Bayerischer Kreuzerlass – Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts
Das Bundesverwaltungsgericht hat in seinem heutigen Urteil (Pressemitteilung des Gerichts) die Revisionen des bfg Bayern und bfg München zurückgewiesen (BVerwG 10 C 3.22 und BVerwG 10 C 5.22). Die Einzelheiten des Rechtsfalls können hier nachgelesen werden.
Ein Grundrechtsverletzung sah der Senat nicht, erkannte aber an, dass die angebrachten Kreuze für den objektiven Betrachter ein zentrales Symbol des christlichen Glaubens darstellen.
Der Grundsatz der weltanschaulich-religiösen Neutralität sei aber nicht verletzt, da - und an diese Feststellungen sah sich der Senat gebunden - der Bayerische Verwaltungsgerichtshof im Anbringen der Kreuze keinen "Werbeeffekt" für christliche Glaubensgemeinschaften feststellte.
In der Pressemitteilung des BVerwG heißt es ferner:
"Aus dem Grundsatz religiös-weltanschaulicher Neutralität ergibt sich nichts Weiteres zugunsten der Kläger. Er verlangt vom Staat keinen vollständigen Verzicht auf religiöse Bezüge im Sinne einer strengen Laizität, sondern verpflichtet ihn zur Offenheit gegenüber der Vielfalt weltanschaulich-religiöser Überzeugungen und verbietet ihm die Identifikation mit einem bestimmten Glauben. Nach dem Kontext und Zweck der Verwendung des Kreuzessymbols identifiziert sich der Freistaat Bayern durch die Aufhängung von Kreuzen nicht mit christlichen Glaubenssätzen. Schon nach dem Wortlaut der im Gesetz- und Verordnungsblatt veröffentlichten Regelung des § 28 AGO soll das Kreuz vielmehr Ausdruck der geschichtlichen und kulturellen Prägung Bayerns sein. Seine Anbringung im Eingangsbereich von Behörden steht der Offenheit des Staates gegenüber anderen Bekenntnissen und Weltanschauungen nicht im Weg."
Damit hat der Senat letztlich die Regierungsargumentation übernommen und es stellt sich die Frage, wie er diese Deutung mit der Feststellung, dass es sich bei dem Kreuz um ein zentrales Symbol des christlichen Glaubens handelt, in Einklang bringt.
Dem Urteil ging eine interessante mündliche Verhandlung voraus, in der es vor allem auch um die – nunmehr verneinte – Frage nach der Subjektivierung des Neutralitätsgebots ging.
Da der bfg München bereits nach der Entscheidung des Bayrischen Verwaltungsgerichtshofs mitteilte, die Klage bis zum Bundesverfassungsgericht fortzuführen, ist davon auszugehen, dass zu der Frage das letzte richterliche Wort noch nicht gesprochen wurde.