Rechtsquellen

I. Begriff und Funktion

Rechtsquellen im engeren und üblichen Sinn sind alle für den Rechtsanwender verbindlichen Sätze des geltenden Rechts. Die "Bindung an Gesetz und Recht" (Art. 20 III GG) ist eines der zentralen Prinzipien des demokratischen Rechtsstaats. Oberste nationale Rechtsquelle ist das GG, an dem sämtliche anderen Rechtsquellen der Bundesrepublik und ihrer Länder zu messen sind. Dabei muss jedwedes Landesrecht, Verfassungsrecht inbegriffen, mit jeder Art von GG-konformem Bundesrecht vereinbar sein (Art. 31 GG). Ob das der Fall ist, wird unter bestimmten formalen Voraussetzungen durch das BVerfG verbindlich festgestellt.

Nach dem GG folgen in der Normenhierarchie die (parlamentarisch verabschiedeten) Bundesgesetze, dann die von ermächtigten Verwaltungsorganen (insbesondere Ministerien) erlassenen Rechtsverordnungen. Autonome öffentliche Körperschaften wie Gemeinden erlassen Satzungen, die ihrerseits dem übrigen geschriebenen Recht im Kollisionsfall nachgeordnet sind. Unter Bezugnahme auf derartige Rechtsnormen können die zuständigen Organe behördenintern als Arbeitshilfe allgemeinverbindliche Verwaltungsvorschriften erlassen. Diese gelten zwar (Sonderfall: Steuerrichtlinien), nicht als Rechtsquellen, da sie nur von interner Bedeutung sind, obwohl die Behördenbediensteten (und nur diese) daran gebunden sind. Echte Rechtsquellen (niederen Ranges) sind hingegen Verträge, auch öffentlich-rechtliche, und Tarifverträge. Das nichtschriftliche Gewohnheitsrecht ist ebenfalls eine Rechtsquelle, aber in unserer Rechtsordnung sehr selten und nahezu bedeutungslos.

II. Supranationales Recht

Im Rang steht das supranationale Recht der Europäischen Union grundsätzlich über dem nationalen Recht, soweit der EU gem. Art. 23 und 24 GG Hoheitsrechte übertragen wurden. Im Einzelnen ist die Rangfrage zwischen nationalem und europäischem Recht noch umstritten. In zunehmendem Maß enthält EU-Recht Vorschriften, die auch in Teilbereichen die Religionsgemeinschaften betreffen und das deutsche Religionsrecht punktuell verändern. Die davon zu unterscheidende Völkerrechtsordnung ist im Verhältnis zum nationalen Recht eine eigenständige Parallelordnung, doch sind die "allgemeinen Regeln des Völkerrechts" wegen Art. 25 GG gleichzeitig einfaches Bundesrecht im Gesetzesrang. Die EMRK mit ihrem die Religionsfreiheit betreffenden Art. 9 hat infolge eines Transformationsgesetzes den Rang eines einfachen Bundesgesetzes, geht jedoch inhaltlich über Art. 4 GG nicht hinaus. Die Rspr. des EGMR kann in Einzelfällen mittelbare Bedeutung erlangen. Sie ist eine Auslegungshilfe, die Rechtsvergleiche ermöglicht. Bei gleichartigen Problemen kann sie eine Orientierungshilfe sein.

III. Weltanschauungsrecht (Religionsrecht) in Deutschland

Das deutsche Weltanschauungsrecht ist inhaltlich entscheidend durch das Religionsverfassungsrecht des GG geprägt. Das Verhältnis zu den r-w Gemeinschaften, soweit es sich nicht aus dem GG ergibt, ist kompetenzrechtlich Ländersache. Das ist insbesondere bei den Materien Schule und Religion sowie Kirchensteuerrecht bedeutsam. Religionsrechtlich im Vordergrund steht das Problem der Vereinbarkeit jeglichen "staatskirchenrechtlichen" Landes- oder Bundesrechts mit dem GG. Besonders problematisch erscheint aus kritischer Sicht ein Großteil der Regelungen der Verträge zwischen Staat und Religionsgemeinschaften. Dabei gibt es ganz spezielle juristische Grundfragen.

>> Europarecht; Landesrecht; Religionsfreiheit; Staatskirchenverträge

© Gerhard Czermak/ ifw (2017)