a. das Ende einer Staatskirche und die Gleichstellung von religiösen und nichtreligiösen Weltanschauungsgemeinschaften betreffen.

III. Weltanschauungsrecht im engeren Sinne

Im Hinblick auf das Weltanschauungsrecht lassen sich zwei Bereiche unterscheiden: Weltanschauungsrecht im engeren Sinne und Weltanschauungsrecht im weiteren Sinne. Im engeren Sinne meint Weltanschauungsrecht die Gesamtheit aller staatlichen Rechtsnormen, die das Verhältnis des Staates zu Individuen in religiös-weltanschaulicher Hinsicht sowie zu religiösen und zu nichtreligiösen Weltanschauungsgemeinschaften[7] regeln. Diese Normen finden sich auf allen Ebenen der Normenpyramide und in vielen Teilgebieten des Rechts, vom Arbeitsrecht über das Datenschutzrecht, das Schulrecht, das Steuerrecht, das Strafrecht bis hin zum Versammlungsrecht.

Traditionellerweise wird das hier in Rede stehende Rechtsgebiet, welches im 16. und 17. Jahrhundert entstand, seit Ende des 19. Jahrhunderts mit dem Begriff "Staatskirchenrecht"[8] umschrieben. Seit dem Jahr 2000 finden vermehrt und überwiegend auch die Begriffe "Religionsrecht"[9] und (enger) "Religionsverfassungsrecht" Anklang.[10] Die terminologische Diskussion um die richtige Bezeichnung des Rechtsgebiets ist nicht neu. Bisher wurde sie jedoch oft lediglich einseitig hinsichtlich der Frage geführt, ob der Begriff "Religionsrecht" bzw. "Religionsverfassungsrecht" oder aber der Begriff "Staatskirchenrecht" vorzugswürdig sei. Als Bezugspunkt war damit Religion oder die institutionalisierte Religion mit der (Staats-) Kirche gesetzt. Doch bereits bei dieser Auseinandersetzung handelt es sich nicht nur um einen Streit um Worte. Damit einher gehen symbolische sowie programmatische Implikationen[11]:

Mit dem Begriff des Staatskirchenrechts ist ein Konzept verbunden, welches den Schwerpunkt auf institutionelle Aspekte des Verhältnisses von Staat und Religion und weniger auf die individuelle Religionsfreiheit legt. Begründet wird dies von den Fachvertretern insbesondere damit, dass die Ausübung der individuellen Religionsfreiheit nur durch eine starke kirchliche Institution ermöglicht werden könne. Der Begriff des Staatskirchenrechts ist jedoch insofern überholt, als dass er erstens aus einer Zeit stammt, in der es noch eine Staatskirche gab und sich zweitens semantisch, historisch und theologisch nur auf die christlichen Kirchen bezieht, nicht aber auf alle Religionsgemeinschaften und ihre Beziehungen zum Staat.[12] Ferner impliziert er eine – verfassungswidrige – Bevorzugung der christlichen Kirchen gegenüber anderen Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften[13] und legt irrigerweise nahe, dass Gegenstand dieser Materie kirchliches Recht und nicht säkulares staatliches Recht sei[14]. Vorstehendes hindert viele Vertreter dieser Zunft indes nicht daran, auch heute noch den Begriff Staatskirchenrecht bei aktuellen Rechtsfragen zu nutzen.[15]

Der Begriff des "Religionsrechts" oder "Religionsverfassungsrechts" verfolgt demgegenüber einen grundrechtszentrierten Ansatz, welcher alle Religionsgemeinschaften mit einbezieht und die fortschreitende Individualisierung, Pluralisierung und Säkularisierung der Religion mit in den Blick nimmt.[16] Dieser Ansatz begreift die institutionellen Regelungen der in das Grundgesetz inkorporierten Kirchenartikel der Weimarer Reichsverfassung dogmatisch als Ausprägungen der Religionsfreiheit und kann sich dabei auch auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts stützen.[17] Insofern wird auch von einer "Vergrundrechtlichung" des Staatskirchenrechts im Religionsverfassungsrecht gesprochen.[18] Der Wandel der Begrifflichkeiten hat dementsprechend auch Eingang in die Rechtsprechung gefunden. Das Bundesverfassungsgericht verwendet, in Abkehr von der früher selbstverständlichen Begrifflichkeit, neben der Bezeichnung Staatskirchenrecht nunmehr auch die Begriffe "Religions- und Staatskirchenrecht" und "Religionsverfassungsrecht".[19]

So begrüßenswert diese Entwicklung im Ansatz ist, so inhaltlich unvollständig und unzulässig tendenziös sind die Begrifflichkeiten jedoch, da sie die nichtreligiösen Sinnsysteme nicht benennen und religiösen Weltanschauungen und Religionsgruppen (z. B. Kirchen, Islamverbänden) bereits auf der sprachlichen Ebene eine Sonderstellung einräumen. Diese religionszentrierte Begriffswahl ist Ausdruck eines verengten Blicks eines ganzen Rechtsgebiets zugunsten religiöser Weltanschauungen.[20] In der historischen Betrachtung ist dies verständlich: Lange Zeit war Deutschland ein statistisch christliches Land, in dem deutlich mehr als 90 Prozent der Bevölkerung der katholischen oder evangelischen Kirche angehörten (1871: 98,6 Prozent, 1939: 95 Prozent, 1970: 93,6 Prozent)[21]. Die Säkularisierung der letzten Jahrzehnte in Verbindung mit der Einwanderung islamischer Menschen hat zu einer weltanschaulich pluralen Gesellschaft geführt. Der gesellschaftliche Großtrend ist die Säkularisierung – vereinzelt auch mit ersten Anzeichen einer Islamisierung[22]. Die Entkirchlichung und Entchristlichung zeigt sich in dem Mitgliederschwund der beiden Großkirchen und selbst bei den verbliebenen Mitgliedern ist der Anteil der "praktizierenden Christen" bei den Protestanten inzwischen auf 12 Prozent und bei den Katholiken auf 24 Prozent[23] zurückgegangen. In vielen Großstädten sind heute über 50 Prozent der Bevölkerung konfessionsfrei, und die statistischen Trends deuten darauf hin, dass im nächsten Jahrzehnt die Mehrheit der Bevölkerung in ganz Deutschland nicht mehr einer Kirche angehören wird.

Die Bevorzugung des Begriffs des "Religionsverfassungsrechts" wird bisweilen auch mit dem Verfassungsgebot des weltanschaulich-religiös neutralen Staates begründet.[24] Konsequent weitergedacht führt diese Begründung jedoch zu dem Ergebnis, dass sie gerade kein Argument zugunsten der Verwendung des Begriffs des "Religionsverfassungsrechts" bildet, da hiermit die nichtreligiösen Weltanschauungen und Weltanschauungsgemeinschaften in Gänze außen vor bleiben. Gerade weil sich das Staatskirchenrecht aus dem Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation von der Legitimierung der Obrigkeit im christlichen Sinne zu einem säkularen Rahmenrecht des freiheitlich-demokratischen Staates entwickelt hat[25], erscheint es geboten, den Begriff des "Weltanschauungsrechts" als Oberbegriff zu verwenden, der religiöse wie nichtreligiöse Sinnstiftungssysteme gleichermaßen erfasst.

Misslich ist die überkommene Terminologie ferner deshalb, weil Religionen zwar unter den Begriff der Weltanschauungen zu subsumieren sind, umgekehrt Weltanschauungen aber nicht zwingend Religionen sind. Im Gegenteil: Die Weltanschauung des evolutionären Humanismus beispielsweise ist gerade nicht an "heiligen", d.h. unantastbaren Wertsetzungen orientiert, sondern am fortschreitenden wissenschaftlichen Forschungsprozess.[26] Insgesamt haben säkularistische Bewegungen einen stark weltanschaulichen Charakter, der Säkularismus selbst lässt sich mit Blick auf sein objektives Erscheinungsbild unter den Begriff der Weltanschauung subsumieren.[27]

Hinzu kommt, dass das Religionsrecht der Religion selbst dienen soll[28], und mit Blick auf das Christentum entstanden[29] und organisationsrechtlich dementsprechend auch auf die besonderen Eigenschaften der christlichen Kirchen zugeschnitten ist. Deutlich wird dies z. B. an den Bestimmungen zu den jeweiligen Mitgliedschaften: Als Kirchenmitglied gilt, wer als Säugling getauft wurde, als Mitglied einer humanistischen Organisation hingegen gilt nur, wer im mündigen Alter einen entsprechenden Mitgliedsantrag unterschrieben hat. Dies hat weitreichende Folgen, denn die gesellschaftliche Bedeutung der Kirchen beruht auf der Behauptung, dass sie die Interessen all jener Menschen vertreten, die als Säuglinge getauft wurden und den Kirchenaustritt (noch) nicht vollzogen haben. Diese Behauptung trifft in der heutigen Rechtswirklichkeit jedoch nicht zu, was sich mit empirischen Daten und Rechtsauslegungen nachweisen lässt.[30]

Im allgemeinen und philosophischen[31] Sprachgebrauch dient der Begriff der Weltanschauung als Oberbegriff für alle umfassenden Sinnsysteme religiöser oder nichtreligiöser Natur. Im Grundgesetz entspricht die Verwendung der Begriffe "Religion" und "Weltanschauung" jedoch nicht deren allgemeinem und philosophischem Bedeutungsgehalt:[32] Das Grundgesetz verwendet die Begriffe "religiös" und "weltanschaulich" uneinheitlich. An manchen Stellen wird einer der beiden Begriffe isoliert (Art. 3 Abs. 3 S. 1 GG, Art. 7 Abs. 3 GG), an anderen Stellen nebeneinander (Art. 4 Abs. 1 GG, Art. 7 Abs. 5 GG, Art. 33 Abs. 3 S. 2 GG) bzw. als Wortzusammensetzung verwendet. Entsprechendes gilt für die über Art. 140 GG inkorporierten Art. 136, 137, 138 und 141 WRV, was vielfach zu Diskriminierungen führt(e).[33] So wurde bzw. wird beispielsweise die Forderung, an Schulen analog zum Religionsunterricht einen Weltanschauungsunterricht anzubieten, teilweise mit dem Argument zurückgewiesen, verfassungsrechtlich bestehe darauf kein Anspruch, weil im Rahmen von Art. 7 Abs. 3 GG Weltanschauungsgemeinschaften nicht erwähnt und damit nicht generell gleichgestellt seien.[34]

Trotz der vom allgemeinen Sprachgebrauch abweichenden Verwendung der Begriffe "Religion" und "Weltanschauung" durch das Grundgesetz, vertreten Verfassungsrechtler vereinzelt die Ansicht, dass der Begriff der Weltanschauung als Oberbegriff aufgefasst werden sollte, der die Religion mit umfasst. Begründet wird dies mit der von Art. 137 Abs. 7 WRV intendierten Gleichstellung von Religions- und Weltanschauungsgesellschaften.[35] Einige Autoren verwenden unter Rückgriff auf die Begrifflichkeiten des Grundgesetzes für das in Rede stehende Rechtsgebiet die Bezeichnung "Religions- und Weltanschauungsrecht", welche die nichtreligiösen Sinnsysteme wenigstens gleichberechtigt neben den religiösen Sinnsystemen erwähnt.[36]

Aus Gründen der wissenschaftlichen Eleganz sowie zur Vermeidung weiterer Diskriminierungen nicht-religiöser gegenüber religiösen Weltanschauungen, scheint es angezeigt, den Begriff "Weltanschauungsrecht" alleinstehend zu verwenden. Das Religionsrecht im engeren Sinne ist dabei automatisch inbegriffen (Art. 4 Abs. 1 GG, Art. 137 Abs. 7 WRV i. V. m. Art. 140 GG). "Weltanschauung" sollte also als – weltanschaulich neutraler – Oberbegriff verwendet werden, "Religion" hingegen als Unterbegriff. Damit ist der in den Rechtswissenschaften schon etablierte Begriff durchaus anzuwenden, jedoch weiterzuentwickeln. Letztlich ist mit dem Begriff des Weltanschauungsrechts die inhaltliche Verengung aufzubrechen, die durch die bisher gebräuchlichen Begriffe "Staatskirchenrecht", "Religionsrecht" oder "Religionsverfassungsrecht" entstanden ist. Bei dieser Korrektur der Terminologie geht es nicht um linguistische Liebhabereien oder das Walten einer "Sprachpolizei". Jedoch bestimmt auch in den Rechtswissenschaften die Sprache das Denken – sowohl beim Gesetzgeber als auch in Gerichten. Dass diese Anregung zur Orientierung der Terminologie an obersten Verfassungsprinzipien wie der weltanschaulichen Neutralität des Staates nicht von der Motivation getragen ist, eine "antichristliche Ideologie zu stützen"[37] wie manche Kirchenrechtler behaupten, sei noch einmal ausdrücklich betont.

IV. Weltanschauungsrecht im weiteren Sinne

Im weiteren Sinne bezeichnet "Weltanschauungsrecht" eine sehr viel umfangreichere Rechtsmaterie, die bislang in der rechtswissenschaftlichen Forschung noch nicht die gebotene Aufmerksamkeit erfahren hat. Dazu gehört die Frage, ob Rechtspolitik und Rechtsprechung[38] die im Grundgesetz verankerte Freiheit des Individuums, gemäß seinen eigenen weltanschaulichen Überzeugungen zu leben, in hinreichender Weise berücksichtigen. Tatsächlich zeigt sich unter Beachtung dieser erweiterten weltanschauungsrechtlichen Perspektive, dass die Freiheiten der Bürgerinnen und Bürger in vielen Rechtsgebieten in illegitimer Weise beschnitten werden – und zwar von der Wiege bis zur Bahre, ja sogar darüber hinaus, nämlich vom Embryonenschutz bis hin zum Friedhofszwang.[39] Bei genauerer Betrachtung wird deutlich, dass viele Rechtsnormen und staatliche Einrichtungen nicht weltanschaulich neutral gehalten sind, sondern auf spezifischen weltanschaulichen (vornehmlich christlichen) Prämissen beruhen, was gegen oberste Verfassungsprinzipien verstößt.

Insbesondere ist ein Verstoß gegen das Gebot der weltanschaulichen Neutralität des Staates zu konstatieren.[40] Das Neutralitätsgebot ist wohl die am stärksten missachtete Forderung der Verfassung.[41] Zwar wurde mit der Weimarer Reichsverfassung im Jahr 1919 formal das Staatskirchentum beendet und der Trennungsbefehl von Staat und Religion erhielt Verfassungsrang. Vielfach wird heute jedoch noch immer von Politik, Gesetzgebung, Rechtsprechung und Verwaltung gegen das Neutralitätsgebot des Staates verstoßen.

Das Neutralitätsgebot beinhaltet nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ein Identifikations-, Privilegierungs- und Diskriminierungsverbot: dem Staat ist es verwehrt, sich durch von ihm ausgehende oder ihm zuzurechnende Maßnahmen mit einer bestimmten Weltanschauung zu identifizieren und dadurch den religiösen Frieden in einer Gesellschaft von sich aus zu gefährden.[42] Die Privilegierung bestimmter Bekenntnisse ist ebenso untersagt wie die Ausgrenzung oder Schlechterstellung Nichtgläubiger und Andersgläubiger. Die Einführung staatskirchlicher Rechtsformen ist unzulässig. Auch eine inhaltliche Orientierung am kulturgeschichtlichen Erbe des Christentums oder anderer religiöser und nichtreligiöser Weltanschauungen ist nach dem Grundgesetz nicht zulässig.[43]

Der Rechtsstaat muss zwar die Freiheit der Religionsausübung garantieren (als Teil der allgemeineren Weltanschauungsfreiheit), bedarf selbst aber keinerlei religiöser Legitimation. Derartige Legitimationen stehen sogar im Widerspruch zu der für den Rechtsstaat zentralen Idee des Gesellschaftsvertrags, die klarstellt, dass die Werte des Zusammenlebens nicht durch "höhere" (religiöse) Instanzen vorgegeben sind, sondern unter den Gesellschaftsmitgliedern rational, fair und demokratisch ausgehandelt werden. Der moderne freiheitliche Verfassungsstaat ist säkular und legitimiert sich und sein Recht nicht mehr religiös.[44] Keine Religionsgemeinschaft darf sich des Sinnes der Verfassung bemächtigen, denn der Staat des Grundgesetzes hat weder eine Staatsreligion noch eine Staatsideologie.[45] Dennoch ist Weltanschauungsneutralität nicht gleichzusetzen mit Wertneutralität. Selbstverständlich verkörpert das Grundgesetz eine wertegebundene Ordnung. Die einzigen Werte und Prinzipien, welche sich der Staat in legaler und legitimer Weise zu eigen machen und aktiv fördern darf, sind die Grundrechte und sonstigen Verfassungsgebote des freiheitlich-demokratischen Rechtsstaats.[46]

Die Neutralitätsnorm ist fundamental. Sie ist eine der zentralen Voraussetzungen für gesellschaftlichen Frieden in einer pluralen Gesellschaft. Denn in einem demokratischen Staat, in dem Anhänger unterschiedlicher weltanschaulicher Überzeugungen zusammenleben, kann die friedliche Koexistenz nur gelingen, wenn der Staat selbst in Weltanschauungsfragen Neutralität bewahrt.[47]

Heute wird der weltanschaulich neutrale Staat vor allem von zwei Seiten unter Druck gesetzt: Erstens durch die evangelische und katholische Kirche mit dem Beharren auf überkommene Formen des Staatskirchentums sowie dem demokratietheoretisch problematischen Vorgehen bei der Verankerung von kirchlichen Normen und (finanziellen) Forderungen[48] bei Bund, Ländern und Kommunen. Zweitens durch den legalistischen Islamismus zur Durchsetzung der Scharia und die Forderungen von Islamverbänden nach "religiösen Sonderrechten", die sich an den Privilegien der christlichen Kirchen orientieren.[49]

Gewissermaßen als Spiegelbild zu den Normen und Forderungen, welche die weltanschauliche Neutralität des Staates angreifen, erstreckt sich das Weltanschauungsrecht im weiteren Sinne auf alle Rechtsbereiche – hinsichtlich ganz unterschiedlicher Materien vom Strafrecht bis zum Schulrecht. Im Rahmen des Weltanschauungsrechts kann ein rechtsanalytischer Rahmen entwickelt werden, die in Frage stehenden Normen und deren Umsetzung hinsichtlich des Gebots der weltanschaulichen Neutralität sowie der organisatorischen Trennung von Staat und Weltanschauung auf den Prüfstand zu stellen.

Zwar sind im Prinzip eine verfassungskonforme Gesetzgebung und Rechtsumsetzung ausreichend – wie vom Parlamentarischen Rat 1949 vorgesehen – durch das Bundesverfassungsgericht als erstem und wichtigstem "Hüter der Verfassung" abzusichern. Angesichts des historisch gewachsenen und nicht vollständig gelösten Staatskirchentums und des enormen Ausmaßes der Durchdringung des Staates durch verfassungswidrige weltanschauliche Normen, teilweise verstärkt durch die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, scheint jedoch ein "Neutralitäts-Mainstreaming" des Rechts geboten – vergleichbar zum Ansatz des "Gender-Mainstreaming" wie es angesichts der Herausforderung der Gleichstellung zwischen Frauen und Männern entwickelt wurde.

Für die Notwendigkeit eines umfassenden "Neutralitäts-Mainstreamings" gibt es viele Beispiele[50], pars pro toto sei dieses hier herausgegriffen: 2015 hat der Gesetzgeber die Freiheit der Bürgerinnen und Bürger, ihr Leben nach den eigenen Überzeugungen beenden zu können, durch die Verabschiedung des § 217 StGB (Geschäftsmäßige Förderung der Selbsttötung) stark beschnitten. Mit diesem "Sterbehilfeverhinderungsgesetz" machte der Bundestag den Staat zum strafrechtsbewehrten Durchsetzer einer religiösen Weltanschauung. Der Gesetzgeber folgte ausweislich der öffentlichen Stellungnahmen maßgeblicher Politikerinnen und Politiker der christlichen Sittenlehre und erhob deren Werte zur allgemeinverbindlichen Norm – noch dazu gegen den erklärten Willen von 80 Prozent der Bürgerinnen und Bürger.[51] Rationale, evidenzbasierte und allgemein akzeptierbare Gründe wurden vom Gesetzgeber für die neue Strafnorm nicht vorgelegt. Nachfolgend missachtete die Bundesregierung sogar zusätzlich noch das Urteil des Bundesverwaltungsgerichtes, mit dem ein Teil der Freiheit von Betroffenen zwischenzeitlich auf dem Rechtsweg wiederhergestellt worden war.[52]

V. Fazit

Auf dem Boden des Grundgesetzes dürfen Freiheitsbeschränkungen durch den Staat nur zur Aufrechterhaltung solcher Rechtsgüter erfolgen, deren Vorrang der Gesetzgeber und die Verwaltung unter dem Gesichtspunkt der Gerechtigkeit neutral (weltanschauungsübergreifend) und rational (evidenzbasiert sowie logisch konsistent) begründen kann. Dasselbe gilt für Fördermaßnahmen zur Stärkung eben jener Rechtsgüter. Weltanschauliche Neutralität ist somit ein objektives Verfassungsgebot und ein Qualitätskriterium der Rechtstaatlichkeit, das dem staatlichen Handeln von Bund und Ländern klare Grenzen setzt.[53]

Mit dem Begriff des "Weltanschauungsrechts" könnte die inhaltliche Verengung aufgebrochen werden, die durch die bisher gebräuchlichen Begriffe "Staatskirchenrecht", "Religionsrecht" oder "Religionsverfassungsrecht" entstanden ist. Es scheint letztlich ein systematisches Mainstreaming des Neutralitätsgebots erforderlich zu sein. Eine entsprechende politische Strategie würde dazu beitragen, dass in allen Entscheidungsprozessen in Rechtspolitik und Rechtsprechung die im Grundgesetz verankerte Freiheit des Individuums, nach seinen eigenen weltanschaulichen Überzeugungen zu leben, ausreichend berücksichtigt wird.

 


[1] In überkommener Weise auch als positive Religionsfreiheit bezeichnet.

[2] In überkommener Weise auch als negative Religionsfreiheit bezeichnet.

[3] Z. B. Nationalsozialismus, Maoismus, Marxismus-Leninismus.

[4] Z. B. Islamische Republik Iran, katholische absolute Monarchie des Staates Vatikanstadt.

[5] Vgl. Schmidt-Salomon, Die Grenzen der Toleranz: Warum wir die offene Gesellschaft verteidigen müssen, 2016, S. 121.

[6] BVerfG 11.4.1972 – 2 BvR 75/71, BVerfGE 33, 23.

[7] Zur Frage Was ist eine Weltanschauungsgemeinschaft? siehe den Beitrag von Rath in diesem Band.

[8] Korioth in Maunz/Dürig, GG, 85. EL 2018, Art. 140 Rn. 2.

[9] Auch in der Zeit des Nationalsozialismus gelangte vorübergehend der Begriff des Religionsrechts zur Anwendung. In der Adenauer-Ära sprach man aber wieder so gut wie nur von Staatskirchenrecht. Czermak NVwZ 1999, 743.

[10] Czermak/Hilgendorf, Religions- und Weltanschauungsrecht, 2. A. 2018, S. 15.

[11] Zum Nachfolgenden: Unruh, Religionsverfassungsrecht, 4. A. 2018, S. 23 f. m. w. N.; Korioth in Maunz/Dürig, GG, 85. EL 2018, Art. 140 Rn. 3; Czermak NVwZ 1999, 743, 744. Eine vermittelnde Position nimmt Neureither in Grzeszick, Aktuelle Entwicklungen des Kirchen- und Staatskirchenrechts, 2014, S. 63, ein, denn seiner Auffassung nach enthalten die Weimarer Kirchenartikel sowohl institutionelle, objektive als auch grundrechtsähnliche, subjektive Regelungen, so dass jeder der Begriffe Staatskirchenrecht und Religionsverfassungsrecht einen Teilaspekt erfasst und beide gleichberechtigt nebeneinander verwandt werden sollten.

[12] Waldhoff in Heinig/Munsonius, 100 Begriffe aus dem Staatskirchenrecht, 2012, S. 204; Classen, Religionsrecht, 2006, S. 1 f.

[13] Muckel in de Wall/Muckel, Kirchenrecht, 5. A. 2017, S. 63.

[14] Waldhoff in Heinig/Munsonius, 100 Begriffe aus dem Staatskirchenrecht, 2012, S. 203.

[15] So z. B. Hillgruber KuR 24 (2018), 1–20. Auch nach von Camphausen/de Wall, Staatskirchenrecht, 4. A. 2006, S. 39 hat der Begriff eine bleibende Berechtigung.

[16] Unruh, Religionsverfassungsrecht, 4. A. 2018, S. 24 f. m. w. N.

[17] Waldhoff in Heinig/Munsonius, 100 Begriffe aus dem Staatskirchenrecht, 2012, S. 205 und von Camphausen/de Wall, Staatskirchenrecht, 4. A. 2006, S. 77 unter Verweis auf BVerfG 19.12.2000 – 2 BvR 1500/97, BVerfGE 102, 370, 387 Zeugen Jehovas: "Körperschaftsstatus als Mittel zur Entfaltung der Religionsfreiheit". Für eine instruktive Analyse dieser Rechtsprechung des BVerfG siehe Neureither in Grzeszick, Aktuelle Entwicklungen des Kirchen- und Staatskirchenrechts, 2014, S. 47–64.

[18] Walter, Religionsverfassungsrecht, 2006, S. 607; ebenso Hillgruber KuR 24 (2018), 1, 5.

[19] Korioth in Maunz/Dürig, GG, 85. EL 2018, Art. 140 Rn. 3 mit Verweis auf BVerfG 19.12.2000 – 2 BvR 1500/97, BVerfGE 102, 370, 387, 393.

[20] Autoren begnügen sich dann beispielsweise am Rande mit dem Hinweis, dass Weltanschauungsgemeinschaften den Religionsgemeinschaften nach Art. 137 Abs. 7 WRV gleichgestellt sind und das Verhältnis von Staat und Weltanschauungsgemeinschaften noch zum Religionsrecht gehört. Vgl. z. B. Ehlers in Sachs, GG, 8. A. 2018, Art. 140 Rn. 7.

[21] Die nachfolgenden und weitere statistische Daten zu Religionszugehörigkeiten finden sich auf der Internetseite der Forschungsgruppe Weltanschauungen in Deutschland (fowid): https://fowid.de.

[22] Verbreitung von Scharia-Rechtsnormen, die nicht mit den staatlichen Rechtsnormen vereinbar sind, u.a. Strafrecht, Gleichberechtigung der Geschlechter, sexuelle Selbstbestimmung. Vgl. Wagner, Richter ohne Gesetz: Islamische Paralleljustiz gefährdet unseren Rechtsstaat, 2011.

[24] Unruh, Religionsverfassungsrecht, 4. A. 2018, S. 25.

[25] Heckel in Heckel, Gesammelte Schriften. Staat – Kirche – Recht – Geschichte, Bd. V, 2004, S. 306.

[26] Vgl. Schmidt-Salomon, Manifest des evolutionären Humanismus, 2. A. 2006 und Schmidt-Salomon, Hoffnung Mensch – Eine bessere Welt ist möglich, 2014.

[27] Heinig in Häberle/Hattler, Islam – Säkularismus – Religionsrecht, 2012, S. 82.

[28] Häberle in Häberle/Hattler, Islam – Säkularismus – Religionsrecht, 2012, S. 5.

[29] Muckel in Häberle/Hattler, Islam – Säkularismus – Religionsrecht, 2012, S. 77.

[30] S. a. Neumann/Frerk, Staatliches Kirchensteuerrecht an die Rechtswirklichkeit anpassen in diesem Band.

[31] Heinrichs, Religion und Weltanschauung im Recht, 2017, S. 52 weist darauf hin, dass in der deutschen Philosophie des 19. und 20. Jhd. unter Weltanschauung ein subjektiv geprägtes, einheitliches Modell von Welterkenntnis und Weltdeutung verstanden wird – egal ob dieses religiös oder nicht religiös bestimmt ist.

[32] Zum Nachfolgenden Czermak, Religionsrecht oder Weltanschauungsrecht, https://weltanschauungsrecht.de/religionsrecht-oder-weltanschauungsrecht.

[33] Czermak/Hilgendorf, Religions- und Weltanschauungsrecht, 2. A. 2018, S. 16 m. w. N.

[34] Häberle in Häberle/Hattler, Islam – Säkularismus – Religionsrecht, 2012, S. 24 mit Verweis auf Waldhoff, Neue Religionskonflikte und staatliche Neutralität, Gutachten 2010, S. 107.

[35] Unruh in von Mangoldt/Klein/Starck, GG, 7. A. 2018, Art. 137 WRV Rn. 272 m. w. N.; Morlok in Dreier, GG, 3. A. 2018, Art. 137 WRV Rn. 126 m. w. N.

[36] S. z. B. Czermak/Hilgendorf, Religions- und Weltanschauungsrecht, 2. A. 2018. Ähnlich auch Heinrichs, Religion und Weltanschauung im Recht, 2017.

[37] So die Befürchtung von Muckel in de Wall/Muckel, Kirchenrecht, 5. A. 2017, S. 61.

[38] Heckel in Heckel, Gesammelte Schriften. Staat – Kirche – Recht – Geschichte, Bd. V, 2004, S. 303 weist zu Recht auf die "Führungsrolle" des Bundesverfassungsgerichts im Staatskirchenrecht im Vergleich zur staatskirchenrechtlichen Theorie hin.

[39] Siehe diesbezüglich die umfassende Analyse von Schmidt-Salomon, Der blinde Fleck des deutschen Rechtssystems – Über die Missachtung des Gebots der weltanschaulichen Neutralität in diesem Band.

[40] Grundlegend Huster, Die ethische Neutralität des Staates, 2. A. 2017; aktuell auch Dreier, Staat ohne Gott, 2018, Kapitel III.

[41] Czermak/Hilgendorf, Religions- und Weltanschauungsrecht, 2. A. 2018, S. 93.

[42] Statt aller BVerfG 18.10.2016 – 1 BvR 354/11, BVerfG NJW 2017, 381 (st. Rspr.).

[43] Germann in Epping/Hillgruber, GG, Stand: 1.3.2016, Art. 4 Rn. 16.

[44] Muckel in Häberle/Hattler, Islam – Säkularismus – Religionsrecht, 2012, S. 62.

[45] Heckel in Heckel, Gesammelte Schriften. Staat – Kirche – Recht – Geschichte, Bd. V, 2004, S. 307.

[46] S. hierzu Czermak, Ethische Rechtsfragen und das Verbot der Staatsideologie, https://weltanschauungsrecht.de/meldung/verbot-staatsideologie; Neumann, Strategien ideologischer Begriffsbildung im Recht, https://weltanschauungsrecht.de/ulfrid-neumann-moral-recht.

[47] BVerfG 26.6.2002 – 1 BvR 670/91, BVerfGE 105, 279.

[48] Vgl. hierzu Frerk, Kirchenrepublik Deutschland. Christlicher Lobbyismus, 2015.

[49] Vgl. hierzu Bundesamt für Verfassungsschutz, Islamismus: Entstehung und Erscheinungsformen, 2013, S. 22: "Um ihre Vorstellungen umzusetzen, betreiben Funktionäre und Unterstützer dieser Organisationen Lobbyarbeit. Sie nutzen dabei intensiv die Möglichkeiten des deutschen Rechtsstaates ("Gang durch die Instanzen"). Nach innen sollen für die Mitglieder umfassende und dauerhafte Freiräume für ein schariakonformes Leben geschaffen werden. Dadurch können sich jedoch islamistisch geprägte Parallelgesellschaften entwickeln…" und http://www.verfassungsschutz.bayern.de/islamismus/definition/erscheinung... "Die meisten Islamisten in Deutschland lehnen es ab, Gewalt zur Durchsetzung ihrer Ziele anzuwenden. Nicht-gewaltorientierte, sogenannte legalistische islamistische Gruppen verfolgen ihre extremistischen Ziele mit politischen Mitteln innerhalb der bestehenden Rechtsordnung. Sie bestehen auf einer strengen Lesart des Korans, der unabhängig von Zeit und Ort für alle Menschen gültig ist. Richtschnur sind die Weisungen, die im islamischen Recht der Scharia enthalten sind. Die Vorschriften der Scharia dürfen ihrer Ansicht nach nicht relativiert werden."

[50] Vgl. im Überblick https://weltanschauungsrecht.de/schwerpunkte. Im Detail u.a.: Haupt in Ortner/Sabin, Politik ohne Gott: Wie viel Religion verträgt unsere Demokratie?, 2014, S. 145–161.

[51] Zum Hintergrund Schmidt-Salomon, Freitodhilfe im liberalen Rechtsstaat – Stellungnahme zu den Verfassungsbeschwerden gegen § 217 StGB, 27.9.2016.

[52] Vgl. Ulfrid Neumann, Rechtstheoretische und -methodologische Aspekte der Diskussion zum Natriumpentobarbital-Urteil des Bundesverwaltungsgerichts in diesem Band.

[53] Zu dieser Forderung der Liberalen Rechtstheorie Czermak/Hilgendorf, Religions- und Weltanschauungsrecht, 2. A. 2018, S. 99 ff.; s. auch https://weltanschauungsrecht.de/Liberale-rechtstheorie.