Es sei nicht Aufgabe des Bundesverfassungsgerichts, die im Zusammenhang mit der Sexualerziehung in der Schule aufgeworfenen zahlreichen Zweifelsfragen sowohl pädagogisch-didaktischer, psychologischer, medizinischer, gesellschaftspolitischer als auch ethischer und moralischer Natur zu klären. Es habe sich auf die Beantwortung der aufgeworfenen verfassungsrechtlichen Fragen zu beschränken.
Grundlage jeder vernünftigen Sexualerziehung sei zunächst die Wissensvermittlung. Darauf baue die eigentliche Sexualerziehung auf. "Sexualverhalten ist ein Teil des Allgemeinverhaltens. Daher kann dem Staat nicht verwehrt sein, Sexualerziehung als wichtigen Bestandteil der Gesamterziehung des jungen Menschen zu betrachten. Dazu gehört es auch, die Kinder vor sexuellen Gefahren zu warnen und zu bewahren."
"Der Staat ist verpflichtet, in der Schule die Verantwortung der Eltern für den Gesamtplan der Erziehung ihrer Kinder zu achten und für die Vielfalt der Anschauungen in Erziehungsfragen soweit offen zu sein, als es sich mit einem geordneten staatlichen Schulsystem verträgt."
Das Gericht wiederholt eine Formulierung aus BVerfGE 45, 400 (417 f.; Oberstufen-E): "Das Rechtsstaatsprinzip und das Demokratieprinzip des Grundgesetzes verpflichten den Gesetzgeber, die wesentlichen Entscheidungen im Schulwesen selbst zu treffen und nicht der Schulverwaltung zu überlassen (...). Das gilt insbesondere für die der staatlichen Gestaltung offenliegende Rechtssphäre im Bereich der Grundrechtsausübung ..."
Die streitigen (jetzt aufgehobenen) Bestimmungen seien wegen Verstoßes gegen das Demokratie- und das Rechtsstaatsprinzip des GG nichtig gewesen, soweit sie die Entscheidung über die Einführung einer Sexualerziehung nach den Richtlinien für die Sexualerziehung in den Schulen der Freien und Hansestadt Hamburg vom Jahre 1970 der Schulbehörde überließen. Es geht vielmehr in erster Linie darum, den Erziehungsauftrag der Schule durch eine parlamentarische Leitentscheidung mit hinreichender Bestimmtheit zu umschreiben. Dazu gehöre das Gebot der Zurückhaltung und Toleranz sowie der Offenheit für die vielfachen im sexuellen Bereich möglichen Wertungen und das Verbot der Indoktrinierung der Schüler, ferner die Pflicht, die Eltern zu informieren.
Zum Ausgangsfall betreffend die Zeugungsakte erklärte das Gericht, das Biologielehrbuch enthalte in den beanstandeten Bild- und Textteilen nichts, was über das Maß neutraler Wissensvermittlung hinausgehe. Der Unterrichtsstoff sei somit vom staatlichen Bildungs- und Erziehungsauftrag in vollem Umfang gedeckt.