Wesentliche Gründe ergeben sich aus den oben zusammengefassten Leitsätzen. Aus den exzessiv langen Entscheidungsgründen seien nur einige Punkte und Passagen herausgegriffen.
Allgemeine Aussagen
Entscheidungserheblich sei der Zeitraum der Schwangerschaft, nämlich vom Abschluss der Einnistung des befruchteten Eis in der Gebärmutter (Nidation.
Das Lebensrecht stehe dem Ungeborenen schon aufgrund seiner Existenz zu und hänge nicht von der Annahme der Mutter ab. Dieses elementare Recht gehe von der Würde des Menschen aus und sei unabhängig von bestimmten religiösen oder philosophischen Überzeugungen, über die dem neutralen Staat kein Urteil zustehe.
Einwirkungen auf die Schwangere, die von Dritten, insbesondere aus dem familiären und dem weiteren sozialen Umfeld ausgingen, müssten durch Verhaltensgebote eingedämmt werden, die als Rechtsgebote mit Rechtsfolgen auszugestalten seien. Ein angemessener Schutz müsse wirksam sein, auch in der Frühphase einer Schwangerschaft. Zu seinen Mindestanforderungen gehöre, dass der Abbruch für die ganze Dauer der Schwangerschaft grundsätzlich als Unrecht angesehen werde und demgemäß rechtlich verboten sei (vgl. BVerfGE 39, 1 [44]). Die Bewertung als Unrecht dürfe auch nicht für eine begrenzte Zeit preisgegeben werden.
"Für die Pflicht zum Austragen des Kindes folgt daraus, dass neben der hergebrachten medizinischen Indikation auch die kriminologische und - ihre hinreichend genaue Umgrenzung vorausgesetzt - die embryopathische Indikation als Ausnahmetatbestände vor der Verfassung Bestand haben können; für andere Notlagen gilt dies nur dann, wenn in ihrer Umschreibung die Schwere des hier vorauszusetzenden sozialen oder psychisch-personalen Konflikts deutlich erkennbar wird, so dass - unter dem Gesichtspunkt der Unzumutbarkeit betrachtet - die Kongruenz mit den anderen Indikationsfällen gewahrt bleibt (vgl. auch BVerfGE 39, 1 [50])."
Das Strafrecht dürfe nur als "ultima ratio" des Schutzes eingesetzt werden, wenn ein bestimmtes Verhalten über sein Verbotensein hinaus in besonderer Weise sozialschädlich, für das geordnete Zusammenleben der Menschen unerträglich und seine Verhinderung daher besonders dringlich sei.
Der Staat sei verpflichtet, darauf hinzuwirken, dass eine Schwangerschaft nicht wegen einer bestehenden oder nach der Geburt des Kindes drohenden materiellen Notlage abgebrochen werde. Auch Nachteile, die einer Frau aus der Schwangerschaft für Ausbildung und Beruf erwachsen könnten, seien nach Möglichkeit auszuschließen. Das betreffe das Wohnungswesen, den öffentlichen Dienst und berufs-, insbesondere auch ausbildungsrechtliche Regelungen.
Zum präventiven Lebensschutz müssen laut BVerfG "die Organe des Staates in Bund und Ländern erkennbar für den Schutz des Lebens eintreten. Das betrifft auch und gerade die Lehrpläne der Schulen. Öffentliche Einrichtungen, die Aufklärung in gesundheitlichen Fragen, Familienberatung oder Sexualaufklärung betreiben, haben allgemein den Willen zum Schutz des ungeborenen Lebens zu stärken" Das gelte auch für den privaten Rundfunk.
Der Senat räumt ein, dass "die Erfahrungen mit allen bisherigen strafrechtlichen Regelungen wenig ermutigend sind." Dennoch macht er denkbar breite Ausführungen zum neuen Beratungs-Schutzkonzept. Der Gesetzgeber könne zwar grundsätzlich für die ersten zwölf Wochen von einer Strafe auch bei fehlender Feststellung von Indikationen absehen, wenn eine qualifizierte Beratung mit dem Ziel des Lebensschutzes erfolgt sei und der Abbruch von einem Arzt vorgenommen werde. Das erfordere aber, die Schwangerschaftsabbrüche aus dem Tatbestand des § 218 StGB auszunehmen. Sie dürften nicht für gerechtfertigt (nicht rechtswidrig) erklärt werden. Die Beratungsregelung hat dann zur Folge, dass die Frau, die ihre Schwangerschaft nach Beratung abbricht, eine von der Rechtsordnung nicht erlaubte Handlung vornimmt.
Zur konkreten Bewertung der angefochtenen Gesetzesbestimmungen
Nach § 218 a Abs. 1 StGB n. F. sei ein Abbruch in den ersten zwölf Schwangerschaftswochen nach Beratung gemäß § 219 StGB n. F. auf Verlangen der schwangeren Frau durch einen Arzt "nicht rechtswidrig". Das sei mit Art. 1 Abs. 1 i. V. m. Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG unvereinbar und nichtig. Aus einer Beratung dürfe keine Rechtfertigung folgen. Ein Ausschluss solcher Sachverhalte aus dem gesetzlichen Tatbestand sei aber möglich. Die beschlossene Beratungsregelung wurde für nichtig erklärt. Die Arztpflichten müssten anders geregelt werden.
Drei Richter vertraten zwei andere Meinungen.
Aus dem Votum zweier Richter: Das GG lasse in der Frühphase eine Rechtfertigung von Schwangerschaftsabbrüchen nach Beratung, die von der Strafdrohung ausgenommen sind, zu. Daraus folgt die Verfassungsmäßigkeit des § 218 a Abs. 1 StGB n. F. Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung für Abbrüche nach Beratung aus § 24 b SGB V seien nicht zu verweigern. Der Feststellung eines Dritten, die Fortsetzung der Schwangerschaft sei unzumutbar, bedürfe es nicht. Für eine Äußerung zur Unterhaltspflicht bestehe keine Veranlassung.
"Schon die Strafverfolgungen und Verurteilungen wegen Abtreibung nach §§ 218 ff. StGB bisheriger Fassung tendierten gegen Null."
Ein dritter Richter vertrat nur bezüglich der Krankenversicherung eine andere Ansicht.