Festakt anlässlich Gerhard Czermaks 80. Geburtstag

In einem würdigen Rahmen und mit gelungenen kurzweiligen Redebeiträgen wurde am 22.10.2022 unser Gründungs-Beirat und Direktoriumsmitglied Gerhard Czermak anlässlich seines 80. Geburtstags von der gbs geehrt. Der Philosoph Michael Schmidt-Salomon führte durch den Nachmittag und stellte in einem ersten Redebeitrag anschaulich die Bedeutung Czermaks dar, der das problematische Rechtsverhältnis von Staat und Kirche über viele Jahrzehnte nahezu im Alleingang kritisiert hat und dadurch zu einem maßgeblichen Anstoßgeber für die Gründung des Instituts für Weltanschauungsrecht wurde.

Die Gesellschaft wird immer säkularer, zur Geburt Czermaks gehörten 95 % der Bürger:innen in Deutschland der evangelischen oder katholischen Kirche an, am 80. Geburtstag Czermaks waren es nur noch 49 %, sodass deutlich wird, dass der weltanschaulich neutrale Staat auch deshalb notwendig ist, weil er die Lebenswirklichkeit der meisten Menschen widerspiegelt.

Schmidt-Salomon stellte die bedeutendsten Bücher Czermaks vor, sowie  rechtspraktische Erfolge, z.B. konnte mit seiner Hilfe der Bund für Geistesfreiheit München vor dem Bundesverfassungsgericht mit dem Begehren reüssieren, am Karfreitag eine Tanzveranstaltung als Ausdruck weltanschaulicher Ansicht durchführen zu dürfen. Seitdem findet in München jährlich die "Heidenspass-Party" statt.

An die auch persönlichen Worte von Schmidt-Salomon, der seit über 25 Jahren mit Czermak arbeitet und durch ihn für das juristisches Denken und Argumentieren begeistert wurde, schloss sich eine Rede von Carsten Frerk (fowid) an. Auch er ist ein langjähriger Wegbegleiter Czermaks. Neben vielen interessanten Zahlen und Fakten im Rahmen einer interessante Reise in die Vergangenheit, gab es auch von Frerk persönliche Erinnerungen an die gemeinsame Zeit und die säkularen Erfolge, die – wie so oft – juristischer Natur waren, etwa in Form des Sterbehilfe-Urteils des Bundesverfassungsgerichts Anfang 2020.

Hiernach ergriff Philipp Möller (Zentralrat der Konfessionsfreien) das Wort und betonte, dass er nahezu täglich auf Czermaks Ausführungen stoße, da dieser zu all den Themen, die den Zentralrat bewegen, juristisch gearbeitet hat. Er illustrierte die Bedeutung Czermaks anschaulich im Hinblick auf die Inhalte der "säkularen Ampel".

Danach war es Ifw-Direktor Jörg Scheinfeld eine besondere Freude, den Mitbegründer des ifw zu begrüßen, er stellte nochmals die herausragenden juristischen Arbeiten Czermaks vor, erläuterte das Wirken des ifw und zeigte das Zusammenspiel juristischer Expertise, rechtspolitischer Forderungen und kritischem Hinterfragen anhand der Beschäftigung des ifw mit dem kritikwürdigen kirchlichen und staatlichen Umgang mit den klerikalen Missbrauchsfällen am Erzbistum Köln (z.B. hier, hier und hier) auf.

Im Anschluss gratulierte die Politikerin Ingrid Matthäus-Maier (SPD) und konstatierte, dass alle bisherigen Erfolge im Einsatz um den weltanschaulich neutralen Staat letztlich juristische Erfolge gewesen sind, und würdigte vor diesem Hintergrund ebenfalls die jahrzehntelange Arbeit Czermaks. Czermak habe immer betont, dass die Verfassungswirklichkeit in keiner Weise der Verfassung entspreche. Eben jenes Auseinanderfallen von Wirklichkeit und Soll-Zustand sei schon immer ihr Antrieb für ihr politisches Engagement gewesen.

Nachdem Herbert Steffen (gbs) Gerhard Czermak die Dankesurkunde übergab, gebührte das letzte Wort dem Jubilar. Er zeigte sich gerührt und berichtete den Anwesenden, wie er, der katholisch sozialisiert war, zu einem ausgewiesenen Streiter für die Abschaffung kirchlicher Privilegien wurde. Nach den persönlichen Ausführungen nahm Czermak die Zuhörer:innen auf eine interessante Reise durch die kirchen- und staatsrechtlich bewegte Geschichte Deutschlands. Die vielen Unwägbarkeiten und der "Kampf gegen Windmühlen" wurden dabei allen Anwesenden deutlich vor Augen geführt. Schließlich wurde dem Auditorium aber bewusst, dass am Ende der stete Tropfen den Stein höhlt und jeder Schritt zählt, auch wenn es noch dauern wird, bis sich das Grundgesetz und die Verfassungswirklichkeit in dem Zusammenhang decken, wie sich jüngst, so Czermak, beispielsweise erneut in der Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs zum sog. "Kreuzerlass" zeigte.

Ein weiterer Bericht über den Festakt nebst zahlreicher Bilder finden sich beim humanistischen Pressedienst.