EGMR: Ausschluss einfacher Bürgerin vom Gerichtssaal wegen Kopftuch menschenrechtswidrig

In der heutigen Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) in der Rechtssache Lachiri gegen Belgien (Aktenzeichen Nr. 3413/09) wurde (mit einer Mehrheit von sechs zu eins) entschieden, dass es eine Verletzung von Artikel 9 (Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit) der Europäischen Menschenrechtskommission darstellte, Frau Lachiri vom Gerichtssaal auszuschließen, nachdem diese sich weigerte, ihr Kopftuch (Hijab) abzulegen. Das Gericht stellte fest, dass der Ausschluss von Frau Lachiri - einer einfachen Bürgerin, die den Staat nicht vertritt - aus dem Gerichtssaal eine "Einschränkung" der Ausübung ihres Rechts, ihre Religion zu bekennen, war.

Das Gericht stellte auch fest, dass die Beschränkung das legitime Ziel des "Schutzes der öffentlichen Ordnung" verfolgt habe, um ein Verhalten zu verhindern, das gegenüber der Justiz respektlos und/oder störend im Hinblick auf eine ordnungsgemäße Durchführung der Verhandlung war. Das Gericht stellte jedoch fest, dass das Verhalten von Frau Lachiri beim Betreten des Gerichtssaals nicht respektlos war und keine Gefahr für den ordnungsgemäßen Ablauf der Verhandlung darstellte. Der Gerichtshof stellt daher fest, dass keine rechtfertigende Notwendigkeit für den Grundrechtseingriff vorlag und dass dieser Grundrechtseingriff in einer demokratischen Gesellschaft nicht gerechtfertigt war.

Beschluss vom 18. September 2018, Aktenzeichen:  3413/09