Ist die Trennung von Staat und Kirche etwas Schlimmes?

Von Johann-Albrecht Haupt, Hannover

Vortrag an der Universität Göttingen: Ist die Trennung von Staat und Kirche etwas Schlimmes? Kirchensteuer, Staatsleistungen, Staatskirchenverträge 

Ich vermute, dass Sie mich als Vertreter derjenigen eingeladen haben, die über das Verhältnis von Kirche und Staat bzw. Kirche und Politik gerne Kritisches sagen. Die Zugehörigkeit zu dieser Gruppe Menschen räume ich ein. Für die Gelegenheit, im Rahmen Ihrer Vortragsreihe Kritisches beizusteuern, danke ich. In den Kreisen derer, die sich in der Staatspraxis aller Ebenen, in der Wissenschaft (jedenfalls der Rechtswissenschaft, die ich etwas überblicken kann), in der Gerichtspraxis und in der meinungsbildenden Publizistik mit dem Gegenstand befassen, sind Stimmen mit einem prinzipiell kritischen Ansatz selten, oder – umgekehrte Blickrichtung – haben diese Stimmen selten Gelegenheit, öffentlich mitzureden. Ich hatte nicht die Freude die Vorträge des vergangenen und des laufenden Semesters zu erleben, vermute aber mit Blick auf die Liste der Vortragenden, dass Auffassungen eher selten dabei waren, die den von mir vertretenen ähnlich sind.

Vorausschicken will ich, dass ich aus dem Blickwinkel eines Juristen vortrage, eines religionspolitisch interessierten und engagierten Juristen, der übrigens in Göttingen studiert hat und  der in seinem Berufsleben als Verwaltungsbeamter in Niedersachsen mit den hier zu erörternden Fragen zu tun hatte.

I.

Wer – wie ich im Folgenden – in religionspolitischen Diskussionen ungeschützt und ohne nähere Relativierung die Trennung von Staat und Kirchen (Religionsgemeinschaften) als zentralen Punkt der Verhältnisbestimmung postuliert, womöglich mit dem Zusatz, Religion sei im Kern Privatsache, gerät beinahe unweigerlich in den Verdacht der Kirchenfeindlichkeit. Daher meine Fragestellung: "Ist die Trennung von Staat und Kirche etwas Schlimmes?"

Bei politischen Diskussionen zum Themenbereich Kirche – Staat – Politik sind Meinungsäußerungen die Regel, die das Verhältnis von Religionsgemeinschaften zum Staat für im Grundsatz gut, den Einfluss der Religionen, namentlich der christlichen, auf die Gesellschaft für förderlich, "wertehaltig" und stabilisierend halten. Jede das Thema Religion berührende Rede eines Vertreters der politischen Klasse, eines Kirchenfunktionärs oder kirchlichen Würdenträgers geht von dieser Grundannahme aus. Die Kooperation von Staat und Kirche erscheint als das natürliche Gebot der Stunde, während das Beharren auf der prinzipiellen Trennung der Sphären als Rückfall in antagonistische Zeiten erscheint, als Kirchenkampf, als sozialistisches Narrativ oder naiv-liberale Reminiszenz. Nun ist nicht zu bestreiten, dass sich die beiden christlichen Amtskirchen

  • nach dem Ende der Monarchie und dem Eintritt in das republikanisch-demokratische Zeitalter,
  • nach der Ablösung der Staatskirche und des landesherrlichen Kirchenregiments,
  • nach der Etablierung der Trennung von Staat und Kirche durch die Weimarer Reichsverfassung,
  • nicht zu vergessen: nach den Erfahrungen der nationalsozialistischen Zeit und des von Deutschland angezettelten Krieges

bei allen auch höchst ambivalenten personellen Kontinuitäten in den kirchlichen Leitungsebenen nach 1945 inzwischen mit der allgemeinen Geltung der Menschenrechte und mit den parlamentarisch-demokratischen Verhältnissen arrangiert haben. Die katholische Kirche, die Gewissensfreiheit im 19. Jahrhundert noch als "pesthaften Irrtum" bezeichnete (Papst Gregor XVI.; ähnliche Ansichten im Syllabus errorum von Papst Pius IX.), brauchte bis zum zweiten Vaticanum (1964!)  um das Grundrecht der Religionsfreiheit für alle anzuerkennen. Kirchliches Leben ist heute gesellschaftlich integriert, gut organisiert und auch politisch ungeheuer einflussreich. Die Kirchen als religiöse Anbieter wirken allerdings offenbar immer weniger attraktiv: Das Christentum ist im allgemeinen Gerede von Sittlichkeit und Werteordnung zu einem Anbieter unter vielen für Sinnstiftung und Sonntagsgestaltung geworden. Parallel dazu wurde die Abwendung, ja Abwanderung von den Amtskirchen in Deutschland zu einem massenhaften Phänomen.

Die politische Macht der Kirchen ist seit dem zweiten Weltkrieg ungeachtet des Mitgliederschwundes stetig gewachsen, sodass es den Kirchen leicht fiel und fällt, ihren Frieden mit dem Staat zu schließen. Diesen Friedensschluss hat der Staat den Kirchen dadurch erleichtert, dass er ihnen nicht  nur – was gut und wichtig ist – den eigenen Wirkungskreis und umfassende Religionsausübungsfreiheit sicherte und garantierte, sondern dabei – und das ist mein Thema – auch ungemein komfortable Vorzugsbedingungen gewährte und noch gewährt, und zwar unter besonders tatkräftiger Mithilfe des Bundesverfassungsgerichts und der stark kirchlich orientierten Staatsrechtslehre.

Drei bekannte Beispiele für diese von mir als fragwürdig betrachteten "Vorzugsbedingungen" oder besser "Privilegien" der christlichen Kirchen will ich anfangs nur kurz skizzieren, nicht vertieft behandeln.

  1. Militärs.eelsorge
  2. Theologische Fakul.täten
  3. und das sog. "Privilegienbündel", das aus dem Status als Körperschaft des öffentlichen Rechts abgeleitet wird.

Zu a) Militärse.elsorge

Die angesichts des Grundrechts der Religionsausübungsfreiheit ebenso kluge wie –  da Soldaten als Mitglieder der Gesellschaft Grundrechte genießen – selbstverständliche Verfassungsentscheidung,   im "Heer", also in der Bundeswehr, "soweit ein Bedürfnis nach Gottesdienst und Seelsorge besteht", wie es in der Verfassung heißt, die Religionsgemeinschaften "zur Vornahme von religiösen Handlungen zuzulassen" (Art. 141 WRV), hat durch den Militärseelsorgevertrag des Bundes von 1957 h65mit der EKD (geschlossen von Adenauer und Strauß einerseits und Bischof Dibelius andererseits) einen gänzlich anderen Charakter angenommen: Über 200, staatlich als Bundesbeamte tätige und vom Bund bezahlte evangelische und katholische Geistliche – nebst nochmals mindestens ebenso vielen, ebenfalls staatlich bezahlten Hilfspersonen – üben innerhalb der Bundeswehr Seelsorgetätigkeiten in einem hierarchisch gegliederten und vom Staat selbst bürokratisch organisierten System aus. Diese etatistische Form der Militärseelsorge durch den Staat selbst, statt der bloßen "Zulassung zur Vornahme religiöser Handlungen", war kirchenintern stets und in den neuen Bundesländern nach 1989 besonders umstritten; inzwischen haben sich auch die  ostdeutschen Landeskirchen damit offiziell abgefunden. Hinzu kommt, dass für alle Soldaten "lebenskundlicher Unterricht" erteilt wird, der zwar ausdrücklich kein Religionsunterricht sein soll, aber – wie es in der entsprechenden Dienstvorschrift für Soldaten (ZDv 10/4, Stand Juni 2011, Ziffer 140 heißt, "in der Regel von [evangelischen und katholischen] Militärseelsorgerinnen und Militärseelsorgern" erteilt wird. Davon ist übrigens weder im Grundgesetz noch im Militärseelsorgevertrag die Rede.

Die gegenwärtige Form der Militärseelsorge gibt der evangelischen und der katholischen Kirche Sonderrechte und ist in seiner staatlichen Verfasstheit und Finanzierung eine glatte Überschreitung des Wortlauts der Verfassung ("Zulassung zur Vornahme religiöser Handlungen) und ein Verstoß gegen das Gebot der institutionellen Trennung von Staat und Kirchen.

Zu b) Theologische Fakul.täten

Die akademische Ausbildung der evangelischen und katholischen Theologen und der Religionslehrer der Schulen findet in Deutschland an staatlichen Universitäten durch staatliche, beamtete Hochschullehrer statt. Es gibt 19 evangelische und 12 katholische Fakultäten sowie zahlreiche andere Lehreinrichtungen. Bei der Einstellung des staatlichen Lehrpersonals gibt es ein verbindliches Mitspracherecht der Kirchen. Nahe liegt daher der Verdacht, dass auch insoweit ein Verstoß gegen das Trennungsprinzip vorliegt. Anders als etwa beim staatlichen Religionsunterricht an öffentlichen Schulen (Art. 7 Abs. 3 GG) gibt es im Grundgesetz keine die theologischen Fakultäten an staatlichen Hochschulen rechtfertigende Verfassungsnorm. Während die Weimarer Reichsverfassung den bei ihrem Inkrafttreten bestehenden theologischen Fakultäten (nur diesen!) eine Bestandsgarantie gab (Art. 149 Abs. 3 WRV), fehlt im Grundgesetz, welches doch sonst die weiteren Kirchenbestimmungen Weimars (einschließlich des Religionsunterrichts) im Wesentlichen übernommen hat, jede Erwähnung der theologischen Wissenschaft an Hochschulen.

Die Existenz theologischer Fakultäten als Sonderrecht der evangelischen und der katholischen Kirche (jedenfalls bisher) ist beileibe keineswegs eine Selbstverständlichkeit, sondern vielmehr eine begründungsbedürftige Abweichung vom Gebot der institutionellen Trennung von Staat und Kirchen. Jedoch hat die kirchenfreundliche Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts erwartungsgemäß im Lüdemann-Beschluss aus dem Jahr 2008 (BVerfGE 122, 89) auch den Bestand der theologischen Fakultäten als verfassungsrechtlich zulässig abgesegnet. Und zwar mit der Begründung: Hochschulen sind Ländersache. Aber: dürfen die Länder denn so ohne weiteres so weitreichende institutionelle Verknüpfungen von Staat und Religion schaffen?

Zu c) Status als Körperschaften des öffentlichen Rechts

Der Körperschaftsstatus von bestimmten Religionsgemeinschaften (das sind nicht nur die beiden christlichen Großkirchen) ist insoweit ein Ärgernis, als er ein Zwei-Klassen-System für Religionsgemeinschaften kreiert. Aber das sieht nun einmal die Verfassung vor und hat für die korporierten Religionsgemeinschaften eigentlich lediglich die Konsequenz, dass sie, verfassungsrechtlich gesichert, befugt sind, Kirchensteuern zu erheben (Art. 137 Abs. 6 WRV). Dass der Körperschaftsstatus darüber hinaus zum Anknüpfungspunkt für vielfältige Privilegien gegenüber anderen, nicht korporierten Religionsgemeinschaften geworden ist, hat sich praeter constitutionem entwickelt und ist mit dem Gedanken der Neutralität des Staates gegenüber allen Religionsgemeinschaften und der Parität aller Religionsgemeinschaften nicht vereinbar; die Verfassung bietet –außer der Garantie der Kirchensteuererhebung – an keiner Stelle Anhaltspunkte dafür, dass eine Vorzugsbehandlung der korporierten Religionsgemeinschaften gegenüber nicht korporierten Religionsgemeinschaften zulässig ist. Das in Rechtsprechung und Literatur offiziell so genannte Privilegienbündel beruht auf einfachen bundes- oder landesgesetzlichen Regelungen, vor allem, aber nicht nur, steuer- und gebührenrechtlicher Art; ich nenne nur mal ein Beispiel: die korporierten Religionsgemeinschaften, neben dem Staat die größten Immobilienbesitzer in Deutschland, zahlen weniger Gebühren für die Beurkundung von Grundstücksgeschäften als andere Religionsgemeinschaften, geschweige denn als der Normalbürger (§ 91 Gerichts- und Notarkostengesetz). Ein anderer Teil der Privilegien wird auf Gewohnheitsrecht aus der Zeit vor 1918 gestützt, also einer Zeit, welche die Trennung von Staat und Kirchen gerade noch nicht kannte.

Stichworte sind hier: Dienstherrenfähigkeit, Disziplinargewalt, Widmungsrecht, Parochialrecht, öffentlich-rechtliche Rechtsetzungsbefugnis. Diese Privilegien der korporierten gegenüber den anderen, privatrechtlich verfassten Religionsgemeinschaften sind verfassungsrechtlich nicht legitimiert. Wohlgemerkt: nicht gegen den Körperschaftsstatus wenden sich meine Bedenken (der steht ja in der Verfassung), sondern nur gegen die – ich sage mal deutlich – darüber hinaus frei erfundenen Privilegien.

Schon die drei Beispiele zeigen: Die deutsche Staatspraxis lässt den Amtskirchen und den Religionsgemeinschaften, welche Körperschaften des öffentlichen Rechts sind (und das sind im Wesentlichen de facto wiederum die Kirchen), eine Vorzugsbehandlung über das in der Verfassung vorgesehene Maß hinaus angedeihen, welche sich die so Bevorzugten – was Wunder – auch ganz ungezwungen gefallen lassen und die sie – wie auch ihre weiteren Vorzugsstellungen – erforderlichenfalls mit Nachdruck gegen Änderungsversuche verteidigen.

II.

Das deutsche Staatskirchenrecht wird im Allgemeinen als vorbildlich gepriesen, auch im Vergleich zu den anderen westlich-demokratischen Ländern. Das Verhältnis des Staates zu den Religionsgemeinschaften in Deutschland wird beschrieben als das einer positiven, fördernden Neutralität des Staates, einer kooperativen oder religionsfreundlichen Trennung von Staat und Religion, welche den Religionsgemeinschaften ihren notwendigen Entfaltungsfreiraum sichert.  Es zeichne sich aus durch seine vermittelnde Stellung zwischen dem Staatskirchentum auf der einen Seite, der laizistischen Orientierung andererseits.

Die verbreitete Darstellung der angeblich drei möglichen staatskirchenrechtlichen (heute sagt man gerne: religionsverfassungsrechtlichen) Systeme – Staatskirchentum, Laizismus, positive Neutralität nach deutschem Muster – ist allerdings verzerrt und stimmt nicht einmal idealtypisch, da damit die Verhältnisse in vielen europäischen Ländern und in den USA nicht angemessen beschrieben werden können. Die Beschreibung der angeblich mittleren, der deutschen Position ist verschleiernd, wie schon die Epitheta "positiv" und "fördernd" zur Beschreibung der Neutralität vermuten lassen. So als gebe es neben der positiven auch eine negative Neutralität oder eine hinderliche neben einer förderlichen Neutralität. Vor allem hat diese Beschreibung der drei möglichen Typen des Verhältnisses von Staat und Religion eine bestimmte Funktion. Da das Staatskirchentum offensichtlich hierzulande nicht in Betracht kommt (Art. 137 Abs. 1 WRV: "Es besteht keine Staatskirche"), bleibt bei diesem Modell nur die Alternative: die sog. positive Neutralität nach deutschem Muster oder der Laizismus. Dabei stellen Kirchen und die Wissenschaft vom Staatskirchenrecht den Laizismus als das "Schmuddelkind" dar, das nur in Form von abschreckenden Beispielen existiere (Frankreich, Türkei, USA). Ein freundliches Miteinander, ein für beide Seiten sinnvolles und ertragreiches Zusammenwirken von Staat und Religionen, wie es in Deutschland praktiziert werde, werde in einem laizistischen Staat durch die "Verdrängung der Religion aus dem öffentlichen Raum", durch eine strikte Trennung von Staat und Religionsgemeinschaften, durch eine "Wall of Separation" gestört oder verhindert. Mehr noch: der Atheismus werde in einer laizistischen Ordnung des Staates zur Weltanschauung erhoben. Das trifft erkennbar nicht einmal auf Frankreich zu, geschweige denn auf die USA oder gar die Türkei. Der Begriff des Laizismus ist irreführend und untauglich. Er ist ein Kampfbegriff. Es versteht jeder etwas anderes darunter. Nach meiner Auffassung wäre das vom Grundgesetz mit Artikel 4 und der Übernahme der meisten Weimarer Kirchenartikel konturierte Verhältnis des Staates zu den Religionsgemeinschaften (und umgekehrt) mit dem Begriff Laizismus nicht richtig beschrieben.

Meine These lautet: In Deutschland ist, neben der Religionsfreiheit, die von den christlichen Kirchen bis weit ins 20.Jahrhundert hinein bekämpfte Trennung von Staat und Religion der Grundpfeiler des Religionsverfassungsrechts. Diese im Grundsatz auch vom Bundesverfassungsgericht in ständiger Rechtsprechung anerkannte Trennung, die Säkularität des Staates umfasst den institutionellen, den organisatorischen und den finanziellen Bereich, und setzt voraus

  • staatliche Neutralität in Religionsangelegenheiten (als Konsequenz der Religionsfreiheit),
  • Nicht-Identifikation des Staates mit der Religion oder einzelnen religiösen oder weltanschaulichen Auffassungen
  • und Äquidistanz zu allen weltanschaulichen und religiösen Gruppierungen.

Das Trennungsprinzip wird allerdings nach der Verfassung explizit durchbrochen in genau vier Bereichen, in denen der Staat in zulässiger Weise und auf im Verfassungstext genau beschriebene Art mit Religionsgemeinschaften kooperiert, und zwar nur in diesen Bereichen:

  • Religionsunter.richt an öffentlichen Schulen (Art. 7 Abs. 3 GG)1[1]
  • Anstaltsse.elsorge (Art. 141 WRV)
  • Kirchensteuerberechtigung (Art. 137 Abs. 6 WRV)
  • Schutz der Sonntage und kirchlicher Feiertage (Art. 139 WRV).

Jenseits dieser durch die Verfassung legitimierten Kooperationsformen gibt es keine res mixtae, keine Mischformen von staatlich-kirchlicher Aufgabenerledigung, sondern die Unterscheidung von staatlichen Aufgaben und Betätigungen einerseits und kirchlichen Aufgaben und Betätigungen andererseits. Es gibt keinen Sinn,  zwischen "strikter" Trennung von Staat und Kirche einerseits und "religionsfreundlicher" oder "kooperativer" Trennung andererseits zu unterscheiden. Denn es kommt im Religionsverfassungsrecht – wie auch sonst – nur darauf an, die geltende Verfassung ernst, beim Wort zu nehmen.

Dabei bedeutet die so beschriebene Trennung der Sphären von Staat und Religionsgemeinschaften nicht, dass Religion als Privatangelegenheit aus der Sphäre der gesellschaftlichen Öffentlichkeit verdrängt wird. Säkular ist nach der Verfassung der Staat, nicht die Gesellschaft, diese ist plural.

Daher können und sollen sich Religionsgemeinschaften im gesellschaftlichen Bereich entfalten wie alle anderen sozialen Verbände, Anschauungen und Bestrebungen. Sie können sich im öffentlichen, auch im politischen Raum, artikulieren und organisieren: Gottesdienst und Seelsorge, Bildung und Diakonie, Kulturpflege und Kirchenbau, auch Einflussnahme auf den politischen Prozess, alles im Rahmen des geltenden Rechts und in Wahrnehmung der von der Verfassung gewährten und geschützten Rechte, im gleichen Umfang wie andere gesellschaftliche Gruppierungen auch. Und sie können auch bei der Wahrnehmung von Aufgaben, deren Erledigung im öffentlichen Interesse liegt, staatliche Zuwendungen erhalten – wie andere Gruppierungen und Verbände auch.

III.

Die Staatspraxis weicht demgegenüber erheblich von den klaren Vorgaben des Grundgesetzes ab, durch eine extensiv kirchenfreundliche, mit dem Wortlaut wie dem Sinn der Verfassung aber nicht zu vereinbarende Anwendung und Auslegung von einschlägigen Verfassungsbestimmungen. Das werde ich über die drei einleitend genannten Bereiche hinaus (Militärseelsorge, staatliche theologische Fakultäten, sog. Privilegienbündel der Körperschaften des öffentlichen Rechts) im Folgenden an drei zentralen Punkten des Verhältnisses von Staat und Religion darlegen: staatlicher Kirchensteuereinzug, Staatsleistungen, Staatskirchenverträge. Weitere einschlägige Bereiche, wie vor allem   das kirchliche Sonderarbeitsrecht und Fragen des Religionsunterrichts, lasse ich aus. (Was nicht  heißt, dass ich mich einer Diskussion darüber entziehen möchte.)

1.Staatlicher Kirchensteuereinzug

Die Verfassung verleiht den Religionsgemeinschaften, welche KdöR sind, die Berechtigung, Steuern zu erheben. Zu diesem Zwecke soll der Staat nach Art. 137 Abs. 6 WRV den Religionsgemeinschaften, wenn diese es wollen, die "bürgerlichen Steuerlisten" zur Verfügung stellen. Damit ist die zulässige staatliche Unterstützung für die Religionsgemeinschaften exakt definiert, d.h. beschrieben und begrenzt. Was ist daraus geworden? Der Staat selbst durch seine Finanzämter zieht für die Kirchen und an ihrer Stelle die Kirchensteuer ein. Die kirchenfreundliche Meinung von Rechtslehre und Rechtsprechung sieht in dieser Praxis ein Beispiel zulässiger positiver Religionspflege und bestreitet eine unzulässige institutionelle Vermischung staatlich-kirchlicher Aufgabenerledigung. Eine Begründung sucht man allerdings vergeblich. Zwar gehe – so das Bundesverfassungsgericht im Jahr 2002 wörtlich – "das Angebot in den Kirchensteuergesetzen und den Staatskirchenverträgen, staatliche Hilfe für die Verwaltung der Kirchensteuer in Anspruch zu nehmen, über den Gewährleistungsanspruch des Artikel 137 Abs. 6 WRV hinaus"[2]; kein Wort folgt aber zu der Frage, warum das doch alles andere als selbstverständliche "Darüber-hinaus-Gehen" mit der Verfassung vereinbar ist.

Dem steuerzahlenden Bürger tritt das Finanzamt im Einkommensteuerbescheid bzw. im Bescheid über den Lohnsteuerjahresausgleich als Behörde gegenüber, die uno actu staatliche und kirchliche Abgaben einfordert. Eine stärkere institutionelle und damit unzulässige Verquickung von Staat und Kirche als der einheitliche Einkommensteuer- und Kirchensteuerbescheid durch dieselbe staatliche Behörde zum selben Zeitpunkt, bezogen auf denselben Einkommenstatbestand, ist kaum vorstellbar. Die staatliche Kirchensteuererhebung erfolgt zum Vorteil der Kirchen, die sich eine eigene Verwaltung ersparen und die undankbare Aufgabe der Eintreibung von Abgaben dem Staat überlassen können; dieser profitiert von dem anteiligen Entgelt, das er von den Kirchen erhält.

Gerade dieser "Deal" des weltanschauungsneutralen Staates mit den privilegierten Religionsgemeinschaften zum beiderseitigen Vorteil, der oft als Rechtfertigung angeführt wird, ist für mich befremdlich.

Die abweichende Praxis in Bayern, wo die evangelische wie katholische Kirche die Veranlagung zur Kirchensteuer für den Bereich der nicht im Lohnabzugsverfahren erhobenen Kirchensteuer (also z.B. bei Selbstständigen und Gewerbetreibenden) durch kircheneigene Steuerämter vornehmen, beweist, dass es auch anders geht.

Hinzu kommt ein zweiter Verfassungsverstoß: Art. 136 Abs. 3 WRV ("Lohengrinklausel") sichert jedem das Recht, seine religiöse Überzeugung zu verschweigen. Der in der Zeit des Nationalsozialismus eingeführte Kirchensteuerabzug vom Arbeitslohn durch den Arbeitgeber nebst Abführung der Steuer an das Finanzamt ist damit nicht kompatibel. Denn der Arbeitgeber kann die Kirchensteuer natürlich nur einbehalten und abführen, wenn er die Zugehörigkeit bzw. Nicht- Zugehörigkeit der bei ihm Beschäftigten zu einer Religionsgemeinschaft kennt. Also kommen die abhängig Beschäftigten nicht darum herum, ihrem Arbeitgeber ihre religiöse Überzeugung zu offenbaren, genauer: ob sie einer Religionsgemeinschaft angehören und welcher. Und so sehen die staatlichen Vorschriften zu diesem Vorgang denn auch aus. Bei Kirchenangehörigen mag aus der Garantie einer geordneten kirchlichen Besteuerung nach Artikel 137 Abs. 6 WRV eine verfassungsimmanente Beschränkung des Verschweigungsrechts abzuleiten sein, wie das Bundesverfassungsgericht 1978 entschieden hat[3]; gegenüber sonstigen Personen (inzwischen 40 v.H. der Bevölkerung), die ebenfalls dem Staat, dem Arbeitgeber und – neuerdings de facto – der Bank (Stichwort: Quellensteuer) Angaben zur Kirchenmitgliedschaft machen müssen, trägt diese Konstruktion aber nicht. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat diese Praxis als

"Eingriff in die nach Art. 9 I EMRK geschützte Religionsfreiheit" qualifiziert, der allerdings noch verhältnismäßig sei und im Rahmen des einzelstaatlichen Ermessensspielraums liege[4]. Nach deutschem Verfassungsrecht halte ich die Praxis anders als das BVerfG für unzulässig. Ich berufe mich dabei auf den Wortlaut der Verfassung, die eine Einschränkung des Verschweigungsrechts nicht kennt.

Dass die Kirchen, wie andere große und kleine gesellschaftliche Gruppen, technisch und organisatorisch in der Lage sind, selbst ihre Mitgliedsbeiträge (denn um nichts anderes handelt es sich der Sache nach bei den Kirchensteuern) zu erheben, erforderlichenfalls – soweit die Kirchensteuer als Annexsteuer ausgestaltet ist – unterstützt durch die staatlichen Daten zur Einkommensteuer ihrer Mitglieder ("bürgerliche Steuerlisten"), dürfte nicht zweifelhaft sein. Bei einem solchen Vorgehen würde nicht nur die bisherige Inanspruchnahme der Arbeitgeber entfallen. Auch der Staat kann sich den im Zusammenhang mit der Kirchensteuererhebung stehenden Aufwand bei den Finanzämtern und bei den Meldebehörden für die kirchliche Mitgliederverwaltung ersparen. Denn zu anderen Zwecken als dem Einzug der Kirchensteuern (und allenfalls aus statistischem Interesse) würde der Staat keine Angaben über die Religionszugehörigkeit seiner Bürgerinnen und Bürger brauchen.

Ein Wort noch zum Einzug der Kirchensteuer auf den Kapitalertrag durch die Kreditinstitute und Versicherungen (Quellensteuer). Der auch hier erforderlichen Offenbarung der Zugehörigkeit zu einer Religionsgemeinschaft gegenüber der Bank oder der Versicherung kann der Steuerpflichtige zwar durch die Einlegung von Widerspruch beim Bundeszentralamt für Steuern entgehen. Er muss dann aber, jedes Jahr erneut, nur für die Kirchensteuer eine gesonderte Einkommensteuererklärung zu seinen Zinseinkünften abgeben. Hier wird die Wahrnehmung eines Grundrechts, nämlich seine religiöse Überzeugung zu verschweigen, durch besondere Hürden erschwert. Allein das Finden des Formulars zum Widersprucherheben ist eine kleine Meisterleistung. Und wer einmal eine Steuererklärung zu Zinseinkünften hat anfertigen müssen, weiß wovon ich rede. Diese gezielte Grundrechtshürde ist nicht verfassungskonform, denn die Wahrnehmung von einschränkungslos gewährten Grundrechten darf nicht von Bedingungen abhängig gemacht werden.

2.Staatsleistu.ngen

Á conto von Rechtstiteln, die 1919 bei Inkrafttreten der Weimarer Reichsverfassung auf Gesetz, Vertrag oder besonderen Rechtstiteln beruhten, zahlen die deutschen Länder (mit Ausnahme von Bremen und Hamburg) seit nunmehr 97 Jahren jährlich Staatsleistungen, auch Dotationen genannt, an die evangelische und die katholische Kirche, genauer: an die Diözesen und die Landeskirchen (Art. 138 Abs. 1 WRV). Obwohl ebenfalls seit 97 Jahren die Verfassung die Ablösung dieser Staatsleistungen und dazu vom Reich bzw. jetzt dem Bund ein Gesetz über die Grundsätze der Ablösung verlangt, ist nichts passiert. Es gibt kein Ablösungsgesetz, es ist – sieht man in einigen Ländern von vereinzelten kommunalen oder staatlichen Baulasten ab – nichts abgelöst worden. Im Gegenteil: die Staatsleistungen sind nach 1919 in zahlreichen Staatskirchenverträgen der Höhe nach festgelegt worden, einschließlich einer Steigerung nach Maßgabe der Entwicklung der Beamtenbesoldung für den höheren Dienst, verheiratet, zwei Kinder. Die Staatsleistungen wurden während der Weimarer Republik, während der Zeit des Nationalsozialismus, in der DDR (ja auch da, wenn auch in reduzierter Höhe) und in der Bundesrepublik nach 1949 gezahlt. Allein seit 1949 bis heute waren das in der BRD insgesamt 16,8 Mrd. Euro. Die jährlichen Beträge der Länder sind von etwa 33 Mio. Euro im Jahre 1950 auf 510 Mio. Euro im laufenden Jahr (2016) angewachsen. In diesem Zeitraum ist der Anteil der Kirchenmitglieder an der Gesamtbevölkerung von rd. 95 % auf unter 58 % gesunken. Von dem gesamten "Kuchen" erhält die katholische Kirche 42 %, die evangelischen Landeskirchen erhalten 58 %, obwohl der katholische Bevölkerungsanteil in Deutschland inzwischen größer ist als der evangelische. In absoluten Beträgen wird am meisten gezahlt in Baden-Württemberg, gefolgt von Bayern. Orientiert man sich an der Zahl der Einwohner pro Bundesland, dann ergeben sich extreme Unterschiede: Sachsen-Anhalt zahlt am meisten, gefolgt von Rheinland-Pfalz. Das Zahlungsniveau liegt in diesen beiden Ländern um den Faktor 10 höher als etwa in Nordrhein-Westfalen, wo die Staatsleistungen vergleichsweise gering ausfallen[5].

In der letzten Legislaturperiode des Bundestages haben die Linken den Entwurf eines Ablösungsgesetzes eingebracht[6], welches einen einmaligen Ablösungsbetrag in Höhe des 10-fachen der derzeitigen Zahlungen vorschlug, also etwa 5 Mrd. Euro. Der Vorschlag wurde von allen anderen Fraktionen abgelehnt; gleichzeitig wurde aus allen Fraktionen in den beiden Plenardebatten zugegeben, dass die Ablösung mit Blick auf den Verfassungsauftrag und angesichts des Zeitablaufs inzwischen dringlich sei, zumindest müsse man mit den Kirchen über die Ablösung Verhandlungen oder doch Gespräche führen. Gleichwohl wurde – ohne Begründung –  auch der Wunsch nach einer Anhörung im Ausschuss zum Thema Staatsleistungen aber abgelehnt. Seitdem ist weiterhin nichts passiert. Weder auf Bundes- noch auf Länderebene gibt es irgendwelche Gespräche mit den Kirchen über die Beendigung der Staatsleistungen oder ihre Ablösung, obwohl die beiden Amtskirchen auf der Leitungsebene immer wieder und immer häufiger erklärt haben, sie seien für eine Ablösung der Staatsleistungen offen. Die Zahlungen sind ihnen ganz offensichtlich inzwischen selbst so peinlich geworden, dass sie förmlich um eine Initiative der staatlichen Seite betteln. Jüngst, nämlich am 15. April 2016, ist es im Bundestag anlässlich eines Antrags ebenfalls der Linken, wenigstens eine Kommission beim Bundesfinanzministerium zur Evaluierung der Staatsleistungen einzurichten[7], zu einer erneuten Debatte gekommen. Die Koalitionsfraktionen haben den Antrag abgelehnt, die SPD mit der schönen Begründung: Der Koalitionsvertrag sehe die Behandlung des Themas nicht vor. Die Grünen – religionspolitisch gespalten – fordern zwar selbst die Einsetzung einer Expertenkommission, konnten sich aber gleichwohl nicht zu einer Unterstützung des Antrags der Linken entschließen.

Wo liegt das Problem? Natürlich beim Geld, bei der Frage, ob und ggf. in welcher Höhe die Ablösung im Wege der Zahlung einer einmaligen Entschädigung erfolgen soll.

Die Kirchen, der Bund und die Länder gehen – unterstützt von der herrschenden Lehre des Staatskirchenrechts – davon aus, dass auch heute noch die in Art. 138 Abs. 1 Satz 1 WRV erwähnten alten Rechtstitel die Länder zur Zahlung verpflichten. Und der Ablösungsbefehl der Verfassung? Der Bund sieht die Länder – als Zahlungspflichtige – in der Pflicht und meint, diese seien auch ohne ein Grundsätzegesetz berechtigt, im Einvernehmen mit den Kirchen Ablösungsvereinbarungen zu treffen. Die Länder umgekehrt sehen den Bund in der Pflicht, zunächst ein Grundsätzegesetz zu erlassen, bevor sie mit den Kirchen Verbindliches vereinbaren können; zu einer entsprechenden Bundesratsinitiative für ein Grundsätzegesetz des Bundes, wozu die Länder, und zwar jedes einzeln, berechtigt wären, haben sie sich aber seit 67 Jahren nicht veranlasst gesehen.

Der wahre Grund für die Inaktivität des Bundes und der Länder liegt aber erklärtermaßen darin, dass die für eine Ablösung angeblich erforderliche einmalige Entschädigungssumme für die betroffenen Länder angeblich zu gewaltig sei, um bewältigt werden zu können. Diese Behauptung erstaunt aus mehreren Gründen:

  1. Da Verhandlungen oder auch nur gezielte Gespräche des Staates – sei es seitens des Bundes, sei es seitens der Länder – mit den beiden Kirchen, mit den katholischen Diözesen oder den evangelischen Landeskirchen, über die Frage der Ablösung und der ggf. zu zahlenden Entschädigung bisher nicht stattgefunden haben, ist es unsinnig – und überdies verhandlungstaktisch unklug – bereits jetzt über eine nicht zu bewältigende Zahlungslast zu jammern. Die Kirchen sind gesprächsbereit, das sollte man nutzen zur Einbringung der staatlichen Interessen.
  2. Die Ablösung von Staatsleistungen ist ein Vorgang, der ohne Vorbild in der deutschen Staatspraxis ist. Es gibt keine diesen Vorgang strukturierenden Rechtsnormen oder Vorbilder. Behauptungen aus interessierten Kreisen, die von Politikern gerne aufgegriffen werden, sehen die Verpflichtung der Länder beim 18-Fachen, dem 25-Fachen der heutigen jährlichen Zahlungen oder sogar noch mehr. Woher diese Zahlen kommen ist unklar[8]. Unklar ist auch, ob damit jeweils eine angemessene Entschädigung oder gar eine volle Entschädigung für die entgehende wiederkehrende Leistung gemeint ist.
  1. Klärungsbedürftig wäre auch, ob nicht die grundlegende Änderung der tatsächlichen Verhältnisse seit 1919 die Zahlungspflicht grundsätzlich oder wenigstens hinsichtlich der Höhe beeinflusst hat: der starke Rückgang des Anteils der Kirchenmitglieder an der Gesamtbevölkerung und damit verbunden der Bedarfsrückgang bei den Kirchen; der in den letzten Jahrzehnten gewachsene Reichtum der Kirchen, welche Vermögen, besonders Grundvermögen, in erheblichem Umfang haben und praktisch schuldenfrei sind, während die öffentlichen Hände mit rd. 2 Billionen Euro verschuldet sind.
  2. Die abzulösenden Rechtstitel stammen – wie sich aus Art. 138 Abs.1 WRV ergibt – aus der Zeit vor 1919, ergeben sich also nicht etwa aus den seither geschlossenen Staatskirchenverträgen. Bisher sind diese Rechtstitel ersichtlich weder hinsichtlich des Rechtsgrunds und seiner Fortdauer bis heute noch hinsichtlich der Höhe jemals genau geprüft und festgestellt worden. Wie kann eine Ablöseentschädigung als zu gewaltig quantifiziert werden, wenn die zugrunde liegenden Rechtsansprüche nicht feststehen? Eine solche Prüfung wäre schon deswegen geboten, weil – wie oben erwähnt – die Unterschiede zwischen den Bundesländern enorm und damit erklärungsbedürftig sind, Unterschiede auch zwischen solchen Bundesländern, die vor 1919 eine gemeinsame territoriale Geschichte hatten, also insbesondere die ehemals preußischen Gebiete, bei denen man annähernd vergleichbare abzulösende Rechtstitel vermuten sollte.

Vor allem aber: Man muss im Blick haben, dass die Verfassungsvorschrift des Art. 138 Abs. 1 WRV für die (angeblich) historisch begründeten Staatsleistungen eine Übergangslösung intendierte, als Teil des Prozesses, bei dem sich der Staat von der Kirche und die Kirche vom Staat finanziell unabhängig machten.

Dabei will ich hier dahingestellt sein lassen, ob die Behauptung eigentlich stimmt, dass die Staatsleistungen ihren Rechtsgrund tatsächlich vor allem im Reichsdeputationshauptschluss (RDHS) von 1803 haben, wegen der seinerzeit verfügten "Enteignungen der Kirche" oder richtiger der Vermögenssäkularisation der geistlichen Herrschaftsgebiete, wie überall behauptet wird. Das trifft m.E. nicht zu, die Lektüre der einschlägigen Abschnitte dieses ehrwürdigen Dokuments, vor allem des immer wieder erwähnten § 35, wäre allen zu empfehlen, die das mit Emphase behaupten. Vielmehr entstammen nach den Vermögenssäkularisationen[9] die staatlichen Leistungen des 19. Jahrhunderts nach meiner Auffassung der seinerzeit als selbstverständlich angesehenen staatlichen cura religionis, der Religionsfürsorge der christlichen Staaten, d.h. vor allem der christlichen Monarchien für die Kirchen in ihrem Gebiet, zumal vor dem Hintergrund der sprunghaft wachsenden städtischen Industriearbeiterschaft. Die staatliche Religionsfürsorge sollte aber 1919 nach Abschaffung der Monarchie mit der Trennung von Staat und Kirche gerade entfallen und zur Kompensation für die staatliche Religionsfürsorge sollte die Kirchensteuer als primäre Quelle der Eigenfinanzierung der Kirchen verfassungskräftig sichergestellt werden. Nur für eine Übergangszeit sollte die, in praktischer Hinsicht vorhersehbar nicht einfache Einführung der Kirchensteuer im Jahre 1919 dadurch abgefedert werden, dass zunächst die bisherigen Staatsleistungen bis zum Erlass des  Grundsätzegesetzes weitergezahlt wurden. Diese übergangsweise Weiterzahlung sah ausdrücklich Art. 173 WRV vor. Nun wurde gerade diese Übergangsvorschrift 1949 nicht in das Grundgesetz übernommen. Anders als in der Zeit von 1919 bis 1945 fehlt eine Weiterzahlungsgrundlage also heute. Gleichwohl wird überall mit dem Brustton der Überzeugung verkündet, das Grundgesetz sehe die ungeschmälerte Fortzahlung der Staatsleistungen bis zur Ablösung vor, gegebenenfalls ad calendas graecas, bis in alle Ewigkeit. Meine These demgegenüber: In den kontinuierlichen Zahlungen der Länder kann und sollte man spätestens seit dem Inkrafttreten des Grundgesetzes (Wegfall der Weiterzahlungsgarantie) eine tilgungsweise Ablösung der angeblich historisch begründeten Verbindlichkeiten sehen, eine Tilgung, die den Wert der alten Verbindlichkeiten inzwischen mit Sicherheit um ein Vielfaches übertroffen hat. Daher könnte und sollte das seit langem überfällige, vom Bund zu erlassende Ablösungsgesetz die Feststellung enthalten, dass die Ablösung der Staatsleistungen durch die seit 1949 erfolgten Zahlungen zwischenzeitlich erfolgt ist. Einen entsprechenden Gesetzentwurf hat die Bürgerrechtsorganisation, der ich angehöre, schon vor mehr als 5 Jahren vorgelegt.[10]

Ich konzediere: Man braucht diese Auffassung nicht zu teilen. Was man aber nicht kann, genauer: was Regierungen und Gesetzgeber nicht können, ist: den Verfassungsbefehl zur Ablösung einfach weiterhin ignorieren.

3.Staatskirchenverträge

Verträge zwischen den Ländern und Religionsgemeinschaften zur allgemeinen Regelung der Angelegenheiten sind jüngst wieder aktuell geworden, und zwar hinsichtlich der Islamischen Religionsgemeinschaft. Hamburg und Bremen haben solche Verträge geschlossen, in Niedersachsen liegt  ein ausgehandelter Vertragsentwurf mit den beiden Verbänden DITIB und der Schura und ein weiterer mit den Aleviten vor; der Abschluss der Verträge ist aber derzeit mit Blick auf Vorgänge in der Türkei und die Stellung der muslimischen Verände nicht geplant.

Ich lasse die spezielle Problematik von Verträgen mit muslimischen Verbänden außer Acht und will ich die Frage nach der generellen Zulässigkeit von Verträgen mit Religionsgemeinschaften aufwerfen. Dies tue ich in Kenntnis des Umstandes, dass solche Verträge in Deutschland in ganz großem Umfang sowohl mit den christlichen als auch den jüdischen Glaubensgemeinschaften geschlossen worden sind und existieren, überwiegend, aber nicht nur, auf Länderebene. Und ich tue das auch in Kenntnis des Umstandes, dass die prinzipielle Zulässigkeit solcher Verträge, sowohl ihre Legalität als auch ihre Legitimität, bisher kaum bestritten worden ist.

Die deutsche Verfassung – ich orientiere mich auch hier am Text, am Wortlaut der Verfassung –  sieht an keiner Stelle allgemeine (staats)vertragliche Regelungen für die Beziehungen zu den Religionsgemeinschaften und die Rechte und Pflichten ihrer Mitglieder vor. Das hat seinen guten Grund: das allgemein geltende Recht wird in einer Demokratie nicht durch Vereinbarungen der Regierung mit einzelnen interessierten gesellschaftlichen Gruppen geschaffen, sondern vom Parlament durch Gesetz oder von der Exekutive auf Grund von Gesetzen, und zwar in einem Verfahren, für welche das Grundgesetz und die Landesverfassungen spezielle Vorschriften enthalten. Die Gesetzgebungskompetenz ist bewusst den durch Wahlen legitimierten Parlamenten vorbehalten. Damit ist auch die Publizität der Rechtsetzung garantiert, d.h. die Pflicht zur Vorabpublikation und Begründung der vorgesehenen Regelungen und damit die Nachvollziehbarkeit durch die Bürgerinnen und Bürger und die Chance aller, auf den Inhalt Einfluss zu nehmen. Die Parlamente haben die Befugnis, von der Regierung eingebrachte Vorlagen abzuändern, zu ergänzen oder zu korrigieren. Bei einer vertraglichen Regelung ist – anders als bei einem Gesetz – weder die Gestaltungshoheit des Parlaments gewährleistet noch die Publizität hinsichtlich der Entstehung. Denn die Vertragsinhalte werden von der staatlichen Exekutive in einem nichtöffentlichen Verfahren mit den am Ergebnis interessierten Vertragspartnern festgelegt, ohne dass der nicht vertragsbeteiligte Teil der Bevölkerung oder das Parlament Gelegenheit zur Mitsprache, Mitwirkung oder Einflussnahme haben. Dafür ist ein treffliches Beispiel die Entstehungsgeschichte des oben erwähnten niedersächsischen Entwurf von Verträgen mit den muslimischen Verbänden, der seit mehreren Jahren in geheimen Verhandlungen zwischen den muslimischen Verbänden und der Landesregierung (Staatskanzlei, Kultusministerium) ausgearbeitet und erst auf Druck der Öffentlichkeit im Dezember 2015 auch im Internet einsehbar gemacht worden ist. In ähnlichen Geheimverhandlungen sind auch sämtliche anderen deutschen Staatskirchenverträge und Konkordate entstanden. (Die Ähnlichkeit mit der Diskussion über die vergleichbaren Geheimverhandlungen bei TTIP, CETA etc. ist keine zufällige.) In einem solchen Verfahren geht die Privilegien sichernde Einflussnahme der vertragsschließenden Religionsverbände weit über die bei Gesetzen bestehenden Möglichkeiten anderer Interessengruppen hinaus, die zwar, wenn sie betroffen sind, bei Gesetzesentwürfen angehört werden, aber, jedenfalls de jure, kein bestimmendes Mitspracherecht haben. Das Parlament hat, sofern es sich um einen ratifizierungsbedürftigen Vertrag handelt (Art. 35 Abs. 2 Niedersächsische Verfassung) nur die Möglichkeit, das fertige Vertragsprodukt zu akzeptieren oder abzulehnen.

Das mag sachgerecht bei echten Staatsverträgen sein, vor allem bei völkerrechtlichen Verträgen, die das Land oder der Bund mit anderen, nicht ihrer Hoheitsgewalt unterstehenden Staaten und Ländern schließen. So bei dem mit dem Heiligen Stuhl, einem Völkerrechtssubjekt, geschlossenen Reichskonkordat von 1933, dessen Fortgeltung das Bundesverfassungsgericht im Urteil vom 26.3.1957[11] nicht prinzipiell in Frage gestellt hat. (Die Geltung dieses schändlichen Konkordats bis heute ist aus anderen Gründen mehr als zweifelhaft). Religionsgemeinschaften in Deutschland und ihre Mitglieder unterliegen jedoch nicht anders als die sonstigen Verbände und Staatsbürger der staatlichen Souveränität des Bundes oder jeweiligen Landes. Konsequenterweise schließt denn auch der Staat, Bund wie Länder, keine Verträge mit anderen gesellschaftlichen Gruppierungen zur allgemeinen Regelung der Beziehungen ab, sondern bedient sich ihnen gegenüber der Form des Gesetzes. Warum das bei Religionsgemeinschaften anders sein kann oder sollte, müsste begründet werden. Das Grundgesetz und die Niedersächsische Verfassung sehen – wie erwähnt – solche Verträge auch nicht vor. Nicht anders ist die Rechtslage nach meiner Einschätzung aus den  genannten Gründen in den Bundesländern, in denen die Landesverfassung solche Vereinbarungen ausdrücklich erwähnen, z.B. Baden-Württemberg, Mecklenburg-Vorpommern, Nordrhein-Westfalen.

Die Staatspraxis in Deutschland steht – wie Sie wissen – mit der hier vertretenen Auffassung nicht im Einklang, denn von beinahe allen Ländern der Bundesrepublik sind mit den beiden großen christlichen Kirchen und mit jüdischen Gemeinschaften religionsverfassungsrechtliche Verträge geschlossen worden. Von der herrschenden staatskirchenrechtlichen Lehre werden diese Verträge nicht in Frage gestellt, auch von der Rechtsprechung, soweit sie Gelegenheit hatte, sich damit zu befassen, sind Zweifel nicht geäußert worden. Auffällig ist jedoch, dass die oben skizzierten verfassungsrechtlichen Argumente – soweit ersichtlich – bei religionsrechtlichen Verträgen nirgends auch nur ansatzweise diskutiert worden sind. Für die immer wieder anzutreffenden Behauptung, solche Verträge seien zulässig, fehlt die Begründung: "Das Grundgesetz trifft keine besondere Bestimmung über Staatskirchenverträge, setzt sie aber voraus", so ein Göttinger Professor des Staatskirchenrechts in dem Buch "100 Begriffe aus dem Staatskirchenrecht"[12]. Häufig verbleibt es ganz allgemein beim kirchenfreundlichen Hinweis auf die "kooperative Ausgestaltung" des Staat- Kirche-Verhältnisses, welche Staatskirchenverträge legitimiere[13]. Beispielhaft zitiert sei der Aufsatz mit dem Titel "Konkordate und Kirchenverträge im System des deutschen Staatskirchenrechts"[14]   von Professor Stefan Korioth, wo es im Abschnitt über die Zulässigkeit der Verträge u.a. heißt:

"In dem freiheitsrechtlich fundierten Respekt des Staates vor Religion und Religionsgemeinschaften liegt heute auch das Fundament von Verträgen zwischen Staat und Kirche. Gerade wegen der Freiheitsgewährleistungen gibt es heute eine Reihe von Angelegenheiten, die auf verständiges Kooperieren von Staat und Religionsgemeinschaften angewiesen sind.  Das herkömmliche Instrument des konsensualen Zusammenwirkens aber ist der Vertrag."

Erkennbar ist dies kein verfassungsrechtliches Argument, sondern lediglich der innige Ausdruck des gewünschten Ergebnisses. Denn auf "konsensuales Zusammenwirken" mit von ihm respektierten gesellschaftlichen Kräften ist der Staat nicht nur im Bereich der Religionen angewiesen, sondern auch im Arbeitsleben, im Energie- und Verkehrsbereich, in der Wirtschaft insgesamt, aber auch in Sport, Bildung, Wissenschaft und Kultur, um nur einige Politikbereiche zu nennen. Niemand denkt aber daran, hier Staatsverträge zu schließen, die anschließend vom Parlament dann nur noch unverändert zu billigen sind.

Der erste Atomausstiegsversuch der rot-grünen Koalition im Jahre 2000 ist als "paktierte Gesetzgebung" bekannt geworden. Bei der "Vereinbarung zwischen der Bundesregierung und den Energieversorgungsunternehmen vom 14.6.2000" handelte es sich um eine mühsam von der Bundesregierung mit den EVUs ausgehandelte, aber rechtlich nicht verbindliche Vorbereitung der dann erst mit dem Gesetz vom Parlament im Einzelnen getroffenen Regelung, nämlich im Gesetz v. 22.4.2002, BGBl. I S. 1351[15]. Vor allem am Beispiel dieses Vorgangs der "paktierten Gesetzgebung" sind damals von der Rechtswissenschaft gravierende Bedenken gegen eine vertragliche statt gesetzliche Ausgestaltung der Rechtsbeziehungen deutlich formuliert worden:

  • Verletzung des Demokratiegebots (bloßes "Abnicken" der Entscheidungen der Regierung),
  • Verletzung des Gebots der politisch gleichen Mitbestimmungschancen der Bürgerinnen und Bürger durch privilegierte Beteiligung der jeweiligen Interessenten
  • Verletzung des Grundsatzes der Gewaltenteilung (dem Parlament fehlen eigene politische Entscheidungsräume)[16]

Wenn diese demokratisch-rechtsstaatlichen Überlegungen auch auf Verträge des Staates mit Religionsgemeinschaften angewendet worden wären, hätten – dies meine These – unter der Geltung der Weimarer Reichsverfassung und des Grundgesetzes die Staatskirchenverträge und Konkordate mit dem Heiligen Stuhl, mit den Diözesen und den Landeskirchen nicht abgeschlossen werden dürfen; und das Land Niedersachsen dürfte jetzt aus den gleichen Gründen den geplanten (oder vielleicht jetzt auch nicht mehr geplanten) Vertrag mit den muslimischen Verbänden ebenfalls nicht abschließen.

Wollte man Staatskirchenverträge gleichwohl für zulässig halten, wäre mindestens ihre Befristung oder eine Kündigungsklausel erforderlich. Eine solche fehlt nahezu durchgängig in allen bisher geschlossenen religionsrechtlichen Verträgen; sie gelten also ewig und ohne Kündigungsmöglichkeit. Eine Ausnahme bilden m.W. nur die beiden niedersächsischen Verträge mit den jüdischen Verbänden aus dem Jahr 2013 (2-jährige Kündigung).

Die Vertragsparteien, wenn sie später zu einer anderen Beurteilung der Sach- und Rechtslage kommen als zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses, müssen sich ohne Zustimmung der Vertragspartner von dem Vertrag lösen können. Der Vertrag ist wie ein entsprechendes Gesetz ein politischer Rechtsakt, der aus einer konkreten politischen Situation unter politischen Gesichtspunkten mit einem bestimmten politischen Inhalt geschlossen wird. Ändern sich die politischen Verhältnisse (z.B. Wechsel der Parlamentsmehrheiten), dann müssen früher getroffene politische Entscheidungen auch revidiert oder korrigiert werden können. Das ist als Wesensbestandteil des demokratischen Prozesses bei Gesetzen möglich, natürlich im Rahmen der Verfassung, z.B. Berücksichtigung des Rückwirkungsverbots, muss dann aber auch – bei allem Verständnis für den Wunsch nach Vertragskontinuität – bei Verträgen gelten.

Das Bundesverfassungsgericht hat jüngst in einem Beschluss vom 15. 12. 2015 - 2 BvL 1/12 – zu einem völkerrechtlichen Vertrag gefordert: "Spätere Gesetzgeber müssen - entsprechend dem durch die Wahl zum Ausdruck gebrachten Willen des Volkes - innerhalb der vom Grundgesetz vorgegebenen Grenzen Rechtsetzungsakte früherer Gesetzgeber revidieren können." (http://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Entscheidungen/DE/2015/12/ls20151215_2  bvl000112.html).  Eigentlich sollte es selbstverständlich sein, dass Regierungen und Parlamente dieser zutreffenden Überlegung des Bundesverfassungsgerichts auch für Verträge mit Religionsgemeinschaften Geltung verschaffen.

IV.Résumé

Die drei Beispiele aus zentralen Bereichen des Staatskirchenrechts (Kirchensteuer, Staatsleistungen, Staatskirchenverträge) zeigen: Die Staatspraxis weicht vom Wortlaut der Verfassungsbestimmungen ab, zugunsten der Religionsgemeinschaft, vor allem der Kirchen:

  • Indem der staatliche Einzug der Kirchensteuern entgegen Art. 137 Abs. 6 WRV zugelassen wird und die Bürgerinnen und Bürger dabei – doppelter Verfassungsverstoß – entgegen Art. 136 Abs. 3 GG zur Offenbarung ihrer religiösen Überzeugung gezwungen werden,
  • Indem entgegen dem Verfassungsbefehl des Art. 138 Abs. 1 WRV die historisch begründeten Staatsleistungen nicht abgelöst, sondern seit nahezu 100 Jahren weitergezahlt worden sind und werden,
  • indem der Staat ohne verfassungsrechtliche Legitimation exklusiv mit einigen Religionsgemeinschaften unter Verstoß gegen demokratische Prinzipien gesetzesvertretende Verträge schließt.

Das ist ein Teil dessen, was ich eingangs die "komfortablen Vorzugsbedingungen" der Religionsgemeinschaften, namentlich der Kirchen, genannt habe.

Eine schlicht am Wortlaut der Verfassung orientierte Praxis, die auch mit dem Geist der Verfassung überein stimmen würde, entspräche demgegenüber genau dem, was ich unter Trennung von Staat und Kirche verstehe. Die Beachtung der Verfassung kann aber nichts Schlimmes sein, wenn ich auf die Ausgangsfrage zurückkommen darf.

 


  • [1] Ich lasse hier die m.E. nicht hinreichend geklärte Frage dahingestellt, ob die öffentlichen Schulen in Deutschland nicht doch "bekenntnisfrei" im Sinne von Art. 7 Abs.3 GG sind, soweit sie nicht ausdrücklich einer Religions- oder Weltanschauungsgemeinschaft zugeordnet sind. Denn wenn sie nicht "bekenntnisfrei" sind: was sonst? Rechtsprechung und Literatur halten es – auch hier ohne nähere Befassung mit dem Wortlaut – nicht für zweifelhaft, dass die öffentlichen Schulen als "Gemeinschaftsschulen" nicht bekenntnisfrei im Sinne von Art. 7 Abs. 3 GG sind.
  • [2] DVBl. 2002 S. 1624/1627
  • [3] E 49,375/376
  • [4] Urt. v. 17.2.2011 NVwZ 2011, 1503
  • [6] BT-Drs. 17/8791
  • [7] BT-Drs. 18/4842
  • [8] Die Abg. Kerstin Griese (SPD) hat auf Anfrage des Verf.unter Hinweis auf Äußerungen aus dem Göttinger Kirchenrechtlichen Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland (Prof. Heinig) mitteilen lassen: "Die diskutierten Quoten reichen vom 10fachen (so der Gesetzentwurf der BT-Fraktion DIE LINKE vom 29. Februar 2012, Drs. 17/8791) über das 15fache (Richtwert aus Ablösungsverfahren im Rahmen der Bauernbefreiung des 19. Jh.), das 18,6fache (dazu § 13 Abs. 2 Bewertungsgesetz) oder das 20-25fache (siehe § 23 der preußischen Verordnung betr. die Ablösung der Servituten, die Teilung der Gemeinschaften und die Zusammenlegung der Grundstücke für das vormalige Kurfürstentum Hessen vom 13.5.1867 [Preuß. Gesetzessammlung 1867, 716]) bis hin zu anderen Größen wie bsp. dem Ablösungsfaktor 40 (dazu Josef Schmitt, Die Ablösung der Staatsleistungen an die Religionsgesellschaften, 1921, S. 112)."
  • [9] Nicht nur die Säkularisation nach den napoleonischen Kriegen, sondern auch die früheren, namentlich im Zuge der
  • [11] BVerfGE 6, 309
  • [12] Hsg. von Hans-Michael Heinig und Hendrik Munsonius, 2012, Seite 282.
  • [13] Michael Germann in: V. Epping/Chr.Hillgruber, Grundgesetz, Kommentar 2. Aufl. 2013, Randnummer 20 zu Art. 140
  • [14] Archiv für katholisches Kirchenrecht Band 177 [2008] S. 394 ff./398
  • [15] vgl. Friedrich Schoch, Entformalisierung staatlichen Handelns, in: J. Isensee/P. Kirchhof, Handbuch des Staatsrechts Band III, 3. Aufl. 2005 S. 154 f.
  • [16] Michael Kloepfer, Verfahrene Atomausstiegsverfahren? Umwelt- und Planungsrecht 2012 S. 41 ff.; ders. Möglichkeiten und Grenzen paktierter Gesetzgebung am Beispiel des Atomrechts, Zeitschrift für Gesetzgebung 2010, S. 346 ff.; ders. und David Bruch, Die Laufzeitverlängerung im Atomrecht zwischen Gesetz und Vertrag, Juristenzeitung 2011 S. 377 ff., besonders S. 380 – 382; Julian Krüper, Das Recht auf Kooperation, Zeitschrift für Gesetzgebung 2009 S.338 ff.