Rezension zu Habermas: Auch eine Geschichte der Philosophie

Jürgen Habermas, Auch eine Geschichte der Philosophie, 2 Bände

Rezension von Prof. Dr. Hartmut Kreß, Bonn

In einem zweibändigen Werk analysiert der prominente Philosoph Jürgen Habermas den Sachverhalt, dass sich die Philosophie der Gegenwart von Religion und Metaphysik verabschiedet hat. Habermas selbst umschreibt sein Anliegen dahingehend, er wolle eine "Genealogie" nachmetaphysischen Denkens entfalten. Er realisiert sein Vorhaben auf einer äußerst breiten religions- und philosophiegeschichtlichen Basis, die vom ersten vorchristlichen Jahrtausend bis zum 19., teilweise zum 20. Jahrhundert reicht. Indirekt setzt er hiermit einen Impuls, der noch sehr viel weiter reicht. Denn analog zu den Aspekten, die er zur Ablösung der Philosophie von Religion, Metaphysik und Theologie entfaltet hat, lässt sich gleichfalls die Emanzipation des Staates und der Rechtsordnung von Religion und Metaphysik erörtern. Liest man sein Buch unter diesem erweiterten Blickwinkel, gewinnt es eine aktuelle rechtsethische und verfassungspolitische Pointe.

Nachfolgend sind zunächst (I) einige Schlüsselbegriffe und der Duktus der beiden Bände wiederzugeben. Danach (II) werden Punkte angesprochen, die nach der Lektüre offenbleiben und weiterer Klärung bedürfen. Abschließend (III) soll die Leitidee des Werks – die Emanzipation der Philosophie von der Religion – extrapoliert und ihre Bedeutung für ein säkulares Rechts- und Staatsverständnis unterstrichen werden.

I.

(a) Habermas geht vom Faktum der Ablösung heutiger Philosophie von der Religion und von traditioneller Metaphysik aus. In der Tat ist festzuhalten, dass wichtige Themen der Welt- und Existenzdeutung, die ehemals religiös besetzt waren und vornehmlich in der Logik der Religionen erörtert wurden, inzwischen zum Gegenstand profanen Denkens geworden sind und philosophisch im rationalen säkularen Verstehenshorizont reflektiert werden. Habermas selbst beschreibt die Intention seines Werkes mit den Worten, er habe "den Prozess der ‚Einwanderung‘ theologischer Gehalte ins profane Denken als einen philosophisch nachvollziehbaren Lernprozess" aufzeigen wollen (Bd. 2 S. 806). Das Ergebnis dieses Lernvorgangs ist für ihn philosophisch die Idee einer "vernünftigen Freiheit" des Menschseins.   

Den Lernprozess, der diese heutige Einsicht in die vernünftige Freiheit menschlicher Existenz zuwege brachte, beschreibt Habermas in zehn Buchkapiteln. Zunächst widmet er sich der sog. Achsenzeit, auf die Karl Jaspers aufmerksam gemacht hatte, also jener Phase der Geistesgeschichte um 500 vor Christus, in der sich in den damaligen Hochkulturen universale Mythen und sakrale Riten ausprägten. Habermas zufolge war dies ein gewichtiger Einschnitt, weil hierdurch die Rationalisierung menschlicher Weltbetrachtung gefördert worden sei. Näherhin geht er auf jüdische, griechische oder christliche, kursorisch auf fernöstliche Weltdeutungen seit der Achsenzeit ein. Anschließend behandelt sein Buch weitflächig unterschiedlichste Sichtweisen zum Verhältnis von Religion und Philosophie in der abendländischen Antike und im christlichen Mittelalter. Dabei weist er auf Ideen hin, die schon im Mittelalter die säkulare Moderne vorbereitet haben: etwa das Interesse an der menschlichen Willensfreiheit bei Duns Scotus (Bd. 1 S. 794), die Befreiung des Staats- und Rechtsverständnisses vom göttlichen Naturrecht und kirchlicher Dominanz bei Marsilius von Padua (Bd. 1 S. 161, S. 871) oder die Entdeckung des Rechts jedes Menschen auf Eigentum in der spanischen Spätscholastik (Bd. 1 S. 914).

Sehr wichtig ist für Habermas, dass die von Martin Luther initiierte protestantische Reformation Religion und Philosophie, Glaube und Vernunft gezielt voneinander getrennt hat. Hierdurch sei ein Anschub erzeugt worden, aufgrund dessen die Philosophie ihrerseits ein nachmetaphysisches Profil erlangen, den Bezug auf eine Gottesidee abstreifen und stattdessen das menschliche Subjekt bzw. die subjektive Vernunft in den Vordergrund rücken konnte (Bd. 2 S. 13 f.). Der endgültige Durchbruch zu nachmetaphysischem Denken ereignete sich – wie Habermas naheliegenderweise darlegt – in der Aufklärung. Den Leitbegriff, der ein die Religion überschreitendes philosophisches Denken charakterisiert, nämlich die "vernünftige Freiheit", sieht er bei Immanuel Kant fundiert. Zu dieser vernünftigen Freiheit legt er im gleichen Atemzug – in seinem Buch allerdings über viele hundert Seiten ausgebreitet – Präzisierungen dar: Wenn man über das Phänomen vernünftiger Freiheit nachdenke, dürfe man sich nicht nur auf den einzelnen Menschen als autonomes Subjekt beschränken, so wie es bei Kant geschah. Vielmehr sei vernünftige Freiheit auf der Grundlage der Geistes- und Kulturentwicklung sowie im Horizont intersubjektiver Kommunikation zu thematisieren. Deshalb bringt Habermas neben Kants Transzendentalphilosophie die neuzeitliche Geschichts- und die moderne Sprachphilosophie ins Spiel.

Im Ergebnis markiert der säkular philosophische Zugriff auf Freiheit und Vernunft für Habermas einen Perspektiven- und Paradigmenwechsel, weil religiöse Denkmuster überschritten worden seien. Eher beiläufig spricht er noch einen weiteren Einschnitt an. Korrespondierend zur profanphilosophischen vernünftigen Freiheit wandte sich die Staats- und Rechtstheorie in der Moderne von theokratischen, theonomen, kirchenrechtlichen, naturrechtlichen oder sonstigen religiösen Denkvoraussetzungen ab. Diesen Aspekt erörtert Habermas freilich nicht geschlossen oder systematisch. Abschließend (unten in Abschnitt III.) wird auf ihn nochmals zurückzukommen sein.

 (b) Habermas‘ Werk besticht durch zahlreiche instruktive geistesgeschichtliche Einzelanalysen. Exemplarisch sei seine Wiedergabe von zwei Autoren erwähnt, die die Emanzipation der Philosophie von der Religion in der Neuzeit wesentlich vorangetrieben haben: der jüdische Philosoph Baruch de Spinoza und der preußische Reformer Wilhelm von Humboldt. Spinoza gehört zu den Denkern, an deren Werk Habermas auch Gedankengänge zum Staat und zum Recht illustriert. In der Fluchtlinie subjektphilosophischer Reflexionen habe Spinoza für "die politische Lebensform eines demokratischen Staates" votiert (Bd. 2 S. 163), in dem die Gebote der Vernunft zu gelten haben. Daher trat er frühzeitig für Meinungs-, Bekenntnis-, Kunst-, Wissenschafts- und Lehrfreiheit ein. Das Werk Humboldts präsentiert Habermas mit anderer Zuspitzung. Er arbeitet nicht die Gedanken heraus, die Humboldt zu Freiheitsrechten, zur Toleranz oder zur Staatsreform entwickelt hat. Jedoch gibt er seine ebenfalls bahnbrechende Sprachphilosophie wieder. Diese habe "die universalisierende Kraft der Vernunft in der Fähigkeit der Gesprächsteilnehmer" gesehen, "ihre jeweilige[n] Perspektiven wechselseitig zu übernehmen" (Bd. 2 S. 465).

(c) Der voranstehend zitierte Satz lässt – erneut – die Idee der vernünftigen Freiheit aufscheinen, an der Habermas besonders viel liegt und die im Kern von Kant zur Geltung gebracht worden sei. In dem Buchkapitel über Kant tritt zugleich das Interpretationsmuster zutage, das Habermas‘ gesamtes Buch durchzieht. Er möchte nämlich aufzeigen, wie die Philosophie Aussagen, Vorstellungen oder gedankliche Motive der Religionen adaptiert hat. In diesem Sinne habe Kant das Werk Luthers beerbt. Im 16. Jahrhundert hatte Luther die Schattenseiten des Menschseins (Erbsündendogma) und die gläubige Innerlichkeit des Menschen ins Zentrum gerückt, und zwar mit der Pointe, dass der Mensch zu innerer Freiheit und zur Sündenvergebung durch göttliche Gnade gelange. Diese religiöse Gnadenlehre Luthers bildet – so Habermas – den ideellen Hintergrund, aus dem heraus Kant seine Subjekt- und Transzendentalphilosophie geformt habe: Kant habe "die determinierende Kraft der göttlichen Prädestination … in die gesetzgebende Kraft der praktischen Vernunft des Menschen ‚übersetzt‘". Luther sei von Kant "kühn" ausgelegt worden: "Die vernünftige Freiheit des menschlichen Willens besteht … nach dieser kühnen Lesart in der Bereitschaft, sich der ‚Natur‘ des Moralgesetzes (der als Gnadenwirkung interpretierten Anlage zum Guten) eher zu unterwerfen als der Natur unserer Affekte und Triebe". Inspiriert von Luther habe Kant eine "waghalsige ‚Übersetzung‘ des göttlichen Gnadenaktes in die Selbstermächtigung zur Autonomie" vorgenommen (Bd. 2 S. 327 f.).

Habermas‘ Darstellung gemäß hat Kant – und sei es in lockerer Anknüpfung und nur in assoziativer Form – religiöse Lehren Luthers aufgenommen und sie in eine Vernunft-, Freiheits-, Autonomie- und Moralphilosophie überführt, die sich auf das menschliche Subjekt konzentriert. Derartige Übertragungen aus der Religion in die Philosophie hält Habermas offensichtlich für beispielgebend und für wegweisend. Mit seiner "Übersetzung" von Religion in Philosophie unterscheide sich Kant wohltuend von dem schottischen Aufklärungsdenker David Hume, der die Religion lediglich "dekonstruiert" habe (Bd. 2 S. 228). Indem Kant eine "Rekonstruktion" von Religion (Bd. 2 S. 298 f.) vorgenommen habe, habe er veranschaulicht, wie man philosophisch von der Religion lernen könne.

(d) In anderen Passagen seines zweibändigen opus setzt Habermas dann allerdings noch einen ganz anderen Akzent. Er insistiert nämlich auf philosophischer Emanzipation von der Religion im Sinn von Abgrenzung und Überwindung. Aus diesem Grund übt er zum Beispiel überraschend scharf Kritik an der Rechts- und Gesellschaftstheorie von John Rawls. Mit seiner Konzeption des overlapping consensus habe Rawls den Religionen in der heutigen Gesellschaft einen zu hohen Stellenwert eingeräumt (Bd. 1 S. 96 ff.).

II.

Insgesamt wirft die Lektüre von Habermas‘ eindrucksvoller Publikation manche Rückfragen auf. Nachfolgend erfolgt (a) eine geistesgeschichtliche und sodann (b) eine methodische Anmerkung.

(a) Gerade weil Habermas‘ geistesgeschichtliche Darstellungen derart breit und umfassend angelegt sind, fragt man sich, warum er auf den Protagonisten moderner Religionskritik Friedrich Nietzsche praktisch überhaupt nicht eingegangen ist. Nietzsche hatte Habermas‘ Anliegen, eine "Genealogie" heutigen Denkens zu entwerfen (Bd. 1 S. 9, S. 70), sogar in Form eines Buchtitels vorweggenommen (F. Nietzsche, Zur Genealogie der Moral, Leipzig 1887) und sie methodisch reflektiert. Einen anderen Vordenker vernünftiger Freiheit hat Habermas noch nicht einmal erwähnt – ausgerechnet einen Denker, den Kant sehr geschätzt hatte, nämlich den jüdischen Aufklärungsphilosophen Moses Mendelssohn. Kant schrieb 1783 in einem Brief, Mendelssohn habe seine Freiheitsidee, konkret seine Begründung der Gewissens- und Religionsfreiheit "so gründlich und so hell vorgetragen", dass alle anderen hiervon nur lernen könnten (I. Kant, Akad.A. Bd. X S. 347, online unter diesem Link https://korpora.zim.uni-duisburg-essen.de/Kant/aa10/347.html). Dabei nahm Kant Bezug auf Mendelssohns Schrift "Jerusalem oder über religiöse Macht und Judentum" (Berlin 1783), in der dieser sich zur Erläuterung persönlicher Freiheit einerseits auf die englische Aufklärung, namentlich auf John Locke, andererseits auf die Ethik der jüdischen Religion gestützt hatte. Mendelssohn legte seine Argumentation so an, dass er nach plausiblen Konvergenzen zwischen Philosophie und Religion fragte. Mit diesem Ansatz hat er zu der von Habermas betonten Alternative – Umgang der Philosophie mit Religion als Dekonstruktion oder als Rekonstruktion – einen dritten Weg aufgezeigt, der bis heute Beachtung verdient.

(b) Systematisch bzw. methodisch ergeben sich Rückfragen zu Habermas‘ Verfahren, dem zufolge im Zuge der Beerbung von Religion durch Philosophie religiöse Aussagen in weltliche Diktion "übersetzt" werden sollen. Das Wort "Übersetzung" durchzieht die ca. 1700 Seiten seines Werks durchgängig. Es bleibt jedoch vage und methodisch unbestimmt. Gelegentlich hat Habermas sogar selbst die mangelnde Treffgenauigkeit und die wortspielerische Dimension des Wortes zu erkennen gegeben, indem er seinen eigenen Leitbegriff distanzierend in Anführungszeichen setzte (z.B. Bd. 2 S. 191, S. 328, S. 768). Eher vage bleiben Begriffe, mit denen er den Term "übersetzen" paraphrasiert hat. Er spricht von Assoziation (Bd. 2 S. 665) oder vom Dechiffrieren (Bd. 2 S. 162), Entblättern (Bd. 2 S. 354), Umwidmen, Entziffern oder Transformieren (Bd. 2 S. 320) der Religion in und durch Philosophie.

Die Skepsis gegenüber der Methode des Übersetzens verstärkt sich noch, wenn man sich ihre Rezeption durch Dritte ansieht. Habermas hatte seinen Gedanken 2001 in der Rede vorgestellt, mit der er sich für die Verleihung des Friedenspreises des Deutschen Buchhandels bedankte (online unter diesem Link http://www.friedenspreis-des-deutschen-buchhandels.de/sixcms/media.php/1...). In der kirchlichen und theologischen Reaktion wurde dann unter anderem die Konsequenz gezogen, man könne und solle religiöse Anschauungen im modernen Pluralismus "zweisprachig" vortragen, d.h. je nach Adressat in herkömmlich religiöser oder in "übersetzter" weltlicher Wortwahl. Problematisch ist aber, dass hiermit Intransparenz und Verschleierung erzeugt werden. Sofern Kirchen oder Religionen gegenüber Politik und Öffentlichkeit ihre Positionen zu gesamtgesellschaftlich relevanten Themen, etwa zur Biomedizin, profan übersetzt bekunden, droht der partikulare religiöse Hintergrund verdeckt zu werden. Zudem handelt es sich bei solchem Übersetzen nicht selten um eine Einbahnstraße. Dies lässt sich auch daran ablesen, dass katholische Dokumente aktuell "Übersetzung" und "Evangelisierung" als Äquivalente verwenden. Gegebenenfalls fehlt auf religiöser bzw. kirchlicher Seite die Bereitschaft, die in die heutige Sprache transformierte religiöse Position einem echten kritischen Diskurs auszusetzen und die eigene Sicht einschließlich ihrer religiös-dogmatischen Hintergründe auch zu revidieren.

Insofern ist zu bedauern, dass Habermas in seinem neuen Buch zu bestimmten Vereinnahmungen des von ihm empfohlenen "Übersetzens" von Religion keinen – kritischen – Kommentar vorgetragen hat.

III.

Dies mindert nicht den Rang und die Durchschlagskraft seines Werks, das philosophisch um die vernünftige Freiheit kreist und das die Notwendigkeit betont, sich im offenen Diskurs stets um gute Gründe zu bemühen (Bd. 1 S. 173). Es liegt nahe, hieran anzuknüpfen und weitere Schlussfolgerungen zu nennen. Habermas hat sein zweibändiges Buch, das die Emanzipation der Philosophie von Religion und Metaphysik behandelt, unter dem Titel "Auch eine Geschichte der Philosophie" publiziert. Analog könnte man unter der Überschrift "Auch eine Geschichte von Staat und Recht" thematisieren, wie es um die Emanzipation des Staates und der Rechtsordnung aus der Umklammerung durch Kirche und Religionen bestellt ist. Habermas hat dieses Thema geistesgeschichtlich mehrfach zumindest gestreift, etwa in seiner oben erwähnten Präsentation von Spinoza oder in seinen Abschnitten über Kant, Hegel oder Marx.

In der Sache zeigt sich hier freilich eine Schieflage. Die von Habermas fokussierte Ablösung der Philosophie von der Religion ist heutzutage zur Realität, zum Faktum geworden. Anders verhält es sich mit der staatlichen Rechtsordnung. Grundsätzlich, theoretisch hat sich der heutige westliche Staat von Kirche und Religion zwar emanzipiert. Die auch von Habermas erwähnte klassische Funktion der Religion, dem Recht und dem Staat eine "höhere" Legitimation zu verleihen (Bd. 2 S. 541), ist zur bloßen Vergangenheit geworden. Dennoch bleiben zahlreiche Grundlagen- und Einzelfragen aktuell klärungsbedürftig. Obwohl laut Grundgesetz Staat und Kirche voneinander getrennt sind, sind faktisch viele Verschränkungen vorhanden. Es ist schon vor langem kritisiert worden, dass die Beziehung von Staat und Kirche in der deutschen Verfassung auf dem Niveau eines dilatorischen Formelkompromisses geregelt ist. Das Problem besteht noch heute. Zum Beispiel gelten noch im heutigen Pluralismus die öffentlichen Schulen prinzipiell als christlich (vgl. hierzu auch Art. 7 III GG, der die sog. bekenntnisfreie, also die weltanschaulich neutrale Schule zur Ausnahme erklärt). Oder: Nach wie vor leistet der Staat an die Kirchen Finanztransfers. Zu diesen Staatsleistungen hieß es bereits vor 100 Jahren in einem juristischen Kommentar zur Weimarer Verfassung, hier trete zutage, dass in Deutschland zwar "die Freiheit der Kirche vom Staat, aber die Dienstbarkeit des Staates gegenüber der Kirche erreicht" worden sei (Hans Nawiasky, Die Grundgedanken der Reichsverfassung, München 1920, S. 146). Diese Kritik hat ihre Aktualität nicht verloren.

Im Fazit zeigt sich: Die Emanzipation von der Religion, die Habermas in seinem neuen Werk für die Philosophie ins Licht rückt, ist bezogen auf den Staat und die Rechtsordnung bislang fragmentarisch und inkonsistent geblieben. Implizit vermitteln seine beiden Buchbände deshalb den Anstoß, zusätzlich zur Emanzipation der Philosophie auch die Emanzipation der Rechtsordnung und des Staates von der Religion zu durchdenken und dem Leitbild eines weltanschaulich neutralen bzw. eines säkularen, profanen Staates konsequent zum Durchbruch zu verhelfen.

Link zum Buch

Jürgen Habermas, Auch eine Geschichte der Philosophie, 2 Bände, Suhrkamp Verlag Berlin 2019, 1752 Seiten, ISBN 978-3-518-58734-8, EUR 98,00