Das BVerfG kam zum Ergebnis, die angefochtenen Entscheidungen hätten Art. 4 I GG verkannt. Es sprach gleichermaßen von "Glaubens- und Bekenntnisfreiheit" und von "Glaubensfreiheit". Größten verfassungsrechtlichen Einfluss übte folgende Passage aus:
"In einem Staat, in dem die menschliche Würde oberster Wert ist, und in dem der freien Selbstbestimmung des Einzelnen zugleich ein gemeinschaftsbildender Wert zuerkannt wird, gewährt die Glaubensfreiheit dem Einzelnen einen von staatlichen Eingriffen freien Rechtsraum, in dem er sich die Lebensform zu geben vermag, die seiner Überzeugung entspricht. Insofern ist die Glaubensfreiheit mehr als religiöse Toleranz, d. h. bloße Duldung religiöser Bekenntnisse oder irreligiöser Überzeugungen (BVerfGE 12, 1 [3]). Sie umfasst daher nicht nur die (innere) Freiheit zu glauben oder nicht zu glauben, sondern auch die äußere Freiheit, den Glauben zu manifestieren, zu bekennen und zu verbreiten (vgl. BVerfGE 24, 236 [245]). Dazu gehört auch das Recht des Einzelnen, sein gesamtes Verhalten an den Lehren seines Glaubens auszurichten und seiner inneren Glaubensüberzeugung gemäß zu handeln. Dabei sind nicht nur Überzeugungen, die auf imperativen Glaubenssätzen beruhen, durch die Glaubensfreiheit geschützt. Vielmehr umspannt sie auch religiöse Überzeugungen, die für eine konkrete Lebenssituation eine ausschließlich religiöse Reaktion zwar nicht zwingend fordern, diese Reaktion aber für das beste und adäquate Mittel halten, um die Lebenslage nach der Glaubenshaltung zu bewältigen. Andernfalls würde das Grundrecht der Glaubensfreiheit sich nicht voll entfalten können" (a. a. O. S. 106 f.).
Für das Strafrecht bedeute die Ausstrahlungswirkung des Art. 4 I: Man müsse fragen, ob unter den besonderen Fallumständen eine Bestrafung noch einen Sinn hätte. Auch bei einem Verstoß gegen die allgemein in der Gesellschaft herrschenden Wertvorstellungen dürfe man nicht stets mit den Mitteln des Strafrechts vorgehen. Die öffentliche Gewalt habe die Pflicht, "die ernste Glaubensüberzeugung in weitesten Grenzen zu respektieren". Bei "seelischer Bedrängnis" sei eine Kriminalstrafe eine die "Menschenwürdige verletzende soziale Reaktion". So sei es im Streitfall. Wenn Ehepartner eine bestimmte religiöse Überzeugung teilen, könne man nicht verlangen, dass bei einem Konflikt mit dem Gesetz ein Partner den anderen von einer glaubensorientierten Entscheidung abbringt.
Im Folgenden spricht das Gericht von Art. 4 I GG als "Glaubens-, Gewissens- und Bekenntnisfreiheit", die nur äußersten Grenzziehungen zugänglich sei, die aber nur von der Verfassung selbst bestimmt werden. Die Begründung fährt dann fort:
"Da die Glaubensfreiheit keinen Vorbehalt für den einfachen Gesetzgeber enthält, darf sie weder durch die allgemeine Rechtsordnung noch durch eine unbestimmte Klausel relativiert werden, welche ohne verfassungsrechtlichen Ansatzpunkt und ohne ausreichende rechtsstaatliche Sicherung eine Gefährdung der für den Bestand der staatlichen Gemeinschaft notwendigen Güter genügen lässt. Vielmehr ist ein im Rahmen der Garantie der Glaubensfreiheit zu berücksichtigender Konflikt nach Maßgabe der grundgesetzlichen Wertordnung und unter Berücksichtigung der Einheit dieses grundlegenden Wertsystems zu lösen" (a. a. O. 107 f.)."