Öffentliche Schule, Religion und Weltanschauung in Geschichte und Gegenwart der Bundesrepublik Deutschland
- 03-ruefner-fs-schule.pdf (pdf - 317.98 KB)
Von Dr. Gerhard Czermak, Friedberg/Bay
Eine Rückschau unter dem Aspekt der individuellen Religionsfreiheit und Neutralität.
In: Kirche und Religion im sozialen Rechtsstaat. Festschrift für Wolfgang Rüfner zum 70. Geburtstag. Hrsg. von Stefan Muckel, Berlin 2003: De Gruyter, S. 79-109
[Folgende Übersicht nicht im Original]
- Einleitung und Vorgeschichte
- Schule in der Adenauer-Ära
- Probleme der Christlichen Gemeinschaftsschule
- Religion und Weltanschauung als aktuelles schulisches Konfliktfeld
- Religiös-weltanschauliche Neutralität als nur verbale oder wirkliche Kategorie des Verfassungsrechts?
I. Einleitung und Vorgeschichte
1. Die Tatsache der zunehmenden Entchristlichung und religiös-weltanschaulichen (im Folgenden: r-w) Pluralisierung der deutschen Gesellschaft bedeutet zwangsläufig einen Anpassungs- bzw. Rechtfertigungsdruck auf die Rechtsordnung und eine Zunahme von Wertungsdifferenzen zwischen Staat und Religion bzw. Weltanschauung. Hierzu hat Wolfgang Rüfner vor zwei Jahren eine Reihe von Problemfeldern benannt und darauf hingewiesen, es sei kein Zufall, dass die meisten Probleme der Kollision von religiösen und staatlichen Anforderungen im Bereich der staatlichen Schule auftreten.[1] Schule war ja schon immer ein ideologisch zentrales Feld: bedeutsam für die geistige und somit r-w Entwicklung der jungen Menschen und somit ein wichtiger Faktor im Ringen um Macht und Einfluss in Staat und Gesellschaft. Ideologische Voreingenommenheiten, zumindest Präferenzen, spielen auch heute nicht nur in der rechtspolitischen, sondern auch in der rechtlichen Beurteilung eine erhebliche Rolle. Deswegen erscheint es gerade in gewandelter religionssoziologischer Lage gerechtfertigt, wenn sich zum Thema dieser Skizze jemand aus einem Blickwinkel äußert, der bisher vernachlässigt wurde. Das Bemühen um eine nüchtern-kritische, aber stets an das GG rückgebundene Schau der Dinge wird manchem Leser unbequem sein. Wenn der kursorische und schon angesichts der Vielzahl der Bundesländer notwendig lückenhafte Rückblick auf dieses verminte Feld aber als ernsthafter Versuch einer verfassungsrechtlichen Einordnung und als Gesprächsgrundlage akzeptiert werden könnte, hätte er seinen Zweck erfüllt.
2. In der Rückschau führen die großen christlichen Kirchen nicht erst seit dem 19. Jh. auch im Schulwesen anhaltende Rückzugsgefechte, die im Spannungsgefüge von institutionellen und individuellen Glaubensinteressen einerseits und staatlichem Recht sowie bedeutender gesellschaftlicher Veränderungen andererseits geführt werden.
a) Ein Schutz religiöser Minderheiten war im Schulwesen bis weit ins 20. Jahrhundert unbekannt, von Nichtreligiösen ganz zu schweigen. Wegen der Integration der evangelischen Landeskirchen in die Staatsverwaltung stand im 19. Jh. die katholische Kirche im Mittelpunkt des Interesses, zumal diese sich den modernen Strömungen einschließlich der allgemeinen Religionsfreiheit bekanntlich vehement verweigerte; dies braucht hier nicht näher ausgeführt und belegt zu werden. Jedenfalls war die Enzyklika Quanta cura von 1864 mit dem beigefügten berüchtigten Syllabus errorum eine "Kampfansage gegen die Souveränität und Liberalität des modernen Verfassungsstaats und gegen die Autonomie der liberalen Gesellschaft".[2] Diese katholische Verweigerung war – nicht nur in Deutschland - einer der Hauptgründe des seit 1871 tobenden "Kulturkampfes". Schon in den 1860 er Jahren hatte es erst in Baden, dann in Bayern Auseinandersetzungen gegeben, weil der Staat gegenüber den Kirchen die Schulhoheit beanspruchte.[3] Gleich in der Anfangszeit des deutschen Kulturkampfs etablierte der preußische Kultusminister Falk die staatliche Aufsicht über den Religionsunterricht, in dessen Gefolge ca. 1000 Ordensangehörige den Schuldienst quittieren mussten. Aber insbesondere in Bayern wusste die Kirche den Kampf um die sog. Simultanschule zu gewinnen, und der erneute Sieg der Konfessionsschulen gegen die wenigen – natürlich ebenfalls christlichen – Gemeinschaftsschulen war 1883 nahezu vollständig. Bis 1919 gab es die bei der Lehrerschaft verhasste geistliche Schulaufsicht, die die gesamte Volksschule betraf. Die seitdem erstmals ermöglichte Abmeldung vom Religionsunterricht brachte die katholischen bayerischen Bischöfe in Rage: Es handele sich um eine "neue kulturkämpferische Gewalttat gegen Religion und Kirche" und einen "Eingriff in das innerkirchliche Rechtsgebiet" mit der notwendigen Folge einer "zunehmende(n) sittliche(n) Verwilderung der Jugend".[4]
b) Ungeachtet dieser Zerwürfnisse kam unter Mitwirkung der katholischen Zentrumspartei der zentrale Schulartikel 146 der WRV zustande, der – vorbehaltlich eines zu erlassenden Reichsvolksschulgesetzes - die "gemeinsame Grundschule" als öffentliche Regelschule etablierte. Religionsfragen und insbesondere die Schulverfassung zählten zu den strittigsten Fragen.[5] Zum Reichsgesetz ist es bekanntlich nicht gekommen, so dass es in der Konfessionsschulfrage bei der bisherigen landesrechtlichen Regelung blieb, in Bayern beim sehr konservativen Rechtsstand von 1883. Statt des Siegeszugs der Gemeinschaftsschulen (die außerhalb des Volksschulwesens die Norm waren) kam es sogar zur Intensivierung der kirchlichen Positionen in Form paritätischer Konkordate und evangelischer Kirchenverträge in Bayern bzw. der Pfalz (1924).[6] Sie waren ausgesprochen klerikal und forderten insbesondere die bekenntnisgemäße Gesinnungstreue, weshalb es im Landtag zu heftigen Auseinandersetzungen kam und Proteste des Lehrerverbands wenigstens zu einer abmildernden Regierungserklärung betreffend den Gesetzesvollzug führten. Verträge mit Preußen (1929 bzw. 1931) und Baden (1932) enthielten keine schulrechtlichen Bestimmungen. Das Bayernkonkordat stellte "das günstigste Ergebnis dar, das zwischen der katholischen Kirche und einem modernen liberalen Staat je ausgehandelt wurde".[7] Verfassungsrechtlich wurde es vielfach kritisiert.[8] In vielen Ländern waren Kirchenvertreter in Organen der Schulverwaltung tätig. Die in der WRV vorgesehenen "bekenntnisfreien Schulen" konnten mangels Reichsvolksschulgesetz nicht eingerichtet werden. Die vorhandenen bekenntnislosen Lehrer konnte man nicht entlassen, hatte aber kaum Verwendung für sie. Die von den Verfassungsrechtlern nahezu einmütig vertretene Meinung, die Benachteiligung konfessionsloser Lehrer sei verboten, "ließ sich in der Praxis kaum durchsetzen".[9] So kann man resümieren, dass die schulrechtliche Intention der WRV im Volksschulwesen weithin leer lief. Die Bekenntnisschulen dominierten völlig und wurden in Artikel 23 und 24 des Reichskonkordats vom 20.7.1933 ausdrücklich als materiell-katholische Schulen gewährleistet.
II. Schule in der Adenauer-Ära
1. Zur Situation nach 1945
Eine Reihe von Faktoren hat dazu beigetragen, dass die großen Kirchen in Deutschland nach dem Zusammenbruch von 1945 rasch Ansehen und enormen politischen Einfluss gewannen. Sie waren zwar abgründig in das NS-Regime verstrickt gewesen[10], aber als einzige der großen gesellschaftlichen Organisationen in ihren Strukturen mehr oder weniger intakt geblieben; im Juli 1948 konnte bereits die Grundordnung der EKD verabschiedet werden. Die Kirchen wurden von den Alliierten bereitwillig als Gesprächspartner akzeptiert, erschienen sie doch als Garanten von Kontinuität und Ordnung inmitten eines allgemeinen inneren und äußeren Chaos. Dem Volk boten sie Sinndeutung in einer Zeit der Sinnentleerung an. Ihre offizielle Kehrtwende[11] war ebenso abrupt wie die der deutschen Bevölkerung, soziologisch kein überraschender Befund.
Beide Kirchen hatten beste Voraussetzungen für ein politisches Wirken im Verein mit den zwei neuen, nunmehr interkonfessionellen "christlichen" Parteien CDU und CSU. Hierzu schreibt Paul Mikat: "Schon bald nach der Kapitulation des Reiches meldeten die katholischen Bischöfe kraftvoll ihre kirchenpolitischen und vor allem ihre schulpolitischen Forderungen an."[12] Die Fuldaer Bischofskonferenz forderte die Einrichtung von Bekenntnisschulen. Führende Protestanten sprachen bald von einem "Wächteramt" der Kirchen. Die Forderung nach Rechristianisierung der Gesellschaft ließ bereits die heftigen weltanschaulichen Auseinandersetzungen um das Elternrecht und den Charakter der öffentlichen Schulen erwarten, die anlässlich der Beratungen des Parlamentarischen Rats zum Bonner Grundgesetz unter erheblicher Einflussnahme insbesondere der katholischen Kirche (Prälat Wilhelm Böhler, Adolf Süsterhenn) stattfinden sollten. Als der Parlamentarische Rat 1948 mit seinen Beratungen begann, existierten bereits einige Länderverfassungen. Insbesondere die Verfassungen von Bayern, Rheinland-Pfalz, Württemberg-Baden und Saarland enthielten bereits starke dezidiert christliche Elemente.[13] In Bayern war die Position der katholischen Kirche so stark, dass Wilhelm Hoegner (SPD) u.a. einen Kulturkampf befürchtete, wenn Konfessionsschulen nicht zugelassen würden. Selbst die traditionell kirchenkritische FDP setzte sich entgegen ihren Prinzipien nur für eine speziell christliche Gemeinschaftsschule ein, denn diese schmälere das "Recht der Kirchen zur religiösen Erziehung" (!) nicht.[14] Mit der Bekenntnisschule als Regelschule in der Landesverfassung hatten die Kirchen in Bayern 1946 sogar mehr bekommen, als es (verfassungsrechtlich ohnehin sehr problematisch) Konkordat und Kirchenvertrag von 1924 garantierten.
2. Vom Parlamentarischen Rat zum Grundgesetz
Wenige Tage vor dem Zusammentritt des Parlamentarischen Rats 1948 in Bonn brachte die Fuldaer Bischofskonferenz ihre Erwartungen in einem Hirtenbrief zum Ausdruck: "Wir wollen dafür Sorge tragen, daß die Grundsteine mit der Ehrfurcht vor Gott gesalbt und nicht in den Schatten der Gottesferne gelegt werden. Jeder Baustein soll nach den Bauplänen Gottes geformt und gesetzt werden... Die Wahrung der Rechte und Freiheit der Kirche werden für die christliche Lebensgestaltung in einem Staate von ausschlaggebender Bedeutung und darum bei der Staatsbildung und -gestaltung eine verantwortungsvolle Pflicht und Sorge für die Christen sein."[15]
Das parlamentarische Ringen zu den weltanschaulichen Fragen kann man wie folgt zusammenfassen:
"In keiner anderen Frage prallten die weltanschaulichen Gegensätze so hart und unversöhnlich im Parlamentarischen Rat aufeinander als bei den Erörterungen der kulturpolitischen Fragen... Durch die Interventionen der katholischen und der evangelischen Kirche verhärteten sich die Fronten zusehends...Am heftigsten wurde um die Regelungen des Schulwesens gerungen.."[16] Nachdem die Versuche der Konservativen, das speziell katholische Anliegen der Verankerung des Elternrechts im Sinn eines grundgesetzlichen Anspruchs auf konfessionelle Gestaltung des öffentlichen Schulwesens[17] ebenso gescheitert waren wie eine ausdrückliche Regelung über den Fortbestand des Reichskonkordats und die Frage des Schutzes des ungeborenen Lebens[18], konnten die Fragen des Staat-Kirchen-Verhältnisses schließlich wegen der Mehrheit der SPD und FDP nur durch Inkorporierung nahezu aller Weimarer Kirchenartikel geregelt werden. Der Kampf um die Schulen mündete schließlich in Art. 7 GG. Er sagt unmittelbar zur r-w Form der allgemeinen öffentlichen Schulen nichts aus, lässt aber durch Rückschluss aus Art. 7 V GG klar erkennen, dass sowohl Gemeinschaftsschulen (für alle Schüler), als auch Bekenntnis- oder Weltanschauungsschulen (zu denen möglicherweise auch die in Art. 7 III genannten bekenntnisfreien Schulen gehören) als öffentliche Schulen jedenfalls grundsätzlich zulässig sind. Über das Verhältnis dieser Möglichkeiten – die noch durch Art. 141 GG zu ergänzen sind - zu Art. 4 GG ist aber weder diesem, noch Art. 7 GG textlich etwas zu entnehmen. Art. 7 GG enthält in r-w Hinsicht weder eine Aussage zur Zulässigkeit einer öffentlichen allgemeinen oder Regelschule, noch eine Einschränkung der individuellen Religionsfreiheit. Daher hätte angesichts der bei Inkrafttreten des GG schon starken Verbreitung des konfessionellen Volksschulwesens die Frage der Zulässigkeit von Konfessionsschulen als Regelschulen wenigstens in der Zeit nach 1949 ein Thema sein müssen. Aber bis in die 1960 er Jahre waren die staatlichen Konfessionsschulen in Bayern (Regelschulen), Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und Saarland stark vertreten, im Saarland bis 1965 sogar als ausschließliche Schulform. Die übrigen Länder waren durch Gemeinschaftsschulen geprägt, deren r-w Charakter nicht immer klar zu beurteilen war.
3. Das Konfessionsschulwesen in der Phase staatskirchenrechtlicher Euphorie
a) Ungeachtet der bundesverfassungsrechtlichen Lage, die gekennzeichnet war durch eine noch nie da gewesene starke Garantie der individuellen Religionsfreiheit (s. die unmittelbare Grundrechtsgeltung, Art. 1 III GG), begann die Konfessionalisierung weiter Teile des Adenauer-Staates. Die Ära der Konfessionsschulen mit ihrer konfessionellen Lehrerbildung begann bzw. wurde fortgesetzt. Staatsrechtlich setzte sich die aus heutiger Sicht erstaunliche Lehre eines "Bedeutungswandels" der Weimarer Kirchenartikel durch mit dem Ergebnis ihrer Verkirchlichung. Staat und Kirche galten als gleichrangige Institutionen, die zwangsläufig auf Vertragsebene kooperieren mussten, wobei im Rahmen der sog. Koordinationslehre[19] eine klare rechtliche Privilegierung auch gegenüber anderen korporierten christlichen Religionsgemeinschaften bestand. Nach einer Legitimation durch den Text der Verfassung sucht man vergebens. Gleichwohl erkannte vorübergehend sogar die Höchstrichterliche Rechtsprechung diese extreme Koordinationslehre an: Nach einem Urteil des BGH vom 16.3.1961[20] waren die Kirchen mit ihrer originären Hoheitsgewalt der staatlichen Hoheitsgewalt nicht unterworfen. Einer früheren Entscheidung des BGH zufolge galt staatliches Recht für die Kirchen nur dann, wenn es sich um "Normen elementaren Charakters, die sich als Ausprägungen und Regelungen grundsätzlicher, jedem Recht wesentlicher, für unseren sozialen Rechtsstaat unabdingbarer Postulate darstellen", handelte[21], ferner, wenn die Regelungen "vom kirchlichen Recht stillschweigend oder ausdrücklich bejaht und in Bezug genommen werden". Diese Regeln galten, wohlgemerkt, nur für die christlichen Großkirchen.
b) Eingebunden war das alles in eine jüngeren Menschen kaum noch verständlich zu machende Szenerie des politischen Klerikalismus vornehmlich katholischer Prägung[22], der Kritik gern als "Konfessionshetze" und "Brunnenvergiftung" abtat. SPD - Regierungen wurden selbst dann als marxistisch-liberal und antikirchlich bekämpft, wenn sie profilierte Christen zum Kultusminister machten usw. (Bayern, Hessen). Im juristischen Bereich gewann das katholische Naturrechtsdenken breiten Raum und bestimmte das allgemeine Klima. Dieses Denken geht von einer unveränderten göttlichen Ordnung, der lex aeterna, aus und von einem durch die Vernunft erkennbaren natürlichen Sittengesetz. In Verbindung mit dem Kirchenrecht ergibt sich daraus das Bestreben, die Rechtsordnung in christlichem Sinn zu beeinflussen. Der Einfluss dieses naturrechtlichen Denkens auf die Rechtsprechung war nachweislich enorm [23] und passte gut zur Tendenz der Klerikalisierung des öffentlichen Lebens. Ein Teil der Staatsrechtler versagte nichtreligiösen Menschen trotz der ziemlich eindeutigen Gleichstellung von Religion und nichtreligiöser Weltanschauung u.a. in Art. 4 I GG ausdrücklich die Berufung auf Art. 4 GG, etwa, weil "irreligiöse Skeptiker" mit ihrem Bekenntnis "die Freiheit verwerfen"[24] und der Staat ohne Bindung an das Christentum nicht denkbar sei.
c) Besonders deutlich zeigte sich das katholisch geprägte Rechtsdenken auch im Schulwesen. Im Kampf um die Schule war selbst ein Gespräch vielfach nicht möglich. Der Kampf um die Schule war es auch, der nach einem äußerst aufwendigen Verfahren zum bekannten Konkordatsurteil[25] des BVerfG führte. Die Bundesregierung hatte beim BVerfG auf Feststellung geklagt, das Land Niedersachsen, das mit seinem Schulgesetz von 1954 die Bildung von Bekenntnisschulen erschwert hatte, habe gegen das Reichskonkordat von 1933 verstoßen und seine Verpflichtung zur Einhaltung der Bundestreue verletzt. Obwohl das BVerfG eine Verpflichtung der Länder gegenüber dem Bund verneinte und den Feststellungsantrag abwies, machte es in den Entscheidungsgründen Ausführungen, auf die es zur Entscheidung gar nicht ankam und die höchst fragwürdig waren, die rechtliche und politische Entwicklung aber erheblich beeinflussten. Die schon damals äußerst umstrittene Auffassung des BVerfG, das Reichskonkordat gelte fort (wenn auch unter höchst merkwürdigen rechtlichen Umständen), kann hier dahinstehen.[26] In der damaligen Situation, 1957, war aus heutiger grundrechtlicher Sicht die Art und Weise verhängnisvoll, wie das BVerfG mit dem Konfessionsschulzwang umging: In einer Zeit, in der die Juristen ohnehin mit der individuellen Religionsfreiheit, speziell in der Schule, noch nichts Rechtes anzufangen wussten, rechtfertigte es - ganz nebenbei - den Konfessionsschulzwang (den selbst der Katholik Theodor Maunz in seinem Gutachten schon als ohne weiteres verfassungswidrig bezeichnet hatte [27] ) mit der kaum in die Form einer Begründung gekleideten Feststellung, man könne nicht allen Eltern eine ihren Wünschen entsprechende Schulart zur Verfügung stellen.[28] Art. 4 GG wurde als mögliche Begrenzung des Art. 7 I GG nicht einmal erwähnt. Damit wurde das Zeitalter der Konfessionsschulen mit seiner konfessionellen Lehrerbildung noch auf längere Zeit zementiert, und noch heute scheint dieses grundrechtliche Defizit bei manchen schulrechtlichen Präferenzen nachzuwirken.
d) Bayern, Rheinland-Pfalz (bis 1964), Saarland und der niedersächsische Landesteil Oldenburg kannten bis zu den Landschulreformen in den 1960 er Jahren ausschließlich eine konfessionell getrennte Lehrerausbildung[29], während Baden-Württemberg überwiegend simultan-christliche Pädagogische Hochschulen hatte. Das religiöse Ausbildungsprogramm musste z. B. in Bayern die Vorgabe des Art. 135 Abs. 2 BayVerf (Fassung 1946) beachten: "An den Bekenntnisschulen werden nur solche Lehrer verwendet, die geeignet und bereit sind, die Schüler nach den Grundsätzen des betreffenden Bekenntnisses zu unterrichten und zu erziehen."[30] Bekenntnisfreie Lehramtsstudenten waren nicht vorgesehen und jedenfalls ein Fremdkörper. In der Schulpraxis ergaben sich aus der konfessionellen Prägung vielfältige Probleme im Hinblick auf das Lehrerverhalten, wie man sie heute noch aus dem Bereich des kirchlichen Arbeitsrechts kennt. So war es trotz Art. 7 III 3 GG problematisch, wenn ein Lehrer keinen Religionsunterricht erteilen wollte, weil die Kirchen wegen des (zumindest theoretisch) auch konfessionell geprägten allgemeinen Unterrichts ein Beanstandungsrecht hatten. Für das BVerwG war es nach dem Konkordatsurteil (s. o.) ein Leichtes, mehrfach den Bekenntnisschulzwang und die Glaubensfreiheit ohne weiteres miteinander zu vereinbaren.[31] Wenigstens gestand es 1960 einer konfessionslosen Studentin einen Anspruch auf Ausbildung an einer der konfessionellen Pädagogischen Akademien in Rheinland-Pfalz zu.[32] 1963 vertrat das BVerwG die Ansicht, eine katholische Lehrerin als Trägerin eines konfessionsgebundenen Staatsamts müsse nicht unter allen Umständen versetzt werden, obwohl sie wegen Wiederheirat im Stand der Sünde lebe.[33]
e) Der BayVerfGH vertrat 1959 die Auffassung, Bekenntnisschulen bräuchten keine Schüler eines anderen christlichen Bekenntnisses aufzunehmen, wenn im Schulsprengel beide Konfessionen vertreten sind. Das gelte selbst dann, wenn ansonsten schulische Nachteile entstehen.[34] Aber 1967 sah derselbe Gerichtshof sich anlässlich einer durch die Konfessions- und Zwergschulproblematik erzwungenen Gesetzesänderung (konfessionell stark gemischte Bevölkerung) veranlasst, das in der Landesverfassung verankerte Bekenntnisschulprinzip aufzuweichen und christliche Minderheiten zu berücksichtigen. Die Glaubensfreiheit lasse es nicht zu, dass Schüler einer Bekenntnisminderheit nach den Grundsätzen der Bekenntnismehrheit erzogen würden. Andernfalls liege ein "klarer Verstoß" gegen das Grundrecht vor.[35] Das war die Geburt der interkonfessionellen Konfessionsschule. Zu diesem Zeitpunkt war die rechtspraktische Wende vom Konfessionsstaat zum Staat der Glaubensfreiheit aber bereits eingeleitet: in der Literatur vor allem durch den Paukenschlag von Helmut Quaritsch (1962 und 1966), aber auch durch Ernst Werner Fuß, Konrad Hesse, Gerhard Scheffler, Hermann Weber und den Außenseiter Erwin Fischer, besonders aber durch die acht Kirchensteuerurteile des BVerfG vom 14. 12. 1965. In seinem berühmten Urteil zur Badischen Kirchenbausteuer beschwor das BVerfG erstmals eindringlich die "weltanschaulich-religiöse Neutralität", die dem Staat – "Heimstatt aller Bürger" - "die Privilegierung bestimmter Bekenntnisse" untersage.[36] Gleichwohl scheute sich der BayVerfGH 1967 nicht, Nichtchristen das Grundrecht der "Glaubens- und Gewissensfreiheit", Art. 107 I BayVerf, in der Schule abzusprechen, obwohl er nur kurz zuvor bezüglich christlicher Bekenntnisminderheiten einen "klaren" Grundrechtsverstoß gesehen hatte (s. oben). Das Grundrecht wurde den Nichtchristen zwar nicht generell aberkannt, aber die "Ausmerzung" des christlich geprägten Geistes der (Volks)Schule verletze die "Gewissensfreiheit" der christlichen Eltern. Auch habe der Gedanke der Nichtmajorisierung der Grundrechte Schranken "kraft unserer demokratischen Rechtsordnung".[37]
f) Zusammenfassend kann man für die Bundesrepublik der Nachkriegszeit bis zu den Landschulreformen Mitte der Sechziger Jahre sagen: Die Rechtsordnung war insgesamt stark gekennzeichnet durch christlich geprägte Normen in verschiedenen Rechtsgebieten (z. B. insb. Strafrecht, Familienrecht, auch Verwaltungsrecht), besonders deutlich aber im Schulwesen.[38] Der Gedanke der r-w Neutralität im Sinn der Gleichberechtigung der verschiedenen Religionen und nichtreligiöser Weltanschauung war trotz Art. 3 III, 4 I, 33 III GG sowie Art. 136 und 137 VII WRV i.V.m. Art. 140 GG in Staat und Gesellschaft weit gehend fremd – und in abgemildertem Umfang ist das selbst heute noch so (s. unter Abschnitt V).
III. Probleme der Christlichen Gemeinschaftsschule
1. Die Schulentscheidungen des BVerfG von 1975
a) Mitte der 1960 er Jahre war die Konfessionsschule als Regelschule rechtlich und politisch unhaltbar geworden. In Bayern einigten sich die Landtagsfraktionen nach langwierigen Verhandlungen, insb. mit der katholischen Kirche, auf ein gemeinsames Volksbegehren[39], so dass 1968 durch Volksentscheid die Verfassung geändert wurde. Seither gibt es nur noch Volksschulen für alle Kinder. "In ihnen werden", so heißt es in Art. 135 S. 2 BayVerf (neu) noch heute, "die Schüler nach den Grundsätzen der christlichen Bekenntnisse unterrichtet und erzogen." Das war nach Entstehungsgeschichte und Text eine eindeutig auch inhaltlich christlich geprägte Gemeinschaftsschule, was es in dieser klaren Ausrichtung damals wohl nur noch in Rheinland-Pfalz gab. Der Vorwurf, es handele sich dabei nur um eine abgemilderte Form der Konfessionsschule, nämlich das Unding einer interkonfessionellen Konfessionsschule, konnte nicht ausbleiben.
b) Es dauerte bis Ende 1975, bis das BVerfG Verfassungsbeschwerden aus den Jahren 1968 und 1969 ablehnte, dabei aber den Begriff der Christlichen Gemeinschaftsschule (im Folgenden: CGS) wegen Art. 4 GG verfassungskonform verstand. Im Gegensatz zur Baden-Württemberg betreffenden Entscheidung[40] war Art. 135 BayVerf[41] wegen seiner Eindeutigkeit eigentlich nicht mehr auslegbar[42], so dass etwa Klaus Obermayer die verbale Aufrechterhaltung des Art. 135 BayVerf (1968) angesichts der Entscheidungsbegründung für erstaunlich hielt.[43] Sie war ja nur ein "täuschendes Etikett".[44] Denn das BVerfG verstand – trotz irritierender einzelner Formulierungen – das Christentum in der CGS hauptsächlich als Bestandteil unserer Kultur und Tradition und als Unterrichtsgegenstand, nicht jedoch als Glaubensgut. Andernfalls werde gegen das GG verstoßen. Den beiden Entscheidungen ist zusammengefasst zu entnehmen, dass der Landesgesetzgeber Art. 4 und Art. 6 II GG aller Eltern beachten muss; dass der Minderheitenschutz im Vordergrund steht; dass es um die Werte und Normen geht, die, vom Christentum maßgeblich geprägt, auch weitgehend zum Gemeingut des abendländischen Kulturkreises geworden sind; dass der r-w neutrale Staat nichtchristliche Minderheiten nicht diskriminieren darf, zumal es "um das Bestreben nach Verwirklichung der autonomen Persönlichkeit" im r-w Bereich geht; daher dürften bekenntnismäßig nicht gebundene Lehrer auch bei der Stellenbesetzung nicht benachteiligt werden.
c) Diese Entscheidungen[45] brachten an der gesellschaftlich-juristischen Oberfläche eine auffällige Ruhe zustande, obwohl doch die politisch weitgehend gewollte dezidiert christliche Prägung der Schule damit ausdrücklich untersagt war. Eine Schule, die zwar formal christlich genannt werden, aber christliches Glaubensgut außerhalb des Religionsunterrichts allenfalls darlegen, nicht jedoch propagieren durfte, war ein Etikettenschwindel.[46] Er erleichterte es insbesondere der bayerischen Schulverwaltung, unter bewusstem Verstoß gegen die bindende Entscheidung des BVerfG eine dezidiert christliche Schule zu perpetuieren (vgl. unten III 4). Denn der bei normalem Verständnis völlig gegenteilige Text der Landesverfassung (Art. 135 BayVerf 1968) blieb ja rein formal bestehen. Die Befürworter einer "neutralen" Schule konnten sich zwar als eigentliche Sieger fühlen. Eine (im Hinblick auf die Kruzifix-Entscheidung von 1995 erneute) genaue Lektüre beider Entscheidungen zeigt aber, dass sie – zusammengelesen – doch auch Formulierungen enthalten, die auf unzureichende juristische Durchdringung schließen lassen: Während die Bayern-Entscheidung nur auf die Zulässigkeit von Kulturchristentum abstellt, spricht die Entscheidung zur baden-württembergischen CGS von einer christlichen Orientierungsbasis und von einer nicht näher erläuterten Reduzierung von Zwangselementen auf ein bloßes Minimum. Statt von Neutralität ist von Toleranz die Rede, die freilich einen eigenen (welchen?) Standpunkt als Basis voraussetzt. Das Christentum sei in den Profanfächern nur "in erster Linie" in Form der Anerkennung des prägenden Kultur- und Bildungsfaktors zu bejahen. Auch wird gesprochen von der Möglichkeit eines Ausweichens als Minderheitenschutz, nicht aber von Neutralität, die an anderer Stelle zwar gefordert wird, aber nebulös bleibt. Auch die naheliegende Problematik des Schulkreuzes bleibt unerwähnt, obwohl das Gericht einmal die Entscheidung zum Kreuz im Gerichtssaal[47] zitiert, in der sich das Gericht ebenfalls um Grundsatzfragen der r-w Neutralität herumgedrückt hatte. An anderer Stelle ist dogmatisch unzutreffend von kollidierenden Grundrechten Andersdenkender und von einem für alle zumutbaren Kompromiss die Rede. All das wirft die Frage auf, ob und inwieweit das BVerfG nicht doch gewisse materiell-christliche Elemente hinzunehmen bereit war: eine wesentliche Schwäche dieser Entscheidung, die sich 1995 rächen sollte.[48]
2. Folgeprobleme
a) Zu den zahlreichen allgemeinen Problemen der auch bei Berücksichtigung der Ambivalenz der erörterten Entscheidungen zumindest stark reduzierten "Christlichkeit" der CGS gehören die Zulässigkeit des Schulgebets, die Zulässigkeit spezifisch religiöser Lehrerkleidung (Bhagwan-Fälle; islamisches Kopftuch; religiöser Schmuck), das Erziehungsziel "Ehrfurcht vor Gott", die allgemeine ideologische Neutralität der Schule (Sexualkunde, Schulbuchzulassung, Erziehungsziele; Anti-Atomkraft-Plakette; Unterrichtsbefreiung), allgemein die Grundrechte der Lehrer in r-w Hinsicht, insb. von nichtchristlichen Lehrern (Lehramtsbewerbung, Schulkreuz). Ein umfangreiches Kapitel ist die Frage der direkten und indirekten Einflussnahmen der Schulverwaltung in christlichem Sinn. Weitere Konfliktfelder sind Religions- und Ethikunterricht, wobei die Interessen nichtreligiöser Beteiligter weitgehend ignoriert werden. Im Folgenden sowie im nächsten Abschnitt IV wird versucht, zu den Problemen unter Berücksichtigung der bisherigen Sachbehandlung kritisch Stellung zu nehmen. Es wird sich zeigen, dass Kern der Gesamtproblematik die weithin ungeliebte, kaum untersuchte und rechtspraktisch stark missachtete r-w Neutralität des Staats ist. Dies endlich eingehend untersucht zu haben, verleiht allein schon der großen Untersuchung von Stefan Huster zur staatlichen Neutralität (2002) ihren Rang.[49]
b) Ausgangspunkt der Erörterungen ist hier folgende kurz skizzierte Rechtsauffassung, die mit dem von Huster entwickelten Neutralitätsliberalismus als innere Basis des GG wohl zusammenstimmt. Sie dürfte weitgehend den in der Staatsrechtslehre und höchstrichterlichen Rechtsprechung theoretisch zumeist vertretenen Auffassungen entsprechen:
Das Rechtssystem darf nicht metaphysisch begründet sein; der im GG verankerte und vom Trennungsprinzip zu unterscheidende Neutralitätsgrundsatz des GG ergibt sich mittelbar insb. aus Art. 3 III, 4 I, 33 III GG, Art. 137 VII WRV i.V.m. Art. 140 GG; er stellt einen Hauptaspekt des r-w Gleichheitssatzes dar und besagt in seiner allgemeinsten Form, dass der Staat auch in dieser Richtung unparteilich sein muss; der Staat als solcher hat keine Religion oder Weltanschauung (Grundsatz der Nichtidentifikation); seine "Ideologie" ergibt sich aus seinen eigenen zentralen Existenzbedingungen (Grundrechte, freier geistiger Prozess, Völkerfreundschaft usw., vgl. Art. 79 III GG); Neutralität bedeutet auch, dass die Verfassung weder als christlich, noch auch nur als religiös, zivilreligiös oder nichtreligiös verstanden werden kann; r-w Neutralität bedeutet nicht Indifferenz und Laizismus im Sinn von Ignorierung aller religiösen Sachverhalte in der Rechtsordnung[50]; ohne sachlich Position zu beziehen, darf (nicht ohne weiteres: muss) der Staat r-w Tatsachen im Recht berücksichtigen und die r-w Entfaltung von Bürgern und Vereinigungen auf der Basis strikter Gleichbehandlung zumindest grundsätzlich fördern.
3. Einzelfragen
a) Schulgebet
Die vieldiskutierte Schulgebetsentscheidung des BVerfG von 1979[51] wurde schon ihres Ergebnisses wegen weithin begrüßt, schien sie doch die Christlichkeit der CGS zu unterstützen. Entschieden wurde über zwei Verfassungsbeschwerden aus Hessen (dort war ein Gebet im Hinblick auf die oft kritisierte Entscheidung des HessStGH von 1965[52] untersagt worden) und Nordrhein-Westfalen (hier hatte 1973 das BVerwG[53] zugunsten des Gebets entschieden). Das BVerfG nahm Bezug auf die oben diskutierten Schulentscheidungen von 1975 und verstand das Gebet als überkonfessionell-christliche Anrufung Gottes. Es sei "nicht Teil des allgemeinen Schulunterrichts", liege außerhalb des staatlichen Bildungs- und Erziehungsauftrags und bedeute "keine gezielte erzieherische Einflussnahme seitens Schule und Lehrer auf die Kinder, sondern eine im Regelfall gemeinsam mit dem Lehrer ausgeübte religiöse Betätigung". Daher sei es nur bei "völliger Freiwilligkeit" zulässig. Dennoch bleibe das Gebet "eine dem Staat zuzurechnende schulische Veranstaltung", zumindest, wenn es vom Lehrer angeregt werde und innerhalb der Unterrichtszeit stattfinde. Wenn der Staat das zulasse, fördere er zwar das Christentum, was aber noch im Rahmen der Gestaltungsfreiheit des Art. 7 I GG liege. Die Länder seien jedoch nicht verpflichtet, ein Schulgebet zu ermöglichen. Andersdenkende müssten eine gewisse Sonderstellung hinnehmen, nur in Ausnahmefällen müsse auf das Gebet verzichtet werden.
Die Entscheidung liest sich über weite Strecken mehr wie ein Besinnungsaufsatz denn eine lege artis durchgeführte juristische Begründung. Dennoch erfolgte kaum Entscheidungskritik. Ernst-Wolfgang Böckenförde hatte allerdings schon die Vorentscheidung des BVerwG als dogmatisch unzureichend bezeichnet. Er nahm als einer von wenigen den schon längst von v. Zezschwitz eindringlich erhobenen zentralen Einwand der verfassungsrechtlichen Inkompetenz des Staats zur Veranstaltung religiöser Übungen[54] zumindest auf. Er schob ihn aber mit der nicht näher begründeten These beiseite, die Verrichtung eines Schulgebets unter Anleitung und Aufsicht einer Lehrperson sei als "dritte Art" von amtlichem Handeln neben dem Verwaltungsakt und dem faktisch-hoheitlichen Handeln dem Schulträger nicht zuzurechnen und im gesellschaftlichen Raum grundsätzlich zulässig.[55] Daher stellte er gegenüber dem BVerfG, dem er freilich eine Reihe anderer dogmatischer Ungereimtheiten vorwarf[56], die Kompetenzfrage nicht mehr. Weder das BVerfG (wie schon das BVerwG und selbst der HessStGH), noch seine zahlreichen Befürworter erwähnten das sich doch aufdrängende Kompetenzproblem auch nur. Diese Methode der wohl nicht zufälligen Problemverdrängung wurde bezüglich des sechzehn Jahre später ergangenen "Kruzifix-Beschlusses" wiederholt. Und heutzutage wird die 1979 dem (christlichen) Lehrer beim Gebet zuerkannte freie Entscheidung der (muslimischen) Lehrerin bezüglich der Kopfbedeckung überwiegend verweigert: jetzt, wo die Kompetenzfrage gegen das Kopftuch benötigt wurde, stellte man sie eindringlich.
Nach richtiger Auffassung ist der Lehrer– entsprechend wie in den aktuellen, im übrigen freilich nicht ganz vergleichbaren Kopftuchfällen - zumindest auch Amtsperson, wenn er das Gebet im Klassenzimmer im Zusammenhang mit dem Unterricht veranlasst und es seinen Schülern nicht lediglich ermöglicht und freistellt. Das Gebet ist jedenfalls dann dem Staat zuzurechnen, wie auch das BVerfG einräumt. Als Amtsperson darf sich aber kein Lehrer mit einer Religion derart identifizieren, zumal das Gebet, wie auch das BVerfG richtig sagt, außerhalb des staatlichen Bildungs- und Erziehungsauftrags liegt. Es bedeutet auch nach Auffassung des Gerichts eine Förderung des Christentums, die "über die religiösen Bezüge hinausgeht, die sich aus der Anerkennung des prägenden Kultur- und Bildungsfaktors des Christentums (BVerfGE 41, 29, 52) ergeben". Bei maßgeblicher Mitwirkung des Lehrers kann auch von völliger Freiwilligkeit der Teilnahme keine Rede mehr sein. Wenn Schüler mit Genehmigung der Schulleitung und des Lehrers einvernehmlich ein Gebet sprechen wollen, mögen sie das tun und der Lehrer mag sich daran – als Privatperson – beteiligen. Das BVerfG hat somit zu einer weiteren Verunklarung beigetragen und regelmäßigen Rechtsbruch begünstigt.[57]
b) Zur Unzulässigkeit ideologischer Beeinflussung der Schüler
Die Frage, inwieweit staatliche schulische Maßnahmen auf die Erziehung und Unterrichtung der Schüler inhaltlich Einfluss nehmen dürfen, ist ebenso viel diskutiert wie bisher wenig geklärt.[58] Zahlreiche Abhandlungen zu Fragen der Erziehungsziele und Lehrpläne, ja der "Wertedebatte" überhaupt lassen den Leser, der zu den Kriterien der Abgrenzung von zulässiger und unzulässiger schulischer Wertevermittlung Konkretes erfahren will, ratlos zurück. Dem entspricht die Schwammigkeit und dogmatische Ungereimtheit gerichtlicher Entscheidungen, die für Fragen von r-w Bedeutung fast typisch sind.
aa) Eine erste wichtige Entscheidung ist der Sexualkunde-Beschluss des BVerfG von 1977.[59] Demnach darf der Staat neben reiner Sexualkunde auch Sexualerziehung durchführen, muss aber "die Verantwortung der Eltern für den Gesamtplan der Erziehung ihrer Kinder" gerade in diesem sensiblen Bereich besonders achten. Dieser Gesamtplan darf grundsätzlich nicht unterlaufen werden, wobei die Sexualerziehung "grundsätzlich eine größere Affinität zum elterlichen Bereich" hat. Schule müsse für die Vielfalt der Anschauungen soweit offen sein, als es sich mit einem geordneten Schulsystem verträgt, vgl. BVerfGE 34, 165, 183 (Förderstufen-Urteil), also jeden Versuch einer Indoktrinierung unterlassen und dabei auf die r-w Überzeugungen Rücksicht nehmen.
bb) Die Frage der religiösen Bekleidung von Lehrern an öffentlichen Schulen wurde bezeichnenderweise nicht bei den früher zahlreichen christlichen Ordensangehörigen mit auffälligem Ordenshabit aktuell, sondern erst mit den Entscheidungen zu ganz vereinzelten Bhagwan-Fällen. In Bayern und Hamburg haben Schulbehörden Lehrern das Tragen bhagwan-typischer Kleidung in Rottönen im Schulgebäude – jeweils mit Sofortvollzug - untersagt und ober- und höchstrichterliche Rechtsprechung haben das gebilligt. Der BayVGH führte 1985 aus: "Der ASt. sieht es als einen Teil seiner Religionsausübung an, Kleidung nur in den von seiner Religionsgemeinschaft gewählten Farben ... zu tragen, auch als Lehrer im Unterricht. Daraus kann sich eine religiöse Beeinflussung der Schüler ergeben... Daraus ergibt sich, dass das Auftreten eines Lehrers im Unterricht in bhagwan-typischer Kleidung eine religiöse Werbung bewirkt. Diese Gefahr steht im Gegensatz zum Neutralitätsgebot (Hervorhebung Cz) der Schule auf dem Gebiet der Religion und des Glaubens."[60] Dabei verkannte der Senat nicht, dass sich diese Kleidung – abgesehen von der Holzkette mit dem Bild des Bhagwan (Mala) – "nach Stoffqualität und Schnitt von herkömmlicher Straßenkleidung i.d.R. überhaupt nicht unterscheidet und dass Kleidung in den Farben, die die einzige Besonderheit gegenüber herkömmlicher Straßenkleidung darstellen, aus modischen Gründen auch außerhalb der Anhängerschaft des Bhagwan nicht selten getragen werden..." Es geht um die "Fernhaltung etwaiger mit dem Schulauftrag unvereinbarer Suggestions- und Werbewirkungen", die Vermeidung des "von der Verwendung der religiösen Symbole als solcher ausgehenden Risikos unterschwelliger, rational nicht beherrschbarer Einflussnahme"[61]. Dieselbe Auffassung wie der BayVGH vertrat auch das OVG Hamburg.[62] Das BVerwG bestätigte 1988 in einem Beschluss über die Nichtzulassungsbeschwerde betreffend das Hauptsache-Urteil des BayVGH dessen Auffassung. Das regelmäßige Tragen derartiger Kleidung könne auf Unverständnis und Ablehnung stoßen und das Grundrecht der negativen Bekenntnisfreiheit treffen, weil man sich "einer solchen Demonstration religiöser Überzeugung nicht entziehen kann". Die konkreten Fallumstände seien berücksichtigt.[63] Eine Parallele zum christlichen Ordenshabit wurde in der Diskussion kaum je erwähnt.[64]
cc) Auch bezüglich der Schulbuchzulassung und allgemein-politischer Abzeichen hält die höchstrichterliche Rechtsprechung seit längerem jegliche Indoktrinationsabsicht für unzulässig. 1988 entschied das BVerwG, bei der Schulbuchzulassung sei es dem Staat "unbeschadet verfassungsrechtlich oder gesetzlich bestimmter Erziehungsziele, die die Schule anzustreben und zu fördern hat, verwehrt, die Erziehungsarbeit der Schule, die tiefgreifenden Einfluss auf die ganze Persönlichkeitsentwicklung des Schülers nimmt, so anzulegen, dass sie in den Dienst bestimmter weltanschaulicher, ideologischer oder politischer Richtungen tritt."[65] Das BVerfG hat die hiergegen erhobene Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen[66], da eine "gezielte Beeinflussung" untersagt sei. Zwar blieben die genauen Grenzen zwischen zulässiger Erziehung und unzulässiger Indoktrination in diesem Sinn offen. Immerhin hat das BVerwG 1990 das Tragen einer Anti-Atomkraft-Plakette durch einen Lehrer während des Schuldienstes als unzulässige politische Meinungsäußerung, nämlich "demonstrativen" rechtswidrigen Eingriff in den "Meinungsbildungsprozess der Schüler" gewertet. Die Neutralität verlange, dass jede einseitige Werbung unterbunden werde. Andernfalls werde "die Akzeptanz des öffentlichen Schulsystems...nachhaltig erschüttert". Zu Rechtsdiskussionen haben diese Entscheidungen keinen Anlass gegeben.
dd) Es kann nicht verwundern, dass die Rechtsliteratur nicht nur in politischer oder gar parteipolitischer, sondern auch allgemeiner ideologischer Hinsicht einschließlich r-w Überzeugungen jede einseitige Einflussnahme grundsätzlich seit langem ablehnt. Im neueren Verfassungsrecht der Bundesrepublik wird weitgehend auch der Schutz vor mittelbarer staatlicher Beeinflussung in Glaubenssachen als wesentlicher Bestandteil der individuellen Religionsfreiheit (zumeist: Glaubensfreiheit[67]) angesehen: Freiheit der staatlich unbeeinflussten Glaubensbildung als Schutz des forum internum.[68] Bemerkenswerter Weise finden dazu gerade auch solche Autoren deutliche Formulierungen, die eine schulische Beeinflussung durch das Kreuzsymbol für unbedenklich halten. So erklärt Axel v. Campenhausen: "Die Glaubensfreiheit ...erfasst...das forum internum. In diesem Sinne verbietet sie staatliche Einflussnahme auf die Bildung von Glaubensüberzeugungen und jeden staatlichen Glaubenszwang, auch mittelbarer oder tatsächlicher Art. Die Freiheit der Glaubenswahl gehört mit allen Vorstadien der Meinungsbildung, der Informationsbemühungen und der suchenden Zuwendung zu einer Glaubensgemeinschaft...dazu...Diese Freiheit gilt unbeschränkt."[69] Joseph Listl formuliert, die Glaubensfreiheit, weithin ein reines Internum, bilde "den uneinschränkbaren Kernbereich" der Religionsfreiheit. Dann weiter: "Einer rechtlichen Regelung ist die Glaubensfreiheit nur insofern zugänglich, als es dem zu religiöser Neutralität verpflichteten Staat schlechthin verwehrt ist, auf die Bildung von Glaubensüberzeugungen Einfluss zu nehmen (Hervorh. im Original).[70] Und Martin Heckel bekräftigt seine Auffassung mit der (allerdings bezüglich des brandenburgischen LER-Unterrichts abgegebenen) Bemerkung: "Subtile Beeinflussung wirkt viel nachhaltiger und vergiftender auf das religiöse Leben der Kinder ein als die grobe, äußere Unterdrückung der Religionsfreiheit, wie die Erfahrung von Jahrhunderten...lehrt."[71]
ee) "Ehrfurcht vor Gott" als Erziehungsziel gehört ebenfalls zu den diskutierten Fragen. Nun mag es für überzeugte Christen, Juden und Moslems unverständlich, wenn nicht gar ethisch missbilligenswert sein, dass jemand nicht an einen persönlichen Gott glaubt[72] oder sich gar überhaupt nicht als religiös definiert. Und doch schützt das GG gerade auch diese Auffassung gleichberechtigt. Daher darf bzw. dürfte in einem Weltanschauungsunterricht entsprechend Art. 7 III GG im Rahmen der öffentlichen Schulhoheit zu einem dezidierten Atheismus erzogen werden.[73] Von diesen religiösen oder weltanschaulichen Einflussnahmen hat der allgemeine Unterricht – im Rahmen des Möglichen[74] - gerade frei zu bleiben. Wer nicht an einen persönlichen Gott glaubt, kann nicht ohne Verstoß gegen Art. 4 GG dazu erzogen werden, vor ihm "Ehrfurcht" zu haben. An deren Stelle mag so etwas wie Ehrfurcht vor dem Geheimnis des Kosmos sowie die Achtung vor der religiösen Überzeugung Andersdenkender treten. Ein Erziehungsziel "Ehrfurcht vor Gott" – wie es Art. 12 I Ba-WüVerf, Art. 131 II BayVerf und Art. 7 I NRWVerf vorschreiben, bzw. eine Erziehung "zur Gottesfurcht" gem. Art. 33 Rh-PfVerf kann es nach dem GG daher in der öffentlichen Regelschule nicht geben.[75] Selbst der in r-w Fragen noch heute äußerst konservative BayVerfGH konnte 1988 nicht umhin, in einer vom rechtswissenschaftlichen Standpunkt erstaunlichen Entscheidung[76] einzuräumen, dass das oberste schulische Erziehungsziel "Ehrfurcht vor Gott" wegen der Glaubensfreiheit nicht für alle Schüler verbindlich sei.[77]
4. Missionierung als Erziehungsmittel?
a) Es wurde teilweise schon deutlich, dass der Grundgedanke des Christentumsver-ständnisses als Kulturchristentum, der gerade in der Bayern betreffenden Entscheidung des BVerfG zur CGS (s. oben III 1) ziemlich deutlich zum Ausdruck gekommen war, in verschiedenen Bundesländern nicht immer beachtet wurde. Das kann hier nicht näher untersucht werden. Für Bayern ist jedenfalls festzustellen, dass die dieses Land bindende Entscheidung vom Dezember 1975 selbst bei großzügigem Verständnis krass und durchgehend konsequent missachtet wurde und wird. Das soll hier nur knapp skizziert werden.
b) Die bayerischen Rechtsbrüche betreffen vor allem das gesamte Volksschulwesen, und zwar die dezidiert christliche Orientierung der Schulverwaltung sowie die Rechtsposition der Schüler, Eltern und Lehrer. Die folgende Zusammenstellung ist nur beispielhaft und kursorisch.
aa) Religiöse Erziehung ist auch nach 1975 in Bayern eine normierte Staatsaufgabe. 1983 schuf das Kultusministerium folgenden § 13 I der Volksschulordnung:
"Die Schule unterstützt die Erziehungsberechtigten bei der religiösen Erziehung der Kinder. Schulgebete, Schulgottesdienst und Schulandacht sind Möglichkeiten dieser Unterstützung. In jedem Klassenzimmer ist ein Kreuz anzubringen. Lehrer und Schüler sind verpflichtet, die religiösen Empfindungen aller zu achten".[78]
Zwar wurde Satz 3 betreffend die Kreuze vom BVerfG bekanntlich 1995 für nichtig erklärt[79], jedoch schnellstens im Rahmen eines förmlichen Gesetzes mit Widerspruchsregelung wiederholt (s. zur Kreuz-Problematik unter IV.). Die übrigen VO-Texte sind nach wie vor in Kraft und gehen – ungeachtet einer theoretisch vielleicht möglichen verfassungskonformen Auslegung - von einer aktiven staatlichen Unterstützung aus: cura religionis.
bb) Die Lehrerschaft wird nicht nur schon in der Ausbildung durch zahlreiche Konkordatsprofessuren indirekt beeinflusst, obwohl diese heute weithin für GG-widrig erachtet werden[80], sondern sie wird offiziell zu einem dezidiert christlichen Berufsverständnis angehalten. Daher berufen sich viele Lehrer auf den wörtlich verstandenen Art. 135 der Landesverfassung, wonach ja die Schüler "nach den Grundsätzen der christlichen Bekenntnisse unterrichtet und erzogen werden" (vgl. oben III 1). Die gegenteilige Auffassung des BVerfG wird den Lehrern systematisch vorenthalten. Einfache staatsbürgerliche Grundkenntnisse wie die, dass Bundesrecht stets vor Landesrecht geht und dass Grundrechte nicht majorisierbar sind, scheinen auch vielen Lehrern unbekannt zu sein, wie man aus heftigen Reaktionen zu religionsrechtlichen Tatbeständen schließen muss.
cc) Das bayerische Kultusministerium machte die neugefassten, von Kardinal Wetter und Landesbischof Hanselmann am 29. 11. 1988 herausgegebenen "Leitsätze für den Unterricht und die Erziehung nach gemeinsamen Grundsätzen der christlichen Bekenntnisse an Grund-, Haupt- und Sondervolksschulen" – entgegen der ausdrücklichen Ansicht des BVerfG - bereits mit Bekanntmachung vom 6. 12. 1988[81] allen Lehrern zur Amtspflicht – sie sind noch heute in Kraft. Einleitend stellen die bischöflich-staatlichen Leitsätze als Ziel heraus, nach der gemeinchristlichen Botschaft[82] zu erziehen, was bei Ergänzung durch den Religionsunterricht möglich sei. Es geht den Bischöfen um die Bibel, die Zuwendung Gottes, Jesus Christus, die Taufe, den Dreieinigen Gott, Gebete und Lieder, Auferstehung und Erlösung. Kirche solle als "Zeichen geschwisterlicher Verbundenheit und Liebe in der Welt" erfahren werden. Soziale Haltungen sollen in der Schule gefördert werden, "deren Wurzeln im Christentum liegen". So ergibt sich ein "wichtiges Korrektiv gegen die Gefahr einer egozentrischen Verkümmerung des Menschen".[83]
Die Leitsätze stellen folgenden Grundsatz auf: Das Schulleben "soll den Schülern Anregungen geben, sich in Lebens- und Ausdrucksformen christlichen Glaubens einzuüben. Dazu gehören Ruhe und Sammlung, Gebet und Besinnung, Schulgottesdienste und Schulandachten sowie Einkehrtage bzw. Rüstzeiten. Das Kirchenjahr gibt Anlässe zu Fest und Feier in der Schule. Veranstaltungen und Projekte im Zusammenhang mit kirchlichen oder gesellschaftlichen Anliegen fördern das Verantwortungsbewußtsein der Schüler und die Schulgemeinschaft."[84] Die vom Vorsitzenden der Freisinger Bischofskonferenz und vom Landesbischof der Evang.-Luth. Kirche in Bayern herausgegebenen Leitsätze zur christlichen Erziehung gemäß Art. 135 BayVerf. seien "als Konkretisierung der genannten Verfassungsbestimmung der pädagogischen Umsetzung des Verfassungsauftrags zugrundezulegen."
Im Abschnitt "Anforderungen an den Lehrer" wird der eigentlich geforderte Lehrer so charakterisiert: "Ein Beheimatetsein in seiner Kirche und das Bemühen um eine persönliche Glaubenspraxis gehören dazu." Immerhin folgt die Feststellung, "dass sich manche Lehrer bewusst nicht als Christen verstehen". Sie stünden vor einem "Dilemma". Von ihnen dürfe die Bereitschaft erwartet werden, "die Erziehungsziele einer Schule, die sich christlichen Grundsätzen verpflichtet weiß, zu respektieren und im Rahmen des Möglichen zu ihrer Verwirklichung beizutragen". Nur zwei Wochen zuvor, am 24. 11. 1988, hatte das BVerwG entschieden, bei der Einstellung eines Lehramtsbewerbers sei die religiöse Einstellung ein "unsachliches Auswahlkriterium".[85]
dd) Jahrelang forderten die bayerischen Bezirksregierungen speziell konfessionslose Lehramtsbewerber für Volks- und Sonderschulen auf, folgende Erklärung zu unterschreiben: "Ich erkläre hiermit, dass ich bereit und in der Lage bin, nach den Grundsätzen der christlichen Bekenntnisse zu unterrichten und zu erziehen."[86] Soweit nur einige wenige Hinweise zum bayerischen Schulleben, das in seinen alltäglichen Auswirkungen wegen ihrer Fülle und Ortsbezogenheit kaum dokumentierbar ist.[87] Da geht es etwa um die Forderung an nichtreligiöse Lehrer, Schulkinder zum Schulgottesdienst zu führen, die allgemeine Schulbefreiung wegen kirchlicher Bibeltage, die Mitnahme konfessionsfreier Kinder zum Schulgottesdienst ohne Informierung der Eltern usw.
Weitere Punkte sind im folgenden Abschnitt IV aufgeführt, insbesondere im Zusammenhang mit dem Religions- und Ethikunterricht.
IV. Religion und Weltanschauung als aktuelles schulisches Konfliktfeld
Etliche der r-w Schulkonflikte insbesondere der letzten 10 Jahre wären wohl ruhiger ausgetragen worden oder ausgeblieben, hätte sich das BVerfG rechtzeitig, einfühlsam und vor allem klar zur r-w Neutralität geäußert. Im wesentlichen geht es um die im Folgenden abgehandelten Themen.
1. Unterrichtsbefreiung aus religiösen Gründen
Die Frage, insbesondere betreffend unerwünschten koedukativen Sportunterricht und religiöse Feiertage, bietet vor allem deswegen wenig Konfliktstoff, weil diese Fälle in der Rechtsprechung überwiegend eher großzügig gehandhabt wurden.[88] Das heißt freilich nicht, dass keine grundrechtsdogmatischen Probleme bestünden. Es scheint auch die Gefahr zu bestehen, dass die Geschicklichkeit des Sachvortrags Ungleichbehandlungen zur Folge hat.[89] Auf anderer Ebene liegen die bundes- und landesrechtlichen Regelungen für Sonderurlaub bei Beamten, die auch für Lehrer in Betracht kommen, und gem. Art. 3 III GG unzulässige Privilegierungen[90] insbesondere zugunsten religiöser Körperschaften[91] enthalten.[92]
2. Das Kreuz/ Kruzifix im Klassenzimmer
a) Der bereits in die Rechtsgeschichte eingegangene Beschluss des BVerfG vom 16. 5. 1995[93] wurde unter denkbar unglücklichen äußeren Umständen bekannt. Die Entscheidung weist, trotz deutlich größerer Folgerichtigkeit als frühere Entscheidungen zu r-w Fragen, bei ganz traditioneller Grundrechtsdogmatik vermeidbare dogmatische Unschärfen sowie begründungstechnische Ungeschicklichkeiten auf. Die daraufhin erfolgte einzigartige, vielfach hetzerische Kampagne gegen das BVerfG[94] zeigt die latente Sprengkraft religiöser Interessen selbst in einer sehr weitgehend säkularisierten Gesellschaft, in der sich überzeugte Glaubenschristen nachweislich bereits in einer sehr deutlichen Minderheitsposition befinden. Öffentliche Erregungen dieses Ausmaßes und dieser Intensität, zumal von vielen hochrangigen Persönlichkeiten aus Poltik, Wissenschaft und Kirchen, waren wohl nicht vorhersehbar. Insgesamt handelt es sich um eine der besonders wenig aufrichtigen Debatten, wobei selbst die rein juristische Diskussion schon fast unüberschaubar ist. Die juristischen Stimmen, die mit dem BVerfG (Mehrheit) das staatlich und einseitig etablierte (veranlasste) Kreuzsymbol für einen Verstoß gegen die Neutralitätspflicht halten und Grundrechte Andersdenkender im Hinblick auf das Verbot einseitiger Beeinflussung verletzt sehen, sind heute bereits sehr zahlreich und übertreffen diejenigen der (oft auffallend selektiv vorgehenden) Gegner des BVerfG[95] häufig an juristischer Intensität und vor allem Auseinandersetzung mit Gegenargumenten.[96]
b) Aus distanzierter Sicht hat Michael Stolleis fünf Jahre nach dem Ereignis eine erfrischende Gesamtanalyse vorgelegt.[97] Er verweist u.a. auf die kirchenfreundliche Tradition des BVerfG, eine "Idylle", die nunmehr plötzlich gestört sei, macht heutige Unruheherde des Staatskirchenrechts aus und konstatiert eine "unsichere Gemütslage der christlichen Seite", bei der er den Wunsch sieht, einen "energischen Gegenakzent" zu setzen. Stolleis überlegt, ob nicht die Beschimpfungsreaktion stellvertretend "der eigenen religiösen und kirchlichen Verunsicherung" gilt, und ob nicht das entkonfessionalisierte Kreuz als Beschwörungsformel gegen eine desintegrierte und orientierungslose Gesellschaft dienen sollte. Auch spricht er von den "komischen Zügen des Spektakels", die in dem Ausruf des "geistigen Verteidigungsfalles" in Bayern zu sehen gewesen seien. Der bayerische Gesetzgeber hat – so Stolleis zu Recht – eine Norm geschaffen, die "mehr einer diplomatischen Leerformel als einem präzisen Konditionalsatz ähnelt". Und er mokiert sich – freilich in Frageform – über Christen, die sich erregen, aber "im gleichen Atemzug gegen Kopftuch, Moschee und islamischen Religionsunterricht wettern und sich explizit intolerant verhalten".[98] Im Ergebnis konstatiert Stolleis bei aller Nachdenklichkeit, der 1. Senat des BVerfG habe die Pflicht, lege artis zu entscheiden, "in respektabler Weise" erfüllt.
c) Wer angesichts der Literaturflut gemeint hat, juristisch sei längst jedes denkbare Argument pro und contra mehrfach, ja vielfach gewendet worden, wird übrigens jetzt widerlegt durch Stefan Huster, der selbst dieser gigantischen Debatte noch eindrucksvoll neue juristische Aspekte abzugewinnen vermochte.[99] Bedenkt man die vielfach rigide Haltung gegenüber Lehrerinnen mit dem islamischen Kopftuch trotz fehlender Missbrauchsabsicht, so ist diese Einstellung eine – vielleicht übersteigerte – meist ungewollte Bestätigung des zuvor so verabscheuten "Kruzifix-Beschlusses" vom 16. 5. 1995. Dieser könnte sich nachträglich als Wendepunkt zu einem besseren Verständnis des Neutralitätsgrundsatzes erweisen und so doch noch längerfristig – bei seiner Beachtung - zu einer Befriedung beitragen. Hierfür sprechen auch die anhaltenden Probleme mit dem Kruzifix in Bayern.[100] Die Zahl der Kreuz-Abnahmen in Klassenzimmern auf Forderung von Schülern, Eltern und Lehrern nimmt zu.[101] Dass auch Lehrern zumindest im Grundsatz Art. 4 I, II GG zur Seite steht[102], ist nunmehr auch in Bayern anerkannt[103] – begleitet freilich von Hasstiraden und Unverständnis von Bürgern, aber auch hochrangigen Politikern und desinformierten Lehrern. Es wäre gut, wenn dem zentralen Glaubenssymbol Kreuz ein u. U. unwürdiges Hin und Her vielleicht doch einmal aus Einsicht in das Wesen eines modernen, sich pluralistisch und nicht metaphysisch legitimierenden Rechtsstaats zugunsten der r-w Neutralität beendet werden könnte.
3. Religionsunterricht (RU)
a) Parallel mit der Entwicklung des Kulturkampfs um das neue Fach "Lebensgestaltung-Ethik-Religionskunde" (LER) in Brandenburg seit 1990 geht eine erstaunlich umfangreiche Rechtsdiskussion um eine dogmatisch neue Legitimierung des von Auszehrung bedrohten RU, verbunden mit Fragen etwaiger Rechtsansprüche von Religionsgemeinschaften, Eltern und Schülern. Hierzu kann hier nur pauschal auf die aktuellere Literatur verwiesen werden, zumal diese für die Neutralitätsproblematik kaum von Bedeutung ist. Anderes gilt für die landesrechtlichen Regelungen zu Art. 7 II GG, die sämtlich ein bloßes Abmelderecht gewähren. Das ist mit dem klar formulierten Art. 7 II GG unvereinbar, denn ihm zufolge haben die Erziehungsberechtigten (bzw. nach Eintritt der Religionsmündigkeit: die Schüler selbst) das Recht, "über die Teilnahme" am RU zu bestimmen, ohne dass hierzu eine verfassungsrechtlich legitimierbare Einschränkungsmöglichkeit ersichtlich wäre. Damit ist eine primäre Teilnahmepflicht mit sekundärer Abmeldeberechtigung unvereinbar. Das gilt unabhängig von der Rechtslage, dass im Anwendungsbereich des Art. 7 III GG (und nicht 141 GG) der RU als staatlich-organisatorisches Pflichtprogramm angeboten werden muss. Auffälligerweise gibt es praktisch keine Hinweise in Rechtsprechung und Literatur, die diesen Widerspruch auch nur zur Kenntnis nehmen.
b) Damit nicht genug: Zumindest in einigen Bundesländern wird die Abmeldung auch noch erschwert. So schreibt etwa das bayerische Kultusministerium mit Schreiben vom 31. 1. 1994[104] für Gymnasien, Realschulen u.a. vor, bekenntnisangehörige Schüler dürften nur wegen einer "ernsthaften Glaubens- oder Gewissensentscheidung" abgemeldet werden, wobei alljährlich grundsätzlich nur bis spätestens am letzten Schultag für das kommende Schuljahr abgemeldet werden durfte. Bei Verfristung war (zusätzlich?) ein "wichtiger Grund" erforderlich. Der Eindruck einer Wahlmöglichkeit zwischen RU und EU sei zu vermeiden. Erst neuerdings wird darauf verzichtet, dass man sich jedes Jahr erneut vom RU abmelden muss. Schülern wird in Bayern (wie sonst nur noch im Saarland) das Abmelderecht erst mit Vollendung des 18. Lebensjahrs zugestanden, ohne dass auf die Problematik des bundesrechtlichen § 5 S. 1 RelKErzG auch nur hingewiesen wird. Diesem zufolge kann aber mit Vollendung des 14. Lj. jedes Kind über seine Konfession allein entscheiden.[105]
c) Zur Frage des außerschulischen RU wird im Folgenden kurz unter 4 b Stellung bezogen. Wie unehrlich die Schulverwaltung sein kann, zeigt auch die eigenartige Haltung das Landes Brandenburg, dem Humanistischen Verband Deutschlands (HVD), der in Berlin mit speziell ausgebildeten Lehrern und ausgefeilten Lehrplänen seit langem und mit steigender Tendenz humanistischen Weltanschauungsunterricht erteilt[106], die Erteilung von Weltanschauungsunterricht (entsprechend Art. 7 III GG i.V. m. Art. 137 VII WRV / 140 GG) zu verweigern. Ein verwaltungsgerichtlicher Streit ist deswegen anhängig.
4. Ethikunterricht (EU)
a) Mittlerweile ist in allen westdeutschen Flächenstaaten ein EU an die Stelle des ggf. von Schülern und Eltern nicht gewünschten RU getreten, mit z.T. anderen Bezeichnungen und Modifikationen der Lehrinhalte (Praktische Philosophie, Werte und Normen), und auch LER fällt in diese Fächerkategorie. Erstes Bundesland, in dem ein Fach "Ethik" eingerichtet wurde, war Bayern. Dort schreibt sogar die Verfassung in Art. 137 II vor: "Für Schüler, die nicht am Religionsunterricht teilnehmen, ist ein Unterricht über die allgemein anerkannten Grundsätze der Sittlichkeit einzurichten." Die erforderliche kritische Masse für einen solchen Unterricht war jedoch lange nicht vorhanden. Das änderte sich schlagartig gegen Ende der 60 er Jahre. Hierzu der damalige Kultusminister: "Die Abmeldungen vom Religionsunterricht nahmen erheblich zu, mit steigender Tendenz. Die Schulpolitik mußte auf diese neue Lage reagieren."[107] Das Fach wurde daher schrittweise eingeführt in Bayern, Rheinland-Pfalz und Schleswig-Holstein (jeweils 1972). Dem Beispiel folgten in den 1970 er und 1980 er Jahren Niedersachsen, Saarland, Baden-Württemberg, Hessen und Hamburg. Während in Hamburg EU und RU Wahlpflichtfächer sind, zielt der EU oder vergleichbare Unterricht in den übrigen Ländern normativ ausdrücklich nur auf solche Schüler, die nicht an einem staatlichen RU teilnahmen. Er war daher "Ersatzunterricht". In Berlin und Bremen gab es, bei anderer Verfassungsrechtslage, bekanntlich keinen RU. Die neuen Bundesländer führten mit Ausnahme von Brandenburg RU und Ethik als Alternativfächer bzw. Ersatzfächer ein. 1997 begann man in Nordrhein-Westfalen mit dem Ersatzfach "Praktische Philosophie", und seit 1998 wird in Bremen das Pflichtfach "Philosophie" statt Biblischer Geschichtsunterricht nach Bremer Recht unterrichtet.
b) Die Einrichtung der – vereinfachend – hier Ethikunterricht genannten zumindest sehr ähnlichen Fächer erfasst oft nur bestimmte Schularten und Jahrgangsstufen und ist meist auch nicht flächendeckend. Trotz zunehmender Frequentierung des EU – soweit angeboten – war und ist sein Besuch vielfach erschwert durch Nachmittagsunterricht. Reguläre Studiengänge für Ethiklehrer gab es bis vor kurzem trotz der Wertbezogenheit des anspruchsvollen Fachs nirgendwo. Zumindest im Ergebnis hielt man das Fach für Lehrer und Schüler so relativ unattraktiv wie möglich. Die Anreize, sich vom RU abzumelden, waren und sind meist nicht sehr groß, zumal beide Unterrichtsarten in praxi – trotz theoretisch klar unterschiedlicher Zielrichtung - oft stark angenähert sind (Selbstsäkularisierung des RU). Ein Hindernis für eine bessere Etablierung des EU ist auch die rechtlich bemerkenswerte Übung einiger Bundesländer, wegen außerschulischen (privaten) RU von Religionsgemeinschaften vom Besuch des EU ohne gesetzliche Grundlage und somit formal gesetzwidrig zu befreien.[108]
In der gymnasialen Oberstufe erfreut sich das Fach EU aber relativer Beliebtheit.
c) Die Vereinbarkeit der Ersatzfachkonstruktion des EU mit dem GG wurde insbesondere seit einem 1992 veröffentlichten Aufsatz von Ludwig Renck von einer Minderheit in Zweifel gezogen[109], wenn auch gegen anhaltenden geschlossenen Widerstand. Dabei gewährt Art. 7 III nur das Angebot einer Förderung, deren Nichtinanspruchnahme nicht sanktioniert werden darf. Lediglich das VG Hannover nahm die Kritik 1997 mit Vorlagebeschluss gem. Art. 100 I GG intensiv und zustimmend auf.[110] Die oppositionelle Meinung argumentiert im wesentlichen mit Art. 7 II, 4 I GG (freie, nicht sanktionierte Entscheidung über Teilnahme am RU) und Art. 3 III GG (unzulässige Verknüpfung des EU mit einem religionsrechtlichen Sachverhalt), Argumente, die immerhin Dirk Heckmann – obwohl Gegner dieser Ansicht – als "nicht leicht zu widerlegen" einstuft.[111] Dennoch hat das BVerfG die sorgfältig begründete Richtervorlage des VG Hannover für unzulässig erklärt und zwei gleichgerichtete Verfassungsbeschwerden nicht zur Entscheidung angenommen, jeweils aus Gründen, die mit normalen verfassungsprozessualen Erwägungen kaum erklärt werden können. Offenbar wollte das BVerfG eine Sachprüfung unbedingt verhindern.[112] Das BVerwG hat in seinem bekannten Urteil vom 17. 6. 1998, das erstaunliche dogmatische Schwächen aufweist, die Kritik nur insoweit aufgenommen, als es die qualitative Gleichwertigkeit des EU mit RU forderte, da sonst keine Abmeldefreiheit (Art. 7 II GG) bestehe.[113] Die grundsätzliche inhaltliche Zulässigkeit eines r-w neutralen EU wurde hier wie auch in nahezu der gesamten bisherigen Debatte nicht in Zweifel gezogen.
d) Die Entscheidung des BVerwG hatte wenigstens zur Folge, dass die Länder seitdem gehalten sind, eine dem RU gleichwertige Lehrerausbildung zu schaffen und damit einer langjährigen Forderung der Verbände der Ethiklehrer zu entsprechen. Daher hat in Bayern 2002 - erstmals nach dreißig Jahren - ein Studiengang für Ethiklehrer begonnen. Dass damit allmählich eine abschließende Ruhe bezüglich der Problematik des EU einkehrt, ist freilich nicht zu erwarten. Obwohl EU in erster Linie für Schüler geschaffen wurde, die keiner Konfession angehören (daher die fragwürdige Befreiung hiervon bei Besuch eines außerschulisch-privaten RU), werden deren Interessen wohl nicht nur in Bayern nicht berücksichtigt. Das ergibt sich etwa aus den detaillierten, mit den Kirchen abgestimmten bayerischen EU-Lehrplänen. Diese sehen eine eingehende Berücksichtigung nichtchristlicher Religionen vor, während das humanistisch-aufklärerische Gedankengut mit seiner enormen Bedeutung für die europäische Kultur einschließlich seiner bedeutenden Denker systematisch und vollständig ausgeblendet wird. Entsprechendes scheint auch für die neuen Studiengänge zu gelten, an deren Ausarbeitung humanistischer Sachverstand bewusst nicht beteiligt wurde. Von einer r-w neutralen Lehrplangestaltung kann, entgegen der höchstrichterlichen Rechtsprechung zum Verbot einseitiger ideologischer Einflussnahmen (s. o.), keine Rede sein. Entgegen ministerieller Weisung werden in Bayern immer wieder Religionslehrer auch als Ethiklehrer eingesetzt, und vielfach scheint der EU in der Praxis eine Art verdünnter RU mit christlicher Ausrichtung zu sein, was zu entsprechenden Beschwerden führt. In Bayern lautete 2001 ein Abiturthema im Fach Ethik "Freiheit und Determination aus Sicht der katholischen Kirche".
5. Lebensgestaltung – Ethik – Religionskunde (LER)
Über und um dieses z. T. neuartige Schulfach sind tausende Artikel in Zeitungen und Fachzeitschriften sowie Büchern verschiedener Disziplinen sowie Dokumentationen erschienen. Die kulturkampfartigen Auswüchse dieser mit größter Erbitterung und zahlreichen, auch böswilligen inhaltlichen Verdrehungen geführten Debatte sind erstaunlich. Die Idee dieses neuen Brandenburger Unterrichtsfachs, an dessen Entwicklung und Etablierung nicht wenige und auch bekannte christliche Persönlichkeiten beteiligt waren, war es, eine angemessene Reaktion auf die in der DDR entstandenen Defizite zu geben. Noch im Mai 1990 sah die Konferenz der Evangelischen Kirchenleitungen der DDR keinen Bedarf für einen staatlichen RU und plädierte für einen allgemeinen EU. Pluralität von Kulturen und Meinungen sollte jetzt endlich nicht als Bedrohung, sondern als Chance begriffen werden. Von Anfang an waren die Kirchen in die Diskussion um LER eingebunden und war nur ein r-w neutraler Unterricht wie der EU in den westlichen Ländern vorgesehen, die Ermöglichung eines kirchlichen, staatlich geförderten RU auch in den Schulen in Aussicht gestellt. Auf massiven Druck der Kirchen und des Ministerpräsidenten wurde das von SPD und PDS klar getragene Konzept eines alle Schüler erfassenden integrativen Pflichtunterrichts verwässert durch eine Befreiungsklausel, die beim Besuch eines außerstaatlichen kirchlichen RU greifen sollte.
Dennoch mischten sich, historisch bisher einzigartig, die Bundestags-Fraktionen CDU / CSU und FDP am 12. 3. 1996 in die Schulpolitik eines Bundeslandes ein und beantragten einen Beschluss des Bundestags, im Hinblick auf das im brandenburgischen Schulgesetz-Entwurf vorgesehene angeblich "bundesunfreundliche Verhalten" den brandenburgischen Landtag aufzufordern, den Gesetzentwurf abzulehnen oder dahingehend zu ändern, dass der RU als ordentliches Lehrfach angeboten wird.[114] In der eingehenden Debatte am 15. 3. 1996[115] hielt der Vorsitzende der CDU-Fraktion den Befürwortern von LER ausgerechnet das (von der Landtagsmehrheit eigentlich nicht gewollte) kirchenfreundliche Zugeständnis der Befreiungsklausel vor, weil diese ja nur bei einem nicht neutralen Unterricht erforderlich sei. Der BT-Beschluss wurde verabschiedet.
In dem nach langen Kämpfen und intensiver wissenschaftlicher Vorbereitung sowie schulpraktischer Erprobung schließlich am 12. 4. 1996 beschlossenen Gesetzestext[116] heißt es in § 11:
(2) ...Das Fach dient der Vermittlung von Grundlagen für eine wertorientierte Lebensgestaltung, von Wissen über Traditionen philosophischer Ethik und Grundsätzen ethischer Urteilsbildung sowie über Religionen und Weltanschauungen.
(3) Das Fach Lebensgestaltung-Ethik-Religionskunde wird bekenntnisfrei, religiös und weltanschaulich neutral unterrichtet. Die Eltern werden über Ziele, Inhalte und Formen des Unterrichts...rechtzeitig und umfassend informiert. Gegenüber der religiösen oder weltanschaulichen Gebundenheit von Schülerinnen und Schülern ist Offenheit und Toleranz zu wahren.
Eine solche gesetzliche Regelung war bisher – in Form eines Ersatzfachs - in den westlichen Bundesländern gerade von kirchlich-konservativen Kreisen unter Betonung des allgemeinen Erfordernisses der Wertevermittlung besonders erwünscht. Nunmehr führte gerade sie nicht zu Anerkennung, sondern heftigen politischen und verfassungsrechtlichen Attacken, nicht selten unter der Anstandsgrenze.[117] Wichtige juristische Exponenten der LER-Gegner haben kurz vor der Verabschiedung des Gesetzes diesem noch inhaltliche Verfassungsmäßigkeit bescheinigt, hiervon aber zu Recht die konzeptverwässernde Befreiungsklausel[118] ausgenommen. Das BVerwG hat in seinem EU-Urteil von 1998 (s. o.) ausdrücklich erklärt, ein solcher Unterricht könne (wie jedes andere Fach, ausgenommen Art. 7 III GG) auch ohne Befreiungsmöglichkeit erteilt werden. Aus dieser rechtlichen Sicht sind daher die gegen LER erhobenen Verfassungsbeschwerden unverständlich, und auch der 1. Senat des BVerfG hat das ausweislich seines ungewöhnlichen, erkennbar äußerst kirchenfreundlichen Vergleichsvorschlags vom 11. 12. 2001 nicht anders zu sehen vermocht.[119] Die Frage, ob staatlicher RU auch in Brandenburg zum Pflichtangebot gehören muss (Problematik Art. 7 III / 141 GG), ist von der Verfassungsmäßigkeit von LER im übrigen ganz unabhängig. Der mittlerweile in Gesetzesform umgesetzte Vergleichsvorschlag[120] verschafft der ev. Kirche in jeder Hinsicht ein Optimum an "Kirche in der Schule", auch bezüglich des Einsatzes staatlicher Lehrer, der Anrechnung auf die staatliche Pflichtstundenzahl und der Integrierung in den Stundenplan. Ein Unterschied zu einem formal ganz staatlichen Unterricht ist fast nicht zu erkennen.
6. Islam in der Schule
a) Unter dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung sind auch Fragen des islamischen RU von großer Bedeutung. Sie werden hier wegen ihrer Komplexität ausgeklammert. Möglicherweise sind die – sehr differenziert zu behandelnden - inhaltlichen Probleme größer als die formellen.[121]
b) Das islamische Kopftuch ist immer noch Thema aktueller Debatten und auch juristisch noch nicht ausgestanden. Bleibt zu hoffen, dass die Frage nicht ebenso einseitig und ungerecht behandelt wird wie so Vieles im r-w Bereich. Sie ist auch Gegenstand dieses Bandes[122] und soll hier nicht weiter verfolgt werden. Etwas mehr Liberalität wäre aber zu wünschen. So sehr der Staat einerseits als Handelnder neutral sein muss (Kreuz-Problematik), so muss er doch andererseits auch der Persönlichkeit der Lehrerin als Grundrechtsträgerin Rechnung tragen. Die Glaubwürdigkeit und Identität der Lehrerin als Person soll möglichst nicht beeinträchtigt werden. Man sollte daher differenzieren und auf die Gesamtumstände abstellen.[123] Will man dabei zu Gunsten der Neutralität besonders strenge Maßstäbe anlegen, so wird man das auch beim Schmuckkreuzchen tun müssen: eine heikle Sache. Immerhin ist das Kreuz ein starkes Symbol, ein keineswegs eindeutiges Kopftuch jedoch in deutscher Umgebung allenfalls ein schwaches. Hier wäre im Zweifel Toleranz angebracht: sowohl als rechtliche Kollisionsregel wie als staatsbürgerliche Tugend. Dies gilt ungeachtet des Rechtsgrundsatzes, dass der Staat nicht tolerant, sondern neutral zu sein hat.[124]
V. Religiös-weltanschauliche Neutralität als nur verbale oder wirkliche Kategorie des Verfassungsrechts?
Die kritische Rückschau hat gezeigt, dass die Entwicklung der individuellen Religionsfreiheit speziell im Schulbereich in über 50 Jahren nur langsam und widerspruchsvoll, aber doch deutlich vorangekommen ist, aber auch heute noch echte Probleme aufwirft. Religiös-weltanschauliche Neutralität im Schulwesen im Sinn einer Äquidistanz zu den verschiedenen r-w Richtungen war zur Nachkriegszeit etwas fast Unvorstellbares. Später hat man sie – der Rechtslage wegen – im Rahmen der "political correctness" verbal wie eine Fahne vor sich her getragen, um sie dann konkret doch häufig umzubiegen von Unparteilichkeit in nicht problematisierte, bloß hinnehmende Toleranz und sie je nach Ergebnis zu modifizieren bzw. denaturieren[125] oder gar vollständig zu ignorieren. Dabei sind Gleichheitsverletzungen im Schulbereich relativ leicht zu erkennen. Im übrigen sei zum Neutralitätsgrundsatz auf die aktuellen Arbeiten von Holzke[126] und Renck[127] sowie die theoretische Grundlegung von Huster[128] verwiesen.
Man kann nur hoffen und wünschen, dass diejenigen, die lange eine religiöse Mehrheit darstellten oder vorgeben konnten, in ihrer nunmehrigen deutlichen Minderheitenposition[129] nicht einmal ähnlich diskriminierend behandelt werden. Die Gefahr ist wohl um so größer, je länger man Erkenntnisse aus der Zeit des großen Umbruchs in den 1960 er Jahren negiert. Konrad Hesse schrieb 1965 in seinem vielzitierten Aufsatz "Freie Kirche im demokratischen Gemeinwesen"[130]: "Als freie und...offene Kirche wird die Kirche...ihre Stärke weniger in...Grenzsicherungen und äußeren institutionellen Positionen als in freier geistiger Auseinandersetzung und Wirksamkeit suchen dürfen." Und die Pastoralkonstitution des 2. Vatikanums formulierte ebenso eindringlich wie bisher vergeblich von der Kirche : "Doch setzt sie ihre Hoffnung nicht auf Privilegien, die ihr von der staatlichen Autorität angeboten werden. Sie wird sogar auf die Inanspruchnahme legitim erworbener Rechte immer dann verzichten, wenn feststeht, dass sonst die Lauterkeit ihres Zeugnisses in Frage gestellt ist oder wenn veränderte Verhältnisse eine andere Regelung erfordern."[131] Würden die deutschen Kirchen danach verfahren, bräuchten sie und ihre politischen Exponenten keine problematischen Rückzugsgefechte mehr zu führen und würden dauerhaft erheblich zum r-w Frieden beitragen.
Wenn all dies im Rahmen dieser Festschrift vorgetragen werden konnte, so soll das mit der Hoffnung verbunden werden, dass Kirchen und Politik insgesamt eines Tages nicht nur andere Religionen, sondern auch nichtreligiöse Menschen und Verbände nicht hauptsächlich als Gegner oder gar Feinde sehen, sondern vielmehr als ernsthafte Gesprächspartner auf der Basis formal und ethisch gleicher Berechtigung zu akzeptieren bereit sind. Erst dann nämlich besteht Hoffnung, dass ein dauerhafter gerechter Friede im r-w Bereich hergestellt werden kann: eine "Heimstatt" für alle Bürger guten Willens.
© Dr. jur. Gerhard Czermak, Bgm.-Ebner-Str. 33, 86316 Friedberg; Tel. 0821 - 78 18 22
[1] Rüfner, Wolfgang, Staatskirchenrecht im pluralistischen Staat, in: Verfassung, Philosophie, Kirche, Berlin 2001, 691 ff., 702 (Hollerbach-FS)
[2] Heckel, Martin, Kulturkampfaspekte, in: Staat, Kirche, Wissenschaft in einer pluralistischen Gesellschaft, Berlin 1989, 545 ff. (Mikat-FS).
[3] vgl. statt aller Morsey, Rudolf, Der Kulturkampf – Bismarcks Präventivkrieg gegen das Zentrum und die katholische Kirche, in: Essener Gespräche 34 (2000), 5 ff.
[4] Amtsbl. für die Erzdiözese München und Freising 1919, S. 19 = Dok. 76 in: Huber, E.R./ Huber, W., Staat und Kirche im 19. und 20. Jh., Bd. 4, Berlin 1988 (Weimarer Zeit); dort auch weitere aufschlussreiche Dokumente.
[5] Gusy, Christoph, Die Weimarer Reichsverfassung, Tübingen 1997, 321.
[6] abgedruckt in: Listl, Joseph, Die Konkordate und Kirchenverträge in der Bundesrepublik Deutschland, Bd. 1, Berlin 1987, 287 ff., 508 ff.
[7] Scholder, Klaus, in: Denzler, Georg (Hrsg.), Kirche und Staat auf Distanz, München 1977, 102, 103.
[8] s. Anschütz/ Thoma, Hdb. des Deutschen Staatsrechts II, Tübingen 1932, 690/ 713 f. m. N.
[9] Gusy, WRV, 335.
[10] S. aus der nahezu unüberschaubaren Literaturfülle etwa die Arbeiten von G. Besier, E.-W. Böckenförde, G. Brakelmann, J. Cornwell, G. Denzler, G. Denzler/F. Fabricius, W. Gerlach, D. J. Goldhagen, F. Heer, J.-Chr. Kaiser/ M. Greschat, E. Klee, G. Lewy, H. Missalla, H. Prolingheuer, K. Scholder, W. Stegemann, G. Zahn usw. usf.; zusammenfassend etwa in G. Czermak, Christen gegen Juden, zuletzt Reinbek 1997.
[11] Besonders erstaunlich etwa der krasse Gegensatz der Äußerungen Kardinal Faulhabers unmittelbar vor und nach 1945.
[12] Mikat, Paul, Verfassungsziele der Kirchen unter besonderer Berücksichtigung des Grundgesetzes, in: Morsey/Repgen (Hg.), Christen und Grundgesetz, 1989, 33-69/34.
[13] s. Beutler, Bengt, Die Stellung der Kirchen in den Länderverfassungen der Nachkriegszeit, in: Kirche und Katholizismus 1945-1949, hrsg. von Anton Rauscher, München u.a. 1977, 26-52; ders., Das Staatsbild in den Länderverfassungen nach 1945, Berlin 1973; aktuelle Zusammenstellung von Verfassungstexten bei Czermak, Gerhard, KritJ 2000, 229, 244 f.; Hollerbach HdbStKirchR I (1974), 215/ 230 ff.
[14] Zu Bayern Lauer, Gisela, BayVBl 1990, 737/742 m.N.
[15] vgl. Salzmann, Rainer, Die Entstehung von Artikel 140 des Grundgesetzes, in: L. Koch/ J. G. Stanzel (Hg.), Christliches Engagement in Gesellschaft und Politik, Frankfurt u.a. 1979, 237-258, 237.
[16] so Kröger, Klaus, Die Entstehung des Grundgesetzes, NJW 1989, 1318, 1323.
[17] v. Doemming/ Füsslein/ Matz, JöR 1 (1951), 101 ff.
[18] Die Mehrheit des Parlamentarischen Rats wollte diese "heiße" Frage ausdrücklich nicht verfassungsrechtlich regeln, und auch der Text des Art. 2 II GG spricht gegen einen verfassungsrechtlichen Schutz. Das BVerfG hat diesen Sachverhalt in seiner mehr ideologisch als juristisch begründeten Entscheidung zum Schwangerschaftsabbruch von 1975, BVerfGE 39, 1, einfach ignoriert.
[19] Die bemerkenswerten Auswüchse dieser die staatliche Souveränität paralysierenden, juristisch aber dominierenden Lehren wurden durch zwei heute noch lesenswerte Abhandlungen von Helmut Quaritsch in: Der Staat 1 (1962), 175 ff. und 289 ff. sowie Der Staat 5 (1966), 451 ff. gegeißelt und erfolgreich ad absurdum geführt.
[20] BGHZ 34, 372/373 f.
[21] BGHZ 22, 387 f.
[22] Ellwein, Thomas, Klerikalismus in der deutschen Politik, 1. und 2.A. München 1955; 2.A. 305 S. (Der einflussreiche bayerische Kultusminister Alois Hundhammer, der sich als treuer Vasall von Pius XII. verstand, warf Ellwein freilich einen "fanatischen Kampf gegen einen angeblichen Klerikalismus" vor.
[23] vgl. eindrucksvoll statt aller Simon, Helmut, Katholisierung des Rechtes? Zum Einfluss katholischen Rechtsdenkens auf die gegenwärtige Gesetzgebung und Rechtsprechung. Göttingen 1962 (Bensheimer Hefte 16); Langner, Der Gedanke des Naturrechts seit Weimar und in der Rechtsprechung der Bundesrepublik, Bonn 1959 (umfangreich); Tomandl, Der Einfluß des katholischen Denkens auf das positive Recht, 1970; ferner Weinkauff NJW 1960, 1689-1696; Evers JZ 1961, 241 ff.; Wieacker JZ 1961, 337 ff.
[24] so Hamel, Walter, ZStW 109 (1953), 75; vgl. ders. auch in: Bettermann/ Scheuner/ Nipperdey (Hg.), Die Grundrechte IV 1. Hbd., 1960, Art. Glaubens- und Gewissensfreiheit.
[25] BVerfGE 6, 309 = Teilabdruck NJW 1957, 705 f.
[26] Bei der These des staatsrechtlichen Fortbestandes in den Grenzen von 1937 handelte es sich wohl mehr um Staatspolitik als um staatsrechtliche Stringenz.
[27] Maunz, Theodor, Rechtsgutachten, in: F. Giese / F. A. v.d. Heydte (Hg.), Der Konkordatsprozeß, Bd.2 (1958), 776, 788 f.
[28] BVerfGE 6, 309, 339 f.
[29] Vgl. zum Ganzen Weber, Werner, Die Konfessionalität der Lehrerbildung in rechtlicher Betrachtung, Tübingen 1965.
[30] Gemeinschaftsschulen waren in Bayern laut Verfassung 1946 u. U. auf Elternantrag möglich, aber sie basierten laut VolksschulG ebenfalls auf christlicher Erziehung; praktisch hatten sie auch in den Großstädten keinerlei Bedeutung.
[31] BVerwGE 10, 136 (1960); 17, 267 (1963) und 19, 252 (1964).
[32] BVerwGE 10, 136 = NJW 1960, 1122.
[33] BVerwGE 17, 267.
[34] BayVerfGH 12, 152 (1959) = BayVBl 1959, 412.
[35] BayVerfGH 20, 36 (1967) = BayVBl 1967, 201.
[36] BVerfGE 19, 206, 216 = NJW 1966, 147.
[37] BayVerfGH 20, 125, 133 f. = BayVBl 1967, 312 und 20, 159, 165 = BayVBl 1967, 423.
[38] Simon, Helmut, Katholisierung des Rechtes? 1962; ergänzend Ott, Sieghart, Christliche Aspekte unserer Rechtsordnung, Berlin/ Neuwied 1968. Zum Schulwesen vgl. Rambow, Gerhard, Das Grundgesetz und die bekenntnismäßige Gestaltung der öffentlichen Schulen, Diss. Köln 1966.
[39] Die bayerische SPD war zu Gunsten der Kirchen "eingeknickt".
[40] BVerfGE 41, 29 = NJW 1976, 947.
[41] hierzu BVerfGE 41, 65 = NJW 1976, 950.
[42] In BVerfGE 18, 97, 111 ist noch zutreffend ausgeführt, jede verfassungskonforme Auslegung finde ihre Grenze in Wortlaut und Sinn der Vorschrift.
[43] Obermayer, Klaus, Staat und Religion, Berlin 1977, 15 f.
[44] so Renck, Ludwig, KritJ 1994, 488, 492.
[45] Eine weitere, NRW betreffende Entscheidung vom selben Tag bringt keinen weiteren Erkenntnisgewinn.
[46] Zu Recht kritisch hierzu schon Weber, Hermann, Schule, Staat und Religion, Der Staat 8 (1969), 493, 506 f.
[47] BVerfGE 35, 366 = NJW 1973, 2196
[48] Auf diese Problematik wurde jetzt intensiv hingewiesen in der Habil-Schrift von Huster, Stefan, Die ethische Neutralität de Staates, 2002, 183 ff. Meine bisherige Auffassung, die Ambivalenz mancher Formulierungen des BVerfG sei zugunsten eines rein kulturchristlichen Verständnisses präzisierend zu verstehen, war zu sehr an der bei isoliertem Verständnis insoweit viel klareren Bayern-Entscheidung orientiert.
[49] Huster, Stefan, Die ethische Neutralität de Staates. Eine liberale Interpretation der Verfassung. Tübingen 2002, 764 S. (Jus Publicum 90); im Folgenden: Huster, Neutralität (2002).
[50] Der Indifferenz- und Laizismusvorwurf wird gern, aber tatsachenwidrig gegenüber Kritikern der traditionellen Handhabung des Religionsverfassungsrechts erhoben. L. Renck, derzeitiger Hauptkritiker der traditionellen Handhabung des Religionsverfassungsrechts, hebt in BayVBl 1999, 70, 77 erneut deutlich hervor, es sei "ein fataler Irrtum, staatliche Bekenntnisneutralität mit laizistischer Trennung und Indifferenz zu verwechseln". Er propagiert nicht Laizismus, sondern Laizität. Das nicht wahrhaben zu wollen, bedeutet die Verweigerung des wissenschaftlichen Diskurses.
[51] BVerfGE 52, 223 = NJW 1980, 575.
[52] ESVGH 16, 1, U. v. 27. 10. 1965.
[53] BVerwGE 44, 196 = NJW 1974, 574.
[54] v. Zezschwitz, Friedrich, JZ 1966, 337.
[55] Böckenförde, Ernst-Wolfgang, DÖV 1974, 253, 255.
[56] Böckenförde, Ernst-Wolfgang, DÖV 1980, 323.
[57] Vgl. die eingehende Erörterung der Kompetenzproblematik neben v. Zezschwitz, s. o., insb. bei Renck, Ludwig, BayVBl 1980, 338 f.; ders. knapp auch in JuS 1989, 451, 454; ferner Brink, Josef, Demokratie und Recht 1981, 76 ff., Stein, Ekkehart, RdJ 1967, 29, 31.
[58] Die wahrscheinlich tiefschürfendste Untersuchung des Themas "Erziehung im neutralen Staat" liegt jetzt vor in: Huster, Stefan, Neutralität (2002), 250-435.
[59] BVerfGE 47, 46 = NJW 1978, 807.
[60] BayVGH NVwZ 1986, 405,405.
[61] Stock, Martin, JuS 1989, 654/658: Bhagwan-Fall.
[62] OVG Hamburg NVwZ 1986, 406.
[63] BVerwG NVwZ 1988, 937.
[64] Ausnahme: Alberts, Hans W., NVwZ 1985, 92 mit einer differenzierenden, generell beachtenswerten Liberalität gegenüber r-w Positionen von Lehrern.
[65] BVerwGE 79, 298 = NVwZ 1988, 928.
[66] BVerfG-K NVwZ 1990, 54
[67] Dieses Begriffsverständnis erscheint zutreffend. Auf die Terminologie des Art. 4 I, II GG und die Frage, ob entgegen BVerfG nicht doch aus triftigen rechtsdogmatischen Gründen (wie auch bei Art. 5 GG) mehrere Grundrechte anzunehmen sind, kann hier nicht eingegangen werden. S. aber die überzeugende Kritik an der Annahme eines einheitlichen Grundrechts bei Huster, Stefan, Neutralität (2002), 376 ff. m. z. N.
[68] z.B. v. Campenhausen, Axel, HdbStKirchR Bd. 2, 2. A. 1994, 78 (der Staat habe die Bürger religiös-weltanschaulich nicht zu erziehen) und sehr deutlich in HdbStR VI, § 136 Rn 41; Czermak, Gerhard, z. B. ZRP 1996, 201, 203; Heckel, Martin, u.a. ZevKR 44 (1999), 147, 161; Herzog, Roman, in: Maunz/ Dürig, Art. 4 GG, Rn 70 (deutlich und unter Hinweis auf das Prinzip "strikter weltanschaulicher Neutralität" des Staats); Hesse ZevKR 25 (1980), 239, 242 unter Berufung auf Anschütz; Hsu, Yue-dian, Selbstverwirklichungsrecht im pluralistischen Kulturstaat, Berlin 2000, 299 f.; Huster, Stefan, Neutralität, (2002), 140 ff.; Jarass/ Pieroth, GG, 6. A. 2002, Art. 4 Rn 11; Kokott, Juliane: in Sachs, GG, 1. A. 1996, Art. 4 Rn 23 ("kein Einfluß auch nur im Vorstadium der Glaubensbildung", allerdings inkonsequent Rn 30 a ff.); Listl, Joseph, in: HdbStKirchR I, 2.A. 1994, 439, 455; demg. ders. S. 443 für Schulkreuze in verfehlter Annahme einer Grundrechtskollision; Manssen, Gerrit, Staatsrecht I, 1995, Rn 307; Mikat, Paul, in: HdbVerfR 2. A. 1994, § 29 Rn 16; Morlok, Martin, in: H. Dreier (Hrsg.), GG, Bd.1 (1996), Rn 84 ff. zu Art. 4 GG; Muckel, Stefan, Religiöse Freiheit und staatliche Letztentscheidung, Berlin 1997, 139; v. Münch/ Kunig, GG, 4.A. 1992, Art. 4 Rn 21; Pieroth/ Schlink, Staatsrecht II (Grundrechte), 16. A. 2000, Rn 528; Rux, Johannes, Der Staat 35 (1996), 523, 528 f.; Stein, Ekkekhart, Das Recht des Kindes auf Selbstentfaltung in der Schule, 1967, 66; v. Zezschwitz, Friedrich, JZ 1971, 11, 12 und viele andere. Pauschal verwiesen sei auf die umfangreiche Diskussion zu den mittelbaren Grundrechtsbeeinträchtigungen durch hoheitliche Information, etwa Di Fabio, Udo, JuS 1997, 1 ff.
[69] v. Campenhausen, Axel, HdbStR VI, § 136 Rn 41.
[70] Listl, Joseph, in: HdbStKirchR I, 2. A. 1994, 439, 455.
[71] Heckel, Martin, Hollerbach-FS 2001, 657/689.
[72] obwohl diese Option selbst im Westen Deutschlands heute in eine sehr eindeutige Minderheitenposition geraten ist.
[73] So etwas Diffuses allein ergäbe freilich kein Programm weltanschaulicher Erziehung i.S. des Art. 7 III GG.
[74] Hierzu erfreulich konkret und weitgehend plausibel Loschelder, Wolfgang, in: Dem Staate, was des Staates - der Kirche was der Kirche ist, FS für Joseph Listl zum 70 Geb., Berlin 1999, 349, 354 ff.; neuestens die umfassende neutralitätstheoretische Grundlegung bei Huster, Neutralität (2002), 272-435.
[75] vgl. zur Problematik der religiösen Aspekte von Landesverfassungen Czermak, Gerhard, KritJ 2000, 229, 244 ff.
[76] BayVerfGH NJW 1988, 3141.
[77] S. hierzu krit. Pawlowski, Hans-Martin, NJW 1989, 2240, der S. 2242 anmahnt, es erscheine "dringend erforderlich, zu einer systematischen Jurisprudenz zurückzukehren, die höhere Anforderungen an die Begründung von Urteilen stellt"; und Renck, Ludwig, NJW 1989, 2442.
[78] BayGVBl 1983, 597
[79] BVerfGE 93, 1
[80] vgl. z.B. Jarass/ Pieroth, GG, 6. A. 2002, Rn 28 zu Art. 133; Jeand’Heur/ Korioth, Grundzüge des Staatskirchenrechts, 2000, S. 232 f.; Morlok, Martin, in: Dreher, GG III (2002), Rn 18 zu Art. 136 WRV/ 140 GG; Weber, Hermann, NVwZ 2000, 848,849.
[81] KMB1 1989, 15.
[82] Zur Problematik dieser Konstruktion siehe Rupp, Hans Heinrich, in: Anstöße, Berichte aus der Arbeit der evangelischen Akademie Hofgeismar, H. 1/ 2 (1969), 9 ff.
[83] Diese verbreitete Auffassung ist wohl ebenso hochmütig und geschichtsblind wie diskriminierend, was hier aber nicht näher ausgeführt werden kann.
[84] Leitsätze III 3.
[85] BVerwGE 81, 22 = NJW 1989, 921, entschieden anhand der Mitbewerbung eines konfessionslosen Lehrers für eine niedersächs. Gemeinschaftsschule mit weitgehend katholischer Schülerschaft.
[86] S. weitere Einzelheiten bei Czermak, Gerhard, Verfassungsbruch als Erziehungsmittel? KritJ 1992, 46, 57; ausf. SZ vom 13.1.1990.
[87] Vgl. aber ergänzend und zur rechtlichen Einordnung Czermak, KritJ 1992, 46 ff.; Renck, Ludwig, NVwZ 1991, 116 ff., ders. KritJ 1994, 488 ff.
[88] BVerwGE 42, 128 (Sabbatheiligung: Juden, Siebenten-Tags-Adventisten); BVerwGE 94, 82 (koedukativer Sportunterricht und Koran); s. auch Langenfeld, Christine, AöR 123 (1998), 375, 387 ff.
[89] vgl. Huster, Stefan, Neutralität (2002), 388 f.; Muckel, Stefan, Religiöse Freiheit (1997), 82 ff.
[90] S. zu diesem riesigen Thema den Überblick von Czermak, Gerhard, ZRP 2001, 565 ff.
[91] Grundlegend und krit. zur Frage der Möglichkeit rechtlicher Differenzierung zwischen öffentlich- und privatrechtlichen Religionsgemeinschaften Weiß, Wolfgang, KritV 2000, 104 ff.
[92] diese billigend jedoch BVerwG NVwZ 1987, 699, U. v. 13.11.1984; krit. hierzu Renck, Ludwig, NVwZ 1987, 669 und Sachs, Michael, BayVBl 1986, 193; wie BVerwG Zängl, Siegfried, BayVBl 1986, 198
[93] BVerfGE 93, 1 = NJW 1995, 2477.
[94] Vgl. dazu die umfangreiche Dokumentation von Lamprecht, Rolf, Zur Demontage des Bundesverfassungsgerichts, Baden-Baden 1996, 39-52; 77 ff.; Goldschmidt, Werner erörtert in KritJ 1996, 106 ff. u.a. kritisch den Aufbau eines negativen Medien-Bilds durch Presse und partiell unseriöse Demoskopie, auch anhand des Kruzifix-Beschlusses.
[95] S. hierzu die umfangreichen vorläufigen Gesamtbibliographien bei Czermak, Gerhard, Staat und Weltanschauung II (1999; Stand Ende 1997), S. 78-88; weniger umfangreich Nolte, Achim, JöR 48 (2000), 87 ff.
[96] Genannt seien an Befürwortern statt aller Czermak, Gerhard, in: Der Streit um das Kreuz in der Schule, Hrsg. W. Brugger/ St. Huster, Baden-Baden 1998, 13-40; ders. NJW 1995, 3348-3353; Debus, Anne, Das Verfassungsprinzip der Toleranz unter besonderer Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, Frankfurt a.M. u.a. 1999 (S. 187-203); Denninger, Erhard, KritJ 1995, 425, 426-431; Hsu,Yue-dian, Selbstverwirklichungsrecht im pluralistischen Kulturstaat, Berlin 2000, 287-328; Huster, Stefan, in: Brugger, W./ Huster, S. (Hrsg.): Der Streit um das Kreuz in der Schule, 1998, 69-108; Jeand'Heur, Bernd/ Korioth, Stefan, in: dies., Grundzüge des Staatskirchenrechts, Stuttgart u.a. 2000, 84-102; Nolte, Achim, JöR 48 (2000), 87-116; Renck, Ludwig, ZRP 1996, 16-20; Rozek, Jochen, BayVBl 1996, 22-25; Rux, Johannes, Der Staat 1996, 523-550; Schmitt-Kammler, Arnulf, in: Staat, Wirtschaft, Steuern. FS für Karl Heinrich Friauf zum 65. Geb., Heidelberg 1996, 343-360. Zumindest einen Neutralitätsverstoß sehen auch Kritiker der Entscheidung, z. B. Ipsen, Jörn, in: Staatsphilosophie und Rechtspolitik, FS für M. Kriele, München 1997, 301, 317 ff.; Muckel, Stefan, KuR 1996, S. 65, 77 f. = Nr. 110, S. 21, 33 f.; Wilms, Heinrich, in: Staatsphilosophie und Rechtspolitik, FS für M. Kriele, 1997, 341, 346 ff.
[97] Stolleis, Michael, KritV 2000, 376 ff.
[98] s. dort , insb. S. 384 ff.
[99] Huster, Stefan, Neutralität (2002), 127-249 (eine gewissermaßen "abschließende" Untersuchung).
[100] S. zum massiven Verstoß der bay. Schulverwaltung gegen die Bindungswirkung des Beschlusses vom 16. 5. 1995 Czermak, G., Betrifft Justiz 1997, 15, 18; zum Kruzifix-Gesetz vom 23. 12. 1995 bzw. zum Urteil des BayVerfGH vom 1. 8. 1997 Czermak, G., DÖV 1998, 107 ff. und KritJ 1997, 490 ff.; Huster, Stefan, Neutralität (2002), 243 ff.; Jeand'Heur, Bernd/ Korioth, Stefan, in: dies., Grundzüge des Staatskirchenrechts, Stuttgart u.a. 2000, 84, 96 ff. Renck, Ludwig, NJW 1999, 994 ff. Das Urteil BVerwGE 109, 40 = NJW 1999, 3063 wurde trotz seiner großen dogmatischen Schwächen und seines Verstoßes gegen die Bindungswirkung des Beschlusses BVerfGE 93, 1 (diesbezüglich zum Gesetz insb. Detterbeck, Steffen, NJW 1996, 426 ff.) von der Lit. offenbar nicht mehr genügend registriert; die Absicht, das bayerische Gesetz unbedingt soweit wie möglich (mit starker Modifizierung) noch zu halten, ist klar erkennbar.
[101] Das erfolgt oft ohne Aufsehen.
[102] Der Amtschef des bayer. Kultusministeriums hatte das zunächst im Rundschreiben vom 5. 12. 1995 IV / 9 – S 7431 / 1 – 4 / 184 356 unter offenbar bewusst irreführender Zitierung einer Entscheidung des OVG Koblenz vom 28. 10. 1994, ZBR 1995, 212 f. abgestritten. Sogar der Präsident des Verbandes der bayerischen Lehrerinnen und Lehrer (BLLV) sprach zunächst Lehrern die Möglichkeit der Berufung auf Art. 4 GG ab.
[103] BayVGH NVwZ 2002, 1000 mit Bespr. Renck, Ludwig, NVwZ 2002, 955.
[104] KMS Az VI / 2 – S 5402 / 1-8 / 166 333 betreffend "Abmeldung vom Religionsunterricht".
[105] Zu der diffizilen und wenig bekannten Problematik des Art. 137 I BayVerf und Art. 29 II SaarlVerf, wonach beim RU Schüler erst mit 18 Jahren entscheiden können, s. statt aller besonders intensiv Fuchs, Jochen, Zentralblatt für Jugendrecht 1989, 224-232; Umbach, Dieter C., in: Verantwortlichkeit und Freiheit, FS für Willi Geiger z. 80. Geb., Tübingen 1989, 359, 368 ff. (jeweils für 14-Jahres-Regelung des RelErzG); Gegenposition Münch, Christof, BayVBl 1989, 745 ff.
[106] derzeit für ca. 30 000 Schüler unter der traditionellen, aber irreführenden Bezeichnung "Lebenskunde".
[107] Maier, Hans, in seiner "Kurze(n) Geschichte des Schulfachs Ethik", in: Verfassung, Philosophie, Kirche. FS für A. Hollerbach z. 70. Geb., 2001, 737, 738.
[108] Vgl. Renck, Ludwig, BayVBl 2000, 305, 306 zu Bayern. Wegen dortiger zahlr. Einzelheiten s. KMS vom 16. 2. 1983 Nr. II / 2 – 8 / 7878 und vom 9. 10. 1995 Nr. III / 4 – S 4402 / 2 – 8 / 141 117 (Carl-Link-Vorschriftensammlung 14.12 und 14.13).
[109] Renck, Ludwig, BayVBl 1992, 519 mit Klarstellung BayVBl 1994, 432; Czermak, Gerhard, in: Prakt. Theologie 29 (1994), 231 (auch zu schulpraktischen Kuriositäten) und ders., NVwZ 1996, 450 mit Hinw. auf ältere Lit.; Neumann, Johannes, Aufklärung und Kritik 1994, H. 2, 116; Bader, Johann, NVwZ 1998, 256; neuerdings auch Jeand’Heur / Korioth, Grundzüge des Staatskirchenrechts, 2000, S. 215 ff.
[110] VG Hannover, NVwZ 1998, 316.
[111] Heckmann, Dirk, JuS 1999, 228, 233.
[112] S. dazu näher Czermak, Gerhard, DÖV 1999, 725, 726, 729 f.
[113] BVerwGE 107, 75 = NJW 1999, 769; s. hierzu insb. die Bespr. von Bader, Johann, DÖV 1999, 452 (unter Modifizierung seiner bisherigen Ansicht); Czermak, DÖV 1999, 725; Heckmann, Dirk, JuS 1999, 228; Renck, Ludwig, NVwZ 1999, 713 und VBlBW 2001, 138.
[114] BT-Drs 13/ 4073.
[115] BT-Protokoll 13. Wahlperiode, 96. Sitzung, 15. 3. 1996, S. 8539-8565.
[116] BbgGVBl I, 101 ff. vom 12. 4. 1996.
[117] Vgl. aber zu Geschichte, Entwicklung, Ton und Inhalt des LER-Streits statt aller Birthler, Marianne, in: Scheilke, Christoph T./ Schweitzer, Friedrich (Hg.): Religion, Ethik, Schule, Münster u.a. 1998, 71 ff. Insb. der evangel. Kirche wirft Birthler konkret Unterstellungen, Legendenbildung, gezielte Missverständnisse und diffamierende Absicht vor. Der Aufsatz enthält viel Bedenkenswertes.
[118] § 141 des Gesetzes.
[119] BVerfG NVwZ 2002, 980; s. hierzu Renck, Ludwig, ZRP 2002, 316.
[120] BbgSchulG, Fassung vom 10. 7. 2002, GVBl. I Nr.6 vom 11. Juli 2002, S. 55.
[121] vgl. Jochum, Heike: Islam in der staatlichen Schule, in: Haratsch, A./ Janz, N. u.a. (Hrsg.): Religion und Weltanschauung im säkularen Staat, Stuttgart u.a. 2001, 101-125.
[122] s. den Beitrag von Wolfram Höfling.
[123] Hierzu haben das VG Lüneburg, NJW 2001, 767; Böckenförde, Ernst-Wolfgang, NJW 2001, 723 ff., Debus, Anne, NVwZ 2001, 1355 ff. und KritJ 1999, 430 ff.; Rohe, Mathias, Der Islam - Alltagskonflikte und Lösungen. Rechtliche Perspektiven. Freiburg i.Br. 2001, 224 S., 134-149; besonders im Tatsächlichen sehr lehrreich); Rux, Johannes, DVBl 2001, 1542 ff. das Wesentliche gesagt. S. auch Triebel, Matthias, BayVBl 2002, 624 ff.
[124] Statt aller: Debus, Anne, Das Verfassungsprinzip der Toleranz unter besonderer Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundesverfasssungsgerichtes. Frankfurt a.M. u.a 1999, 268 S.; Winkler, Markus, in: Frieden und Recht, Hrsg. I. Erberich/ A. Hörster u.a., Stuttgart u.a. 1998, 53 ff.; Renck, Ludwig, JuS 1989, 451 ff.
[125] Musterbeispiel an Rechtsverdrehung: BayVerfGH NJW 1997, 3157 (SchulkreuzG): hierzu stellt Renck in seiner Analyse, NJW 1999, 994, 998 sogar in Frage, ob das Urteil "überhaupt im gesetzlichen Sinne begründet und ob das rechtliche Gehör gewahrt ist". Das Gericht akzeptiert beim Gleichheitsgrundsatz Differenzierungsgründe wie Tradition, Kulturhoheit, Größe der Religionsgemeinschaft u.a., vgl. Czermak, KritJ 1997, 490, 493.
[126] Holzke, Frank, NVwZ 2002, 903 ff.; hierzu krit. Czermak, Gerhard, NVwZ 2003
[127] Renck, Ludwig, DÖV 2002, 56 ff.
[128] Huster, Stefan, Neutralität (2002), Teil I (Grundlegung), insb. 29 ff. zum derzeitigen Diskussionsstand. Aus der älteren Lit. wichtig: Schlaich, Klaus, in: Gesammelte Aufsätze, 1997 (Jus Eccl 57) 423 ff. (Erstveröff. 1985) und ebenda 448 ff. (= Essener Gespräche 4 [1970], 9 ff.)
[129] Auf Grund einer für "Das Sonntagsblatt" erstellten repräsentativen Umfrage kam Emnid 1997 zum Ergebnis, dass nur noch 17, 3 % der deutschen Bevölkerung an einen persönlichen Gott glauben (nach FOCUS 1999 bzw. Data Concept gar nur 12 %), und selbst in Bayern waren es nur ca. 30 %; vgl. KNA v. 17. 6. 1997.
[130] Hesse, Konrad, ZevKR 11 (1964/ 65), 337.
[131] Das II. Vat. Konzil, LThK, 2. A., Bd. 14, S. 533.