Rechtsfälle

Schlagwort Rechtsfälle

Religionskritik im Lebenskundlichen Unterricht unerwünscht: Der Fall des Herrn K

wegen: Verhängung einer erzieherischen Maßnahme in der Bundeswehr. 

Thema des Lebenskundlichen Unterrichts ist die Frage: "Ist der Islam mit der Moderne vereinbar?". Herr K. meldet sich mehrfach und erhält durch die Militärpfarrerin auch wiederholt das Wort. Bei diesen Wortmeldungen vertritt er naturgemäß jeweils seine Meinung und äußert sich kritisch sowohl über den Islam als auch über das Christentum und  hinterfragt deren Glaubenskonzepte mit ethischen Argumenten. Seine Religionskritik basierte auf den Schriften von Hamed Abdel-Samad und Karl-Heinz Deschner. 

Daraufhin wird ihm vorgeworfen, er habe den Ablauf des Lebenskundlichen Unterrichts gestört. Die Störung sei dadurch erfolgt, dass er sich ständig zu Wort gemeldet habe. Des Weiteren wird ausgeführt, dass die unterrichtende Militärpfarrerin und nicht weiter benannte Kameraden dies als Störung des Unterrichts und als Provokation angesehen hätten bzw. dies als Störung und Provokation "empfanden". Es sollen außerdem "religiöse Gefühle von Kameraden verletzt" worden sein.

Gegen Herrn K. wird eine erzieherische Maßnahme verhängt.

Weiterlesen

Debattenkultur und Meinungsfreiheit auf dem Campus: Benachteiligung der humanistischen Hochschulgruppe in Mainz

wegen: Diskriminierung der HSG durch den AStA.

Die Hochschulgruppe "Denkfabrik für Humanismus und Aufklärung" organisiert Veranstaltungen zu Gesellschaftspolitik, Wissenschaft, Menschenrechten und Religionskritik sowie regelmäßige Diskussionsrunden an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz. Anfang 2017 beginnt der Allgemeine Studierendenausschuss (AStA), ein Organ der studentischen Selbstverwaltung, die politische Teilnahme der humanistischen Hochschulgruppe (HSG) auf dem Campus zu beschränken und entzieht der HSG schließlich sogar die Registrierung als Hochschulgruppe. Die Benachteiligung begründet der AStA primär mit der Verbundenheit der Hochschulgruppe zur Giordano-Bruno-Stiftung und der Verleihung ihres Ethikpreises an Peter Singer im Jahr 2011. Zudem macht der AStA der HSG zum Vorwurf, eine Veranstaltung mit Hamed Abdel-Samad zu dessen Buch "Integration – ein Protokoll des Scheiterns" auf dem Campus ausgerichtet zu haben. Die HSG reicht daraufhin vor dem Verwaltungsgericht Mainz Klage gegen die diskriminierenden Maßnahmen des AStA ein.

Weiterlesen

Warum eine Muslima Kirchensteuer zahlt: Der Fall Herr und Frau X gegen das Evang.-Luth. Kirchensteueramt

wegen: Erhebung des besonderen Kirchgeldes bei Doppelverdienern.

Herr X verfügt als Kirchenmitglied über ein eigenes Einkommen, welches weit über dem Durchschnittseinkommen liegt. Eigentlich müsste er deshalb nur die Kircheneinkommensteuer zahlen. Dennoch wird auch das besondere Kirchgeld bei ihm berechnet. Die Kirche nimmt eine Vergleichsberechnung vor und der höhere Betrag wird festgesetzt. Das besondere Kirchgeld ist in der Regel dann höher als die Kircheneinkommensteuer, wenn das Einkommen des nichtkirchlichen Ehepartners höher ist als das 1,5 fache des Einkommens des kirchlichen Ehepartners. Damit wird hier das Einkommen der muslimischen Ehefrau, Frau X, welche kein Kirchenmitglied ist, als erfolgreiche Unternehmerin aber deutlich mehr verdient als ihr Ehemann, entscheidend für die Kirchensteuer. 

Weiterlesen

Informationsfreiheit: Der Fall Seyran Ateş / Bundesrechnungshof

wegen: Verletzung der Presse- und Informationsfreiheit.

Mit E-Mail vom 03.02.2021 beantragt die ifw-Beirätin Seyran Ateş Zugang zu den Prüfergebnissen des Bundesrechnungshofs zur Förderung von Islamic Relief Deutschland e.V. und Islamic Relief Worldwide aus den Mitteln des Auswärtigen Amtes. Mit Bescheid vom 09.02.2021 lehnt der Bundesrechnungshof die Herausgabe ab. Der daraufhin am 07.03.2021 eingereichte Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 30.04.2021 zurückgewiesen. Am 19.05.2021 reicht Ateş beim Verwaltungsgericht Köln Klage ein.

Weiterlesen

Versammlungsfreiheit: Der Fall "Nackter Luther" / Polizeiinspektion Dessau-Roßlau

wegen: Verletzung der Versammlungsfreiheit.

Das Verwaltungsgericht Halle hat entschieden: Die polizeiliche Verweigerung des Zugangs und des Aufenthalts in dem für Zuschauer vorgesehenen Sicherheitsbereich in der Straße Schlossplatz in Lutherstadt Wittenberg am 500. Reformationstag am 31. Oktober 2017 gegenüber dem Kläger als Versammlungsleiter für seine Versammlung mit der Figur "Der nackte Luther" war rechtswidrig und verletzte diesen in seinen Rechten aus Art. 8 Abs. 1 GG (Az. 3 A 374/18 HAL).

Weiterlesen

Meinungsfreiheit: Der Fall Amed Sherwan / Facebook Ireland Ltd.

wegen: Verletzung von Art. 5 GG.

Der religionskritische Aktivist und Blogger Amed Sherwan postet am 17. Dezember 2020 eine Fotomontage auf Facebook und Instagram. Sie stellt einen Kuss mit dem ägyptischen Atheisten Mohamed Hisham vor der Kaaba dar, die von gläubigen Muslimen als eines der zentralen Heiligtümer des Islam angesehen wird. Wie Amed Sherwan erklärt, handele es sich bei dem Bild um ein Zeichen der Solidarität mit LGBTIQ*-Personen in muslimischen Communitys. Kurze Zeit nach Veröffentlichung der Fotomontage wurden Sherwans Accounts bei Facebook und Instagram gesperrt.

Weiterlesen

Für Selbstbestimmung am Lebensende: Verfassungsbeschwerden gegen § 217 StGB

wegen: Verfassungswidrigkeit des § 217 StGB.

Seit Ende 2015 war mit § 217 des Strafgesetzbuchs jede "geschäftsmäßige" Förderung der Selbsttötung unter Strafe gestellt. Damit wurde v.a. schwer erkrankten Personen mit dem Wunsch, ihr Leben selbstbestimmt und würdevoll zu beenden, die für viele einzige realistische Möglichkeit genommen, das unter professioneller Beratung und Nutzung medizinischer Methoden zu tun.

§ 217 StGB, so entscheidet das BVerfG im Februar 2020, ist verfassungswidrig (Az.: 2 BvR 2347/15).

Am 06.07.2023 stimmen die Bundestagsabgeordneten über zwei Gesetzesentwürfe ab. Keines erhält die Mehrheit; die Selbstbestimmung am Lebensende bleibt bestehen.

Weiterlesen

Untergang der Kirchensteuerpflichtigkeit mit dem Untergang der DDR? Der Fall Frau X gegen die Evangelische Kirche Berlin-Brandenburg

wegen: Kirchensteuerabzug bei einer ehem. DDR-Bürgerin.

Die Eltern von Frau X taufen sie kurz nach Ihrer Geburt in der Evangelischen Kirchengemeinde in X. Knapp drei Jahre später tritt zunächst der Vater und dann auch die Mutter offiziell aus der Kirche aus. Von ihrer Geburt im Jahr 1953 bis zum Jahr 2012 hat sie in ihrer gesamten Lebensführung keinerlei Kenntnis von einer Mitgliedschaft in einer Kirche und keinerlei Beziehungen zur Kirche. Auch ausweislich ihrer Steuererklärung gilt sie offiziell bis zum Jahr 2011 als konfessionslos. Aus ihr unerfindlichen Gründen übersendet die Kirchensteuerstelle beim Finanzamt Prenzlauer Berg ihr plötzlich im Jahr 2011 einen Fragebogen zur Feststellung der Zugehörigkeit zu einer öffentlich-rechtlichen Religionsgemeinschaft.

Weiterlesen

Klage auf Entschädigung nach OEG wegen Missbrauch in katholischem Heim

wegen: Klage auf Entschädigung nach dem Opferentschädigungsgesetz (OEG) aufgrund sexuellem Missbrauch durch katholische Geistliche.

Die Klägerin stellt einen Antrag auf Entschädigung nach dem Opferentschädigungsgesetz beim Versorgungsamt des Landes Brandenburg aufgrund langjährigen sexuellen Missbrauchs durch zwei Priester in einem katholischen Kinderheim. Der Antrag wird unter Berufung auf ein psychologisches Glaubwürdigkeitsgutachten abgelehnt, welches der Klägerin mangelnde Glaubwürdigkeit attestiert, da deren Schilderungen nicht auf Tatsachen sondern Suggestion beruhen würden. Das Gutachten wird dabei rein nach Aktenlage und ohne ein persönliches Gespräch zwischen Gutachter und Klägerin erstellt. Aufgrund des ablehnenden Bescheids wird eine Klage nach dem Opferentschädigungsgesetz erhoben. Das ifw unterstützt die Klage, da ein Gutachten rein nach Aktenlage, basierend auf einem in der Psychologie insbesondere für Traumaopfer höchst umstrittenen aussagenpsychologischen Ansatz, nicht den Ausschlag dafür geben darf, ob ein Opfer Entschädigung nach dem OEG bekommt.

Weiterlesen

Warum ein konfessionsfreier Franzose in Deutschland Kirchensteuer zahlt: Der Fall Herr B gegen das Erzbistum Berlin

wegen: Kirchensteuerabzug nach Zuzug aus Frankreich. 

Herr B. ist römisch-katholisch getauft, hat aber seit jeher eine atheistische Überzeugung und trägt diese auch nach außen. Zur katholischen Kirche hatte er weder in Frankreich noch in Deutschland je einen Bezug. Im laizistischen Frankreich gibt es seit dem Jahr 1789 keine Kirchensteuer mehr. Ein offizieller Austritt aus der katholischen Kirche ist nicht möglich.

Weiterlesen