Seit der Wende 1990 wurde in Brandenburg mit großem wissenschaftlichem Aufwand das z. T. neuartige staatliche Schulfach "Lebensgestaltung – Ethik – Religionskunde" (LER) entwickelt. Daran waren seit Beginn auch z. T. bekannte christliche Persönlichkeiten beteiligt, die Kirchen waren in die Diskussion eingebunden. Es ging stets um einen religiös-weltanschaulich neutralen Unterricht ähnlich dem Ethikunterricht, und zwar in Form eines integrativen Pflichtunterrichts für alle Schüler. Die Einführung eines solchen Unterrichts wurde von konservativen Kreisen von Anfang an erbittert bekämpft, mit z. T. kulturkampfartigen Auswüchsen und auch bösartigen inhaltlichen Verdrehungen. Das kam auch bundesweit in Tausenden von Zeitungsartikeln usw. zum Ausdruck. Auf massiven Druck der Kirchen mit Unterstützung des kirchlich orientierten Ministerpräsidenten Stolpe knickte der Landtag ein und ergänzte den Gesetzesentwurf durch eine Befreiungsklausel zugunsten der Teilnehmer am nichtstaatlichen (!) Religionsunterricht. Das bedeutete eine erhebliche Aufweichung, ja Denaturierung des Konzepts. Dennoch und trotz fehlender Bundeskompetenz kam es 1996 sogar zu einem Bundestagsbeschluss mit der Aufforderung an den brandenburgischen Landtag, den Gesetzentwurf zu LER abzulehnen bzw. staatlichen Religionsunterricht einzuführen.
Nach umfangreicher schulpraktischer Erprobung wurde das Gesetz entsprechend dem geänderten Entwurf 1996 beschlossen. Der Unterricht war sehr detailliert und klar als religiös-weltanschaulich neutrales Fach definiert, das der Vermittlung von Grundlagen für eine wertorientierte Lebensgestaltung, von Wissen über Traditionen philosophischer Ethik und Grundsätzen ethischer Urteilsbildung sowie über Religionen und Weltanschauungen dienen sollte. Das entsprach weitgehend dem Konzept des Ethikunterrichts (EU), wie er in den meisten anderen Bundesländern als Ersatzunterricht oder Alternativunterricht eingeführt worden war. Das BVerwG vertrat in seinem Ethikunterrichts-Urteil vom 17. 6. 1998, BVerwGE 107, 75 nicht nur die Auffassung, ein derartiger Unterricht sei inhaltlich zulässig, sondern erklärte auch, wenn die Nichtteilnahme am staatlichen Religionsunterricht Voraussetzung des EU sei, müsse er inhaltlich und organisatorisch dem RU gleichwertig sein. Ein solcher EU könne auch als allgemeines Pflichtfach (d.h. ohne Befreiungsmöglichkeit) ausgestaltet werden.
Bei dieser Vorgeschichte erstaunt, dass Kirchen und kirchliche Kreise gegen die Neuregelung Verfassungsbeschwerden erhoben und ein großer Teil der Bundestagsabgeordneten (!) einen Normenkontrollantrag stellten.
Die vom BVerfG zu entscheidenden Fragen waren nicht nur brisant, sondern auch juristisch schwierig, denn es ging auch um die äußerst umstrittene und im juristischen Detail schwer nachvollziehbare Problematik der Anwendbarkeit des Art. 141 GG (Bremer Klausel) auf die neuen Bundesländer (ausgenommen Berlin, wo das nicht in Frage stand). Rechtspolitisch ging es darum, den seit DDR-Zeiten innerkirchlichen RU in einen staatlichen Unterricht zu verwandeln, der aber nicht gemäß Art. 7 II, III GG nur ein zusätzliches religionsfreundliches Angebot sein, sondern an die Stelle des staatlichen LER treten sollte. So ließ sich ein zusätzlicher Unterricht für religiöse Schüler vermeiden.